Pathologen-Skandal: Ermittlungen gegen Saar-Ärztepräsident
Wegen möglicher Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Dr. Josef Mischo, Präsident der Ärztekammer Saar.
(mju) Im Skandal um Fehldiagnosen des zwischenzeitlich inhaftierten Pathologen Dr. H. ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt gegen Dr. Josef Mischo, Präsident der Saar-Ärztekammer. Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen lautet der Tatvorwurf. Mischo soll seit 2014 von der Suchterkrankung des Pathologen gewusst haben und nichts konkret zum Schutz der Patienten unternommen. Büros und Wohnung wurden durchsucht. Saarland
Seit einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen den zwischenzeitlich inhaftierten Pathologen Dr. H. (61) wegen fahrlässiger Körperverletzung und der fahrlässigen Tötung. Hintergrund sind angebliche Fehldiagnosen des einst niedergelassenen Pathologen bei der Untersuchung von Gewebeproben. Eine Chefärztin des Saarbrücker Winterberg-Klinikums und eine Oberärztin der Hautklinik am Universitätsklinikum (UKS) hatten Alarm geschlagen und entsprechende Strafanzeigen erstattet. Dr. H. wurde – wie berichtet – Ende Juni von der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts wegen Betrugs und Bestechung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte Ärzten Provisionen bezahlt, wenn sie Gewebeproben in seinem Institut untersuchen ließen. In diesem Verfahren bescheinigte eine Sachverständige
dem Pathologen eine seit Jahren anhaltende Suchterkrankung. Demnach war der Mann alkoholund medikamentenabhängig. Offenbar durfte und konnte er lange Zeit dennoch praktizieren. Angeblich auch mit dem Segen der Ärztekammer des Saarlandes. Verantwortlichen dort soll frühzeitig bekannt gewesen sein, dass der Pathologe
ein Suchtproblem hat, das möglicherweise die Resultate seiner medizinischen Arbeit beeinflusse. Wie es heißt, soll das Versorgungswerk der Kammer Dr. H. auch eine Entziehungskur finanziert haben.
Die Staatsanwaltschaft hat im Fall um Dr. H. mittlerweile ihre Ermittlungen ausgeweitet. Nachdem ein Gutachter wohl mehrere Fehldiagnosen bestätigt hat, etwa bei Krebspatienten oder in Fällen, die zu nicht erforderlichen Operationen geführt haben, ziehen die Ermittler Konsequenzen. Mindestens ein Patient soll wegen Eingriffen nach einer Fehldiagnose gestorben sein.
Mario Krah, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, dass gegen Dr. Josef Mischo (66), Präsident der Ärztekammer des Saarlandes, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.
Der Vorwurf: Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen. Krah: „Im Kern besteht der Verdacht, dass der Beschuldigte M. spätestens 2014 über den gesundheitlichen Zustand des Pathologen H. informiert gewesen sein könnte.“Er soll es unterlassen haben, die Approbationsbehörde zu informieren, obwohl greifbare Anhaltspunkte dafür bestanden haben könnten, dass H. seinen Beruf nicht mehr fachgerecht ausüben konnte. Mischo habe möglicherweise „billigend in Kauf genommen“, dass Patienten aufgrund von Fehldiagnosen des Pathologen gesundheitliche Nachteile erleiden könnten. Auf richterliche Anordnung wurden bereits am Donnerstag Büros bei der Ärztekammer, beim Versorgungswerk der Kammer, in einer Klinik und Mischos Wohnung durchsucht.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals um die Fehldiagnosen hatte die Approbationsbehörde dem Pathologen die Arztzulassung vorläufig entzogen. Mehrere Kliniken und Verbände warnten damals vor seinen Diagnosen.
Mischo, seit Januar 2010 Präsident der Ärztekammer und Vorsitzender des Versorgungswerkes der Kammer, war am Freitag für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht zu erreichen.