Politik bei Krisenbewältigung auf schmalem Grat unterwegs
Zuletzt hieß es häufig, hinsichtlich des Vorgehens der Politik in der Corona-Krise kippe die Stimmung im Land, die Unzufriedenheit nehme zu und damit wachse auch die Ablehnung des Staates. Sogar von Demokratieverdrossenheit war die Rede. Doch jetzt zeigt sich: Dem ist nicht so. Die Aufmerksamkeit, die den Corona-Demos und den kruden Thesen nicht aller, aber vieler Teilnehmer geschenkt wurde, spiegelt nicht wider, was tatsächlich im Land vorgeht. In Sicherheit wiegen kann das die Politik aber nicht.
Das Vertrauen in den Staat ist gestiegen, wie die jetzt veröffentlichte Bürgerbefragung des Beamtenbundes zeigt. Und das aktuelle Politbarometer belegt, dass nur elf Prozent der Deutschen die Schutzmaßnahmen für übertrieben halten. Rund 80 Prozent lehnen überdies die Corona-Proteste ab. Die allermeisten Bürger schätzen offenbar, dass die Politik auf dem Höhepunkt der Krise die Bazooka herausgeholt hat, um die Wirtschaft zu stabilisieren; wie versucht wurde, die Ansteckungszahlen gering zu halten, um Leben zu retten. Trotz einiger kräftezehrender Nebenwirkungen, Stichwort Home Office, geschlossene Schulen und Kitas. Der Blick in andere Länder wie den USA, Großbritannien oder Brasilien mit einem unkontrollierten Infektionsgeschehen zeigt zudem: Der deutsche Weg ist bisher nicht der schlechteste gewesen. Ob auch jede Maßnahme am Ende sinnig war und welche Fehler gemacht wurden, lässt sich erst beurteilen, wenn Corona besiegt ist. Spätestens dann wird sich auch das ganze Ausmaß der Krisenfolgen zeigen. Dass es Fehler gab, steht außer Zweifel.
Damit das auch klar ist: Wer gegen die Regierung demonstrieren will, der soll das tun. Dazu hat jeder das Recht. Wer Maßnahmen ablehnt, darf das. Und wer sich um seine Existenz sorgt und mehr Hilfen vom Staat erwartet, kann diese ebenfalls einfordern. Die Politik weiß ja selbst, auf welch schmalem Grat sie bei der Krisenbekämpfung wandert. Die Stimmung kann sich insgesamt schnell drehen, wenn nicht mehr nachvollziehbar ist, weshalb welche Schutzmaßnahmen erlassen werden. Oder wenn es ökonomisch doch noch rapide bergab gehen sollte. Deshalb sind die jüngsten Erhebungen auch nur Momentaufnahmen. Sie ersparen der Politik nicht, eigenes Handeln zu hinterfragen und zu erklären. Bei Letzterem kann man der Bundesregierung wohl keinen Vorwurf machen.
Die Erhebungen zeigen zudem: Die Bürger wollen einen starken Staat, der handlungsfähig ist speziell in Krisenzeiten, einen, der sich nicht aus allen Bereichen herausgezogen hat, um die Dinge dem Markt oder sonst wem zu überlassen. Außerdem gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dieses Prinzip hat bisher auch in der Corona-Pandemie funktioniert. Zahlreiche Entscheidungen sind von den Gerichten überprüft und zum Teil für nichtig erklärt worden, erinnert sei nur an den Lockdown in Gütersloh nach dem Virus-Ausbruch in einem Fleischkonzern. Die Politik bleibt somit in Krisenzeiten nicht unkontrolliert – jedenfalls in einer Demokratie nicht. Auch darauf kann man vertrauen.