Saarbruecker Zeitung

Militante Kreise wollten Gouverneur­in entführen

Ermittler erheben schwere Vorwürfe gegen eine Reihe an Verdächtig­en: In Michigan soll ein Komplott gegen die Regierung geplant worden sein.

- VON LENA KLIMKEIT

FBI-Agenten haben eine Verschwöru­ng militanter Kreise zur Entführung der demokratis­chen Gouverneur­in von Michigan, Gretchen Whitmer, aufgedeckt. Trifft Trump indirekt eine Schuld?

(dpa) Im US-Bundesstaa­t Michigan haben Ermittler Pläne für die Entführung der demokratis­chen Gouverneur­in Gretchen Whitmer und einen Komplott gegen die dortige Regierung durchkreuz­t. Die Behörden nahmen insgesamt 13 Verdächtig­e fest. Whitmer deutete am Donnerstag (Ortszeit) an, dass sich mutmaßlich­e Extremiste­n wie die Beschuldig­ten durch Äußerungen von US-Präsident Donald Trump motiviert fühlen könnten. Die Gouverneur­in gehört zu den aufstreben­den Kräften in der Demokratis­chen Partei. Trump hatte sie mehrfach hart kritisiert. Sechs der Festgenomm­enen drohen nun Anklagen auf Bundeseben­e. Parallel dazu verfolgt Michigans Justizmini­sterium die Anklage von sieben anderen. Nach Angaben der Bundespoli­zei FBI soll geplant gewesen sein, Whitmer noch vor der Präsidente­nwahl am 3. November zu entführen. In einem Gerichtsdo­kument mit Schilderun­gen der FBI-Ermittler heißt es, einer der Verdächtig­en habe Ende Juli gesagt, Whitmer könne am besten bei Ankunft oder Verlassen ihres privaten Ferienhaus­es oder ihrer Sommerresi­denz verschlepp­t werden.

Im August und September habe die Gruppe das Ferienhaus dann observiert. Offenbar zog sie in Erwägung,

eine Bombe unter einer nahe gelegenen Brücke detonieren zu lassen, um ein Eingreifen der Polizei bei der Entführung zu verhindern, wie die Ermittler weiter schilderte­n. Im Falle einer Verurteilu­ng drohen den Verdächtig­en lebenslang­e Haftstrafe­n. Die Festnahmen seien am Mittwochab­end erfolgt.

Whitmer sagte am Donnerstag: „Ich wusste, dass dieser Job hart werden würde. Aber um ehrlich zu sein, ich hätte mir niemals so etwas vorstellen können.“Nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft wurden die Pläne mithilfe von Informante­n, verdeckten Ermittlern und geheimen

Aufnahmen von Gesprächen aufgedeckt. Staatsanwa­lt Andrew Birge bezeichnet­e die Verdächtig­en als „gewalttäti­ge Extremiste­n“.

Anfang des Jahres sei das FBI in sozialen Netzwerken darauf aufmerksam geworden, dass eine Gruppe von Leuten – zu der auch zwei der nun Festgenomm­enen gehörten – den „gewaltsame­n Sturz bestimmter Regierungs- und Strafverfo­lgungskomp­onenten“

diskutiert habe. In einem Telefonat Mitte Juni soll einer der Verdächtig­en gesagt haben, er benötige 200 Mann, um das Kapitol in der Hauptstadt Lansing zu stürmen und Geiseln zu nehmen, darunter die Gouverneur­in. Whitmer solle dann wegen „Verrats“vor Gericht gestellt werden.

Die sieben Männer, gegen die Michigans Justizmini­sterin Dana Nessel eine Anklage erreichen will, sollen Mitglieder einer Miliz namens Wolverine Watchmen sein oder Verbindung­en zu der Gruppe gehabt haben. Ihnen wird der Versuch vorgeworfe­n, Polizeibea­mte anzugreife­n und einen Bürgerkrie­g anzuzettel­n. Whitmer hatte in der Corona-Krise strikte Ausgangsbe­schränkung­en verhängt. Das brachte ihr viel Lob ein, aber auch harsche Kritik, auch von Trump. Mehrere Wochen hintereina­nder zogen Demonstran­ten vor das Kapitol und warfen ihr „Tyrannei“vor. Trump sprach den teils bewaffnete­n Demonstran­ten seine Unterstütz­ung aus und zeigte Verständni­s, dass sie ihr Leben zurückwoll­ten. „Dies sind sehr gute Leute, aber sie sind wütend“, hatte er erklärt.

Während einer Protestakt­ion am 1. Mai drangen bewaffnete Demonstran­ten in das Gebäude ein. Michigan gehört zu den US-Bundesstaa­ten, in denen es Privatleut­en erlaubt ist, offen Schusswaff­en zu tragen. Ausgenomme­n sind Orte wie Banken, Gotteshäus­er, Gerichte, Krankenhäu­ser oder Läden, die Alkohol verkaufen – nicht aber das Parlaments­gebäude.

Whitmer warf Trump vor, in der Corona-Krise Wut angefacht zu haben. „Dies sollte ein Moment nationaler Einheit sein. Stattdesse­n hat unser Staatsober­haupt die vergangene­n sieben Monate damit verbracht, die Wissenscha­ft zu verleugnen, seine eigenen Gesundheit­sexperten zu ignorieren, Misstrauen zu schüren, Wut anzufachen und denjenigen Trost zu spenden, die Angst und Hass und Spaltung verbreiten“, sagte sie. Aus dem Gerichtsdo­kument geht nicht hervor, dass sich die mutmaßlich­en Extremiste­n von Trump inspiriert gefühlt haben könnten.

Die Gouverneut­in erinnerte daran, dass sich Trump vergangene Woche beim TV-Duell gegen Herausford­erer Joe Biden weigerte, Rechtsextr­eme eindeutig zu verurteile­n.

„Ich hätte mir niemals so etwas vorstellen

können.“

Gretchen Whitmer

Gourverneu­rin von Michigan

 ?? FOTO: UNCREDITED/MICHIGAN GOVERNORS OFFICE/AP/DPA ?? Michigans Gourverneu­rin Gretchen Whitmer gehört zu den aufstreben­den Kräften der demokratis­chen Partei. Laut Polizei sei geplant gewesen, sie noch vor der Präsidente­nwahl zu entführen.
FOTO: UNCREDITED/MICHIGAN GOVERNORS OFFICE/AP/DPA Michigans Gourverneu­rin Gretchen Whitmer gehört zu den aufstreben­den Kräften der demokratis­chen Partei. Laut Polizei sei geplant gewesen, sie noch vor der Präsidente­nwahl zu entführen.

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