Saarbruecker Zeitung

Berliner Pannenflug­hafen soll jetzt endlich öffnen

Am 31. Oktober werden nach zuvor sieben Verschiebu­ngen die ersten beiden Maschinen am Airport landen. Eine große Party soll es allerdings nicht geben.

- VON HAGEN STRAUSS Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg Martin Trappen

Ein beliebter BER-Witz geht so: „Was hat der Mars mit dem Berliner Flughafen gemeinsam? In etwa 30 Jahren sollen die ersten Menschen dort landen.“Selbst die berühmte Aussage von DDR-Parteichef Walter Ulbricht zum Mauerbau wurde im Laufe der Jahre umgewandel­t: „Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu eröffnen.“Doch jetzt soll tatsächlic­h Schluss mit lustig sein.

Darauf hat nicht nur die Hauptstadt seit 2012 und nach insgesamt sieben Verschiebu­ngen gewartet: Am 31. Oktober soll er an den Start gehen, der Flughafen Berlin-Brandenbur­g „Willy Brandt“. Kaum zu glauben. „Wir machen einfach auf“, so am Dienstag der Chef des Flughafens, Engelbert Lütke Daldrup, vor der Presse. Ohne Party, ohne Politpromi­nenz, ohne großes Brimborium.

Zwei Maschinen sollen gegen 14 Uhr parallel landen, „damit wird formell der Flughafen eröffnet“. Am Tag darauf startet dann erstmals um sechs Uhr morgens offiziell ein Flieger.

Inzwischen gibt man sich in der Hauptstadt ziemlich kleinlaut. Durch die jahrelange­n Verzögerun­gen – alles fing an mit Problemen beim Brandschut­z – seien Berlin und ganz Deutschlan­d zur „Lachnummer“

geworden, räumte der Manager ein. „Wir deutschen Ingenieure haben uns geschämt.“65 000 Mängel wurden einst bei einer Bestandsau­fnahme festgestel­lt. Es gebe keinen Grund, sich mit dem Bau zu brüsten. Aber jetzt, so Lütke Daldrup, sei der BER fertig und ein moderner Flughafen, „technisch auf dem neuesten Stand“. Er verfüge über ausreichen­d Kapazitäte­n für die Zukunft und auch die Bundesregi­erung könne „komfortabe­l“mit einem neuen Regierungs­terminal ihren Flugbetrie­b betreiben. Der Airport, der sich vor den Toren der Stadt in Schönefeld befindet, sei gut angebunden durch einen Flughafenb­ahnhof mit sechs Gleisen, warb Lütge Daldrup. Es gebe sogar 13 000 Stellplätz­e.

Das sehen viele kritischer. Der BER sei jetzt schon viel zu klein, sagen Experten, die Anbindung extrem miserabel. Auch gebe es keine

Metropole, die nur über einen Flughafen verfüge wie künftig Berlin: Tempelhof wurde bereits 2008 geschlosse­n, und der den Hauptstädt­ern so ans Herz gewachsene Airport Tegel mit seinen kurzen Wegen wird am 8. November endgültig dichtgemac­ht. Am Ende sollen dennoch 45 Millionen Fluggäste pro Jahr an der Spree abgefertig­t werden können – nur über den BER.

Für besonders viel Ärger sorgen wohl noch lange die immensen Kosten. Nicht nur, weil jeden Tag Hunderttau­sende Steuergeld­er in den Unterhalt des geschlosse­nen Komplexes flossen. Waren 2006 zum ersten Spatenstic­h noch 2,4 Milliarden Euro veranschla­gt worden, so hat das Projekt mittlerwei­le rund sechs Milliarden Euro verschlung­en. Wegen der Corona-Krise stand die Flughafeng­esellschaf­t sogar vor der Insolvenz. In diesem Jahr müssen deshalb die Eigentümer Berlin,

Brandenbur­g und der Bund rund 260 Millionen Euro zusätzlich lockermach­en. Wie viel dann in den kommenden Jahren beigesteue­rt werden muss, hänge stark vom Verlauf der Virus-Pandemie und den Folgen für den Flugverkeh­r ab, so Lütke Daldrup. Dass der BER weitere Zuschüsse und Darlehen benötigt, steht also außer Frage.

Der neueste Spott beschäftig­t sich übrigens mit dem Interieur des zentralen Terminals. Die Check-InSchalter sind verziert mit edlen Hölzern aus den märkischen Wäldern, davor liegt ein Fußboden aus Kalkstein. Der Flughafen sei „total retro“, heißt es jetzt in der Hauptstadt. Als wäre er eigentlich nur noch ein Museum. Und das einen Monat, bevor der BER eröffnet wird.

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FOTO: ECKEL/IMAGO IMAGES Noch ist das fertiggest­ellte Terminal 2 des BER-Flughafens in Berlin verwaist. Ab Ende Oktober soll sich das nun endlich ändern.

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