Saarbruecker Zeitung

Pathologen-Skandal: Ermittlung­en gegen Saar-Ärztepräsi­dent

Wegen möglicher Körperverl­etzung mit Todesfolge durch Unterlasse­n ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen Dr. Josef Mischo, Präsident der Ärztekamme­r Saar.

- VON MICHAEL JUNGMANN

(mju) Im Skandal um Fehldiagno­sen des zwischenze­itlich inhaftiert­en Pathologen Dr. H. ermittelt die Staatsanwa­ltschaft jetzt gegen Dr. Josef Mischo, Präsident der Saar-Ärztekamme­r. Körperverl­etzung mit Todesfolge durch Unterlasse­n lautet der Tatvorwurf. Mischo soll seit 2014 von der Suchterkra­nkung des Pathologen gewusst haben und nichts konkret zum Schutz der Patienten unternomme­n. Büros und Wohnung wurden durchsucht. Saarland

Seit einem Jahr ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n gegen den zwischenze­itlich inhaftiert­en Pathologen Dr. H. (61) wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung und der fahrlässig­en Tötung. Hintergrun­d sind angebliche Fehldiagno­sen des einst niedergela­ssenen Pathologen bei der Untersuchu­ng von Gewebeprob­en. Eine Chefärztin des Saarbrücke­r Winterberg-Klinikums und eine Oberärztin der Hautklinik am Universitä­tsklinikum (UKS) hatten Alarm geschlagen und entspreche­nde Strafanzei­gen erstattet. Dr. H. wurde – wie berichtet – Ende Juni von der Wirtschaft­sstrafkamm­er des Landgerich­ts wegen Betrugs und Bestechung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte Ärzten Provisione­n bezahlt, wenn sie Gewebeprob­en in seinem Institut untersuche­n ließen. In diesem Verfahren bescheinig­te eine Sachverstä­ndige

dem Pathologen eine seit Jahren anhaltende Suchterkra­nkung. Demnach war der Mann alkoholund medikament­enabhängig. Offenbar durfte und konnte er lange Zeit dennoch praktizier­en. Angeblich auch mit dem Segen der Ärztekamme­r des Saarlandes. Verantwort­lichen dort soll frühzeitig bekannt gewesen sein, dass der Pathologe

ein Suchtprobl­em hat, das möglicherw­eise die Resultate seiner medizinisc­hen Arbeit beeinfluss­e. Wie es heißt, soll das Versorgung­swerk der Kammer Dr. H. auch eine Entziehung­skur finanziert haben.

Die Staatsanwa­ltschaft hat im Fall um Dr. H. mittlerwei­le ihre Ermittlung­en ausgeweite­t. Nachdem ein Gutachter wohl mehrere Fehldiagno­sen bestätigt hat, etwa bei Krebspatie­nten oder in Fällen, die zu nicht erforderli­chen Operatione­n geführt haben, ziehen die Ermittler Konsequenz­en. Mindestens ein Patient soll wegen Eingriffen nach einer Fehldiagno­se gestorben sein.

Mario Krah, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n, bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, dass gegen Dr. Josef Mischo (66), Präsident der Ärztekamme­r des Saarlandes, ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t wurde.

Der Vorwurf: Körperverl­etzung mit Todesfolge durch Unterlasse­n. Krah: „Im Kern besteht der Verdacht, dass der Beschuldig­te M. spätestens 2014 über den gesundheit­lichen Zustand des Pathologen H. informiert gewesen sein könnte.“Er soll es unterlasse­n haben, die Approbatio­nsbehörde zu informiere­n, obwohl greifbare Anhaltspun­kte dafür bestanden haben könnten, dass H. seinen Beruf nicht mehr fachgerech­t ausüben konnte. Mischo habe möglicherw­eise „billigend in Kauf genommen“, dass Patienten aufgrund von Fehldiagno­sen des Pathologen gesundheit­liche Nachteile erleiden könnten. Auf richterlic­he Anordnung wurden bereits am Donnerstag Büros bei der Ärztekamme­r, beim Versorgung­swerk der Kammer, in einer Klinik und Mischos Wohnung durchsucht.

Unmittelba­r nach Bekanntwer­den des Skandals um die Fehldiagno­sen hatte die Approbatio­nsbehörde dem Pathologen die Arztzulass­ung vorläufig entzogen. Mehrere Kliniken und Verbände warnten damals vor seinen Diagnosen.

Mischo, seit Januar 2010 Präsident der Ärztekamme­r und Vorsitzend­er des Versorgung­swerkes der Kammer, war am Freitag für eine Stellungna­hme zu den Vorwürfen nicht zu erreichen.

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FOTO: WALTRAUD GRUBITZSCH/DPA Eine Biologiela­borantin wertet in einem Labor in einer Petrischal­e Keime aus. In einer Pathologie im Saarland kam es wohl über Jahre hinweg zu Fehldiagno­sen.
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FOTO: ?? Ärztekamme­rpräsident Dr. Josef Mischo.
SIMON/AEKSAAR FOTO: Ärztekamme­rpräsident Dr. Josef Mischo.
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FOTO: BECKERBRED­EL Der Pathologe H. vor Gericht (Archivfoto).

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