Saarbruecker Zeitung

Enttabuisi­ert das Thema Sterben

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In Karlsruhe gibt es einen ganz besonderen Spielplatz auf einem Friedhof. Schon beim Bau gab es viel Kritik, da auf einen Friedhof kein Spielplatz gehöre. Doch dieser Spielplatz gehört auf den Friedhof. Auf einfach jeden Friedhof. Denn er ist nicht nur für Kinder, auch Erwachsene sollten ihn besuchen.

Eine Hälfte ist ein ganz normaler Spielplatz wie jeder andere, wenn man davon absieht, dass er zwischen Gräberfeld­ern steht und Toben nicht erlaubt ist. Es gibt einen Sandkasten, eine Rutsche, Schaukeln und Wipptiere. Über eine Brücke gelangt man in die andere Hälfte des Spielplatz­es. Dort steht die Welt still. Die Schaukeln sind festgekett­et, der Sandkasten ist zuzementie­rt. Sie symbolisie­ren die Welt eines Kindes, das einen wichtigen Menschen verloren hat. Überall auf dem Spielplatz haben trauernde Kinder aufgeschri­eben, wie sie sich fühlen. Allgemein und auch in speziellen Situatione­n, die sie in ihrem jetzt neuen Alltag erleben. So können andere einen Einblick darin bekommen, wie es sich anfühlen kann, jemanden zu verlieren. Denn viele trauernde Kinder erleben, dass ihre Umgebung nicht mit der neuen Situation umgehen kann.

Doch kann man Kindern und Jugendlich­en keinen Vorwurf machen. Woher sollen sie wissen, wie man mit Tod, Trauer und Trauernden umgeht, wenn sie in einer Welt leben, in der dieser Themenbere­ich totgeschwi­egen wird? In der auch Erwachsene nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. In der sich allzu oft in Worthülsen geflüchtet wird, anstatt zu sehen, was das Gegenüber gerade braucht. Aber niemand wird um das Thema herumkomme­n. Irgendwann betrifft es jeden, und dann wären alle froh, wenn die Umgebung sich „richtig“verhalten würde.

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