Klinik-Personal streikt im Saarland
Die Gewerkschaft Verdi hatte für Mittwoch die Mitarbeiter von acht kommmunalen Krankenhäusern aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. „Völlig unverhältnismäßig“, kritisiert der Kommunale Arbeitgeberverband Saar.
(ter) Mit einem Warnstreik haben am Mittwoch Beschäftigte von acht kommunalen Krankenhäusern im Saarland den Tarifforderungen der Gewerkschaft Nachdruck verliehen. Die Patientenversorgung war durch eine Notversorgung gesichert. Landespolitik
Beschäftigte von acht kommunalen Krankenhäusern in der Region haben am Mittwoch ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft Verdi hatte zu einem Warnstreik ab 6 Uhr bis zum Ende der Spätschicht aufgerufen. Daran beteiligt waren Mitarbeiter des Kreiskrankenhaus St. Ingbert, des Knappschaftskrankenhauses Sulzbach, der SHG Klinik Sonnenberg, des Klinikums Saarbrücken, der SHG Klinik Merzig, des Knappschaftsklinikums Püttlingen, der SHG Klinik Völklingen und des Kreiskrankenhauses Saarburg. Grund sind die laufenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) als Spitzenverband der kommunalen Arbeitgeberverbände in Deutschland und den Gewerkschaften. Die ersten beiden Verhandlungsrunden im September wurden ohne Ergebnis vertagt. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Oktober vereinbart.
Durch den Streik sollte der Druck auf die Arbeitgeber erhöht werden, teilte Verdi mit. Coronabedingt gab es keine einheitlichen Demonstrationen.
Allerdings kamen die Gewerkschaftssekretärin Bezirk Region Saar-Trier, Stefanie Schwack, und der Verdi-Pflegebeauftragte, Michael Quetting, vor der SHG-Klinik in Völklingen zusammen, um in einer Stafette symbolisch Puzzleteile aus den teilnehmenden Kliniken zusammenbauen. Die Patientenversorgung war durch eine Notversorgung gesichert.
„Gerade noch wurde den Beschäftigten in der öffentlichen Daseinsvorsorge und speziell im Gesundheitswesen für ihre Leistung in der Corona-Pandemie applaudiert. Doch bei den Tarifverhandlungen wollen die Arbeitgeber von Aufwertung und Anerkennung nichts mehr wissen – das passt nicht zusammen“, sagte Schwack. Verdi fordert eine Lohnerhöhung von 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro – für alle 2,3 Millionen Beschäftigten beim Bund und den Kommunen. Zudem sollen die Auszubildenden 100 Euro mehr erhalten. Durch zusätzlich freie Tage sollen die Beschäftigten entlastet werden. Die Arbeitszeiten im Osten der Republik sollen an das westdeutsche Niveau angeglichen werden.
Laut Verdi führen die Tarifparteien für das Gesundheitswesen zusätzliche Gespräche. Demnach fordert die Gewerkschaft eine Pflegezulage von 300 Euro, eine bessere Bezahlung im öffentlichen Gesundheitsdienst und die Begrenzung der Arbeitszeit im Rettungsdienst auf 45 Stunden pro Woche. Die Versprechen aus der jüngsten Tarifrunde, wonach die Pausen in der Wechselschicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden und der Zuschlag für das Arbeiten am Samstag auf 20 Prozent angehoben werden soll, müssten nun ebenfalls umgesetzt werden, teilte die Gewerkschaft mit.
„In dieser Situation Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen,
ist völlig verfehlt.“
Anne Yliniva-Hoffmann
„Diese Verbesserungen sind dringend nötig, um die Berufe im Gesundheitswesen attraktiv zu machen“, erklärte Quetting. Nur so könnten genügend Arbeitskräfte für die Zukunft gewonnen werden.
Am Mittwoch wollte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit den Gesundheitsministern der Länder in Berlin zusammenkommen. Auch Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) und ihre rheinland-pfälzische Kollegin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) wurden erwartet. Eine Gewerkschafts-Delegation aus dem Landesbezirk reiste ebenfalls nach Berlin, um den Ministern eine Foto-Petition zu übergeben, in der sich tausende Krankenhausbeschäftigte für gute Rahmenbedingungen einsetzen. Laut Quetting hätten sich aus „unserer Region an dieser Foto-Aktion 897 Kolleginnen und Kollegen beteiligt“. Wie das Gesundheitsministerium auch Nachfrage mitteilte, fand die Gesundheitsministerkonferenz coronabedingt jedoch nicht wie geplant als Präsenzsitzung, sondern als Videokonferenz statt.
Grundsätzlich begrüße sie „jegliche Einigungen, die zu Gunsten unseres Gesundheitssystems getroffen werden und zu einer Sicherstellung der medizinischen Versorgung förderlich sind“, teilte Bachman der SZ mit. „Dennoch möchte ich anmerken, dass Tarifverhandlungen eine Angelegenheit zwischen den jeweiligen Tarifparteien sind.“Die Erwartungen der Beschäftigten seien eindeutig, und das machten sie am Mittwoch deutlich, sagte Magnus Jung, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag. „Das ist ihr gutes Recht. Jetzt sollte es schnell zur Einigung kommen.“
Verhandlungspartner in der Tarifrunde ist die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, im Saarland vertreten durch den Kommunalen Arbeitgeberverband Saar (KAV). Der kritisierte den Streik jedoch als „völlig unverhältnismäßig“. „Aktuell laufen die Verhandlungen mit der Gewerkschaft, es gibt keinen Abbruch. Die nächste Verhandlungsrunde ist bereits terminiert. Zudem ist mit der Gewerkschaft klar abgesprochen, dass die Arbeitgeberseite dazu ein Angebot unterbreiten wird“, sagte Anne Yliniva-Hoffmann, Vorsitzende des KAV und Bürgermeisterin von Überherrn. „In dieser Situation Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen, ist völlig verfehlt“– vor allem in Zeiten rasant steigender Corona-Infektionszahlen. Zwar sei nachvollziehbar, dass die in der Pandemie stark geforderten Beschäftigte auch eine finanzielle Anerkennung erwarten. „Allerdings ist in dieser Tarifrunde Augenmaß gefragt. Es darf auch nicht vergessen werden, dass sich außerhalb des öffentlichen Dienstes Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit befinden und um ihre Arbeitsplätze bangen“, betont Yliniva-Hoffmann. Man befinde sich in einer schweren Rezession. Die Kassen seien leer. Die finanziellen Folgen der Krise würden noch lange anhalten. „Verdi vergisst dies offenbar. Allein die Entgeltforderungen kosten 5,7 Milliarden Euro.“
Vorsitzende des Kommunalen
Arbeitgeberverbands Saar