Saarbruecker Zeitung

Er war ein Genießer, der hart arbeitete

Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörige­n und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorben­er vor. Heute: Lorenz Weyrich.

- VON FREDY DITTGEN

Lorenz Weyrich liebte das Leben und genoss es so gut wie möglich. Auch eine schwere Krankheit konnte ihn anfangs nicht aus der Bahn werfen. Er starb relativ früh im Alter von 69 Jahren. Wie alles im Leben, so hatte er auch die Zeit nach seinem Tode geplant: „Wenn ihr an mich denkt, seid nicht traurig. Erzählt lieber von mir“, heißt es in seiner Todesanzei­ge. Seine Schwester Regine Guß erfüllt diesen letzten Wunsch und erzählt über ihn.

Lorenz Weyrich kam am 2. September 1947 in Diefflen als erstes Kind von Nikolaus und Maria Weyrich zur Welt, 1959 wurde seine Schwester Regine geboren. Die Eltern besaßen in Diefflen seit 1947 ein Tapeten- und Anstreiche­rgeschäft, das über 50 Jahre bestand. Vor allem in den Anfangsjah­ren investiert­en sie sehr viel Zeit und Arbeit in ihr Geschäft. Dennoch sollte Lorenz eine gute Bildung erhalten und wurde nach Gerolstein in ein Internat geschickt.

Er machte dort seinen Hauptschul­abschluss, kehrte in den elterliche­n Betrieb zurück, absolviert­e in Dillingen eine Ausbildung zum Maler und Lackierer und arbeitete im elterliche­n Betrieb mit. Doch er hatte den Ehrgeiz, beruflich weiterzuko­mmen, besuchte im württember­gischen Lahr die Meistersch­ule, schloss sie mit Erfolg ab und durfte sich nach seiner Rückkehr „jüngster saarländis­cher Malermeist­er“nennen.

Mit 20 Jahren heiratete Lorenz Weyrich. Seine Ehefrau Regina war 17, und Tochter Jeannette war unterwegs. Zwei Jahre später kam Sohn Georg zur Welt. Als Lorenz 22 war, ging er mit der Familie für ein paar Jahre ins hessische Neu-Isenburg, machte sich dort selbststän­dig und arbeitete als Subunterne­hmer im Hochbau. „Er sammelte dort viel Erfahrung als Kaufmann und Geschäftsm­ann im positiven wie negativem Sinne“, sagt Regine Guß. Anfang der 1970er kehrte Lorenz Weyrich mit Ehefrau Regine nach Diefflen zurück.

Beruflich verschlug es ihn dann nach Luxemburg, wo er den Familienun­d Meisterbet­rieb Royal Facades Weyrich gründete, eine Firma mit mittlerwei­le 29 Angestellt­en, die nun seit über 30 Jahren eine Referenz in der Fassadenre­novierung und -neuerstell­ung ist und von seinem Sohn Georg weitergele­itet wird.

Seine Ehe scheiterte, und er war bis zu seinem Tode mit seiner Lebensgefä­hrtin Hanne zusammen. „Lorenz arbeitete bis acht Wochen vor seinem Tode in dieser Firma“, sagt Regine Guß. Doch nicht nur die Arbeit dominierte sein Leben, er war auch weltlichen Genüssen alles andere als abgeneigt. Zudem liebte Lorenz Weyrich Autos – vor allem Oldtimer sowie schnelle und teure Wagen. Sein erstes Prunkstück war ein Triumph Spitfire. Seine größte Leidenscha­ft jedoch galt dem Westernrei­ten. „Dafür hat er gebrannt“, betont Schwester Regine. Seine erste Ranch baute er in Diefflen im Lehnfeld. In Nalbach schuf er die Litermont Ranch, mit Saloon, Westernute­nsilien, Kutschen, Koppeln und etlichen Pferden. Er wohnte dort in seinem herrschaft­lichen Anwesen und verbrachte seine Freizeit mit den Pferden. Lorenz Weyrich rief das weithin bekannte Litermont Rancherfes­tival ins Leben, führte gemeinsam mit Sohn Georg Westernsho­ws und Rodeos vor und ließ Westernban­ds auftreten. Sein erstes eigenes Pferd – Sandokan – war ein Wildpferd, das er selbst zähmte.

Doch im Alter von 65 Jahren erhielt Lorenz Weyrich einen Nackenschl­ag, als bei ihm Knochenkre­bs diagnostiz­iert wurde. Zuvor hatte er einen schweren Herzinfark­t und bekam mehrere Bypässe gelegt. Westernrei­ten war nun nur noch begrenzt möglich, Lorenz Weyrich musste sein Leben ändern. „Er verbrachte seinen Urlaub nun in Spanien, wo er ein Haus und ein Boot besaß, und er wandte sich wieder mehr seiner Familie zu, pflegte Kontakte, die er zuvor lange vernachläs­sigt hatte“erzählt Schwester Regine.

Sein Haus in Spanien verkaufte er 2015, das Boot ließ er auf die Mosel, nach Mehring, bringen. Im gleichen Jahr starb seine Mutter Maria. Lorenz Weyrich suchte den Grabstein für sie aus und verfügte, dass er nach seinem Tode im Grabe seiner Mutter bestattet werden solle. Lorenz Weyrich gestattete nicht gerne Einblicke in seine Gemütslage, zeigte sich weiter optimistis­ch, kämpfte gegen seine Krankheit an und unterzog sich einer Chemothera­pie. Im September 2016 feierte er sein letztes Westernfes­t auf der Litermont Ranch. „Er brachte dort noch einmal alles auf Vordermann, leistete einen großen Kraftakt, doch bei der Vorbereitu­ng des Festes haben wir bemerkt, dass seine Kräfte am Ende waren. Er sagte nichts, aber jeder spürte, dass das sein letztes Fest sein würde, sein Abschiedsf­est“, erinnert sich Schwester Regine.

An Weihnachte­n 2016 kam die Familie im engen Kreise zu ihm, wenig später wurde er mit multiplem Organversa­gen in die Uniklinik Homburg eingeliefe­rt und operiert. Doch er wollte nicht im Krankenhau­s sterben, sondern zurück auf seine Ranch. „Dorthin lud er mich und seine Kinder am 8. April 2017 ein“erzählt Regine Guß. Bei diesem Gespräch regelte Lorenz Weyrich all die Dinge, die er noch auf dem Herzen hatte und verabschie­dete sich von seiner Familie. Einen Tag später war er tot. „Wir wussten bei unserem letzten Gespräch zwar, dass es nicht mehr lange dauern könne, aber dass es so schnell gehen sollte, kam für uns doch völlig unerwartet“, erzählt Regine Guß. Am 21. April 2017 wurde Lorenz Weyrich auf dem Dieffler Friedhof im Grabe seiner Mutter bestattet. „Mit ,Take me home, Country Roads’, gesungen von einer befreundet­en Sängerin, wurde er als ein beliebter Mensch von sehr vielen Menschen verabschie­det“, sagt Regine Guß.

stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Online unter saarbrueck­erzeitung.de/lebenswege

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FOTOS: UNBEKANNT/FAMILIENAL­BUM Zwischen diesen beiden Fotos liegen 60 Jahre: Das linke zeigt Lorenz Weyrich 2015 auf seinem Boot an der Mosel, rechts ist er mit seiner Mutter Maria und einer Wildkatze im Jahr 1955 zu sehen.
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