GTI: Die endlose Magie einer Erfolgsformel
Volkswagen verzichtet auch in der achten Generation des Golf nicht auf die GTI-Version. Der sportliche Kompaktwagen bietet 245 PS Leistung.
Wenn ein Multimillionär 44 Jahre alt wird, zeugt das von einer eindrucksvollen Erfolgsbilanz. Seit 1976 haben 2,3 Millionen VW Golf GTI meist begeisterte Kunden gefunden. Ursprünglich war der sportive Golf nur als Sonderserie mit einer Auflage von 5000 Exemplaren geplant. Doch auch bei der gerade eingeführten achten Golf-Generation übernimmt jetzt wieder die GTI-Version den Vorsitz. Bei den ersten Händlern stehen bereits die Wagen des Jahrgangs 2021 für Probefahrten zur Verfügung. Die Preisliste beginnt bei 37 607 Euro. Darin ist ein Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe enthalten.
Wie bereits die jüngst erneuerten Volumen-Versionen der Baureihe ist der GTI klar als Golf zu erkennen. Das Design betont die Breite, Chromschmuck ist kaum mehr zu finden und die Räder füllen mit Formaten von 17 bis 19 Zoll ihre Häuser. Und doch hat sich viel geändert. Anders als früher, als der Dreitürer die Standard-Version war, gibt es den neuen GTI ausschließlich mit fünf Türen.
Und er ist digitaler als je zuvor. Mithilfe sogenannter Slider (Schieberegler) können zum Beispiel die Lautstärke der Audioanlage und die Temperatur der Heizung, aber auch der vernetzte Fahrdynamikmanager in 15 Stufen sehr fein eingestellt werden. Das Fahrverhalten ist von einer komfortbetonten Einstellung bis hin zur rundstreckentauglichen Konfiguration programmierbar. Die Zahl der Schalter und Tasten hat sich deutlich sichtbar reduziert. Von Elektronik begeisterte Menschen werden das schätzen, von der mechanischen Ehrlichkeit des Urahn ist jedoch kaum etwas übrig geblieben.
Als Entwicklungsziel hat VW eine größtmögliche Spreizung zwischen ausgeprägtem Komfort und hoher Dynamik angestrebt. Der GTI mit seinem um 15 Millimeter tiefer gelegten Sportfahrwerk soll so ohne Einschränkungen für die Langstrecke taugen, aber auch eine gehörige Portion Fahrspaß durch ausgeprägte Agilität für all jene vermitteln, die es gelegentlich ordentlich krachen lassen wollen.
Deren Ansprüche bedient die erhöhte Wankunterdrückung durch die adaptive Dämpferreglung und die Vorderachsquersperre mit Lamellenkupplung, die hohes Kurventempo ermöglicht. Die Federraten der Radaufhängungen wurden außerdem vorne um 15 und hinten um 5 Prozent erhöht. Der GTI wir dadurch in Verbindung mit dem adaptiven Fahrwerk im Wortsinn bretthart. Das elektronische Stabilitätssystem ESC arbeitet mit verhaltenem Eingriff, die Einstellung ESC Sport erlaubt höhere Gierwinkel.
245 PS leistet der Vierzylinder-Benzinmotor unter der breiten und flachen Haube. Sein maximales Drehmoment von 370 Newtonmetern stellt der aufgeladene 2,0-Liter-Motor über ein beachtlich breites Drehzahlband von 1600 bis 4300 Umdrehungen in der Minute bereit. Für den schnellen Aufbau des Moments sorgt ein neuer Turbolader mit variabler Geometrie. Außerdem
ist der Einspritzdruck von ehemals 200 auf 350 bar gestiegen. Beides bringt nicht nur mehr Durchzugskraft, sondern senkt auch die Emissionen.
Die Fahrleistungen sind eindrucksvoll. In 4,7 Sekunden beschleunigt der GTI von 0 auf 100 km/h, das Spitzentempo ist elektronisch auf 250 km/h begrenzt.
Das auf Wunsch eingebaute Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen steigert die Agilität dank noch kürzerer Schaltzeiten. Im Serienstandard bietet der schnelle Golf ein manuelles Sechsganggetriebe, dessen Schalthebel zwar kurz, die Schaltwege aber ein gutes Stück zu lang sind. Den Normverbrauch gibt der Hersteller mit 6,5 Litern Super an. Bei unseren Testfahrten übers platte Land rund um Wolfsburg zeigte der Bordcomputer im digitalen Cockpit einen Konsum zwischen 6,7 und 8,8 Litern Treibstoff auf 100 Kilometer an.
Trotz allem sportlichem Ehrgeiz ist dem GTI ein hohes Maß an Gelassenheit im Alltag zu bestätigen. Wer Maschine und Fahrwerk in den Normal- oder Öko-Modus schaltet, nimmt nicht nur dem Motor den (künstlich) erzeugten scharfen Klang, sondern auch der Federung die angespannte Haltung. Dann gleitet der wilde Golf lammfromm über schlechte Straßen und verzaubert mit hohem Komfort und ebenso einfacher wie präzisen Fahreigenschaften.
Bei den Assistenzsystemen geht VW in die Vollen. Ob Notbremser, Spurwächter oder Einparkhelfer, alle sind mit dabei und achten auf die Sicherheit. Zur Serienausstattung zählen zudem LED-Scheinwerfer, in die laufende Blinklichter integriert sind. Auch die Konnektivität ist auf dem neuesten Stand. Ins Infotainmentsystem können Smartphones eingebunden werden, die Sprachsteuerung funktioniert erstaunlich gut. Selbst den für viele Spracherkennungen so schwierig zu verstehenden Ortsnamen Rüsselsheim, was häufig als Rüdesheim oder Rüdenhausen interpretiert wird, erkennt das System im Golf exakt und auf Anhieb.
Der neue GTI ist ein ziemlich perfekter Kompakt-Sportler geworden, der sein Potenzial nicht, wie etwa ein Hyundai i30 N, permanent zu Markte tragen muss. Dennoch hat er an Charme verloren. Was einem weiteren Anstieg der Erfolgskurve jedoch nicht unbedingt hinderlich sein wird.