Saarbruecker Zeitung

Der Weg zum internatio­nalen Traumjob

Tätigkeite­n bei Organisati­onen wie der EU oder den UN sind begehrt. Doch die Konkurrenz ist groß.

- VON SOPHIA REDDIG

(dpa) Es gibt Probleme, die nicht im nationalen Alleingang gelöst werden können. Internatio­nale Organisati­onen (IO) versuchen daher, den Dialog zwischen Staaten zu stärken, um gemeinsam Lösungsstr­ategien zu entwickeln und umzusetzen. Karrieren bei solchen Organisati­onen sind folglich mit hohem Ansehen verbunden, Mitarbeite­r werden sorgfältig ausgewählt.

Was Bewerber mitbringen müssen, hänge natürlich davon ab, auf welchen Job sich jemand bewerbe, sagt Hellmut Meinhof. Er leitet das Büro Führungskr­äfte zu Internatio­nalen Organisati­onen (BFIO) der Bundesagen­tur für Arbeit. Zum einen gibt es Berufe, die die Infrastruk­tur einer solchen Organisati­on aufrechter­halten. Dazu gehören beispielsw­eise IT, Logistik, Buchhaltun­g und Personalma­nagement. Zum anderen gibt es Stellen, die an der Entwicklun­g, Koordinati­on und Umsetzung von konkreten Projekten beteiligt sind.

„Welche Fähigkeite­n innerhalb dieser Projekte gefragt sind, orientiert sich an den Zielsetzun­gen der jeweiligen Organisati­on“, sagt Anna von Behr. Sie ist Managerin für Karriereen­twicklung und Alumni-Arbeit an der Hertie School – The University of Governance in Berlin. So werden nicht nur Experten für internatio­nale Beziehunge­n, Diplomatie und Konfliktma­nagement gesucht. Bei Organisati­onen, die sich etwa mit Umweltschu­tz auseinande­rsetzen, arbeiten auch Spezialist­en aus Forstwisse­nschaft, Architektu­r und Chemie. Interpol oder Europol brauchen dagegen eher Fachleute aus der Kriminolog­ie.

Wer sich einen Überblick über alle Tätigkeits­felder von IOs verschaffe­n will, dem empfiehlt von Behr, sich an den 17 UN-Nachhaltig­keitsziele­n zu orientiere­n. „Dann würde ich mich fragen: Welches Thema interessie­rt mich besonders? Welche IOs gibt es dazu und welche Spezialist­en werden dort gesucht?“, erklärt sie.

Neben einem Masterabsc­hluss und Berufserfa­hrung wird von Bewerbern organisati­onsübergre­ifend verlangt, dass sie mehrere Sprachen sprechen und mit Menschen aus anderen Kulturkrei­sen zusammenar­beiten können. So wird häufig neben der Mutterspra­che und Englisch noch eine weitere der sechs UN-Sprachen wie beispielsw­eise Russisch, Arabisch oder Französisc­h erwartet. Zudem sind Auslandsau­fenthalte und andere interkultu­relle Qualifikat­ionen hilfreich.

Auch die Fähigkeit zu netzwerken, ist nicht zu unterschät­zen. Wer ein gutes, großes Netzwerk hat, der bekommt Jobangebot­e weitergele­itet, und kann die Kontakte auch für die eigenen Projekte nutzen. „Erste Kontakte können beispielsw­eise im Studium zu Kommiliton­en mit ähnlichen Karrierezi­elen und, ganz wichtig, bei Praktika geknüpft werden“, sagt von Behr. Weil die meisten Praktika bei IOs unbezahlt sind, gibt es mehrere Programme, die den Nachwuchs finanziell unterstütz­en. Dazu zählen beispielsw­eise das Carlo-Schmid-Programm

und die Stipendien des Mercator Kollegs für internatio­nale Aufgaben.

Das sind aber nicht die einzigen Fördermaßn­ahmen, die jungen Menschen den Einstieg erleichter­n sollen. Daniel Krull, Koordinato­r für Internatio­nale Personalpo­litik beim

Auswärtige­n Amt, weist zudem auf die jährliche Karriereme­sse für Berufseins­teiger hin, bei der sich Interessen­ten und Internatio­nale Organisati­onen kennenlern­en können.

Auf dem Stellenpor­tal Jobs-IO des Auswärtige­n Amtes sind zudem Ausschreib­ungen von unterschie­dlichen Organisati­onen für sämtliche Qualifikat­ionsstufen gesammelt. Das

JPO-Programm, das vom Bundesmini­sterium für Entwicklun­gszusammen­arbeit, dem Auswärtige­n Amt und Büro Führungskr­äfte zu Internatio­nalen Organisati­onen gemeinsam gemanagt wird, vermittelt deutsche Nachwuchsk­räfte an die UN und Unterorgan­isationen.

Wer es geschafft hat, einen Job bei einer internatio­nalen Organisati­on zu ergattern, den erwarten neben vielen spannenden Erfahrunge­n meist auch einige Herausford­erungen. So können die Arbeitsbed­ingungen gerade am Anfang hart sein. „Es gibt oft wenig berechenba­re Strukturen. Solange man noch keinen festen Vertrag hat, muss man sich von einem befristete­n Vertrag zum nächsten durcharbei­ten“, sagt Meinhof. „Manchmal ist dann auch nach ein paar Jahren freiwillig oder unfreiwill­ig Schluss, es ergeben sich attraktive Alternativ­en oder man wechselt wieder in den nationalen Kontext.“

Außerdem wird eine hohe geografisc­he Flexibilit­ät erwartet. Es gibt zwar viele Jobs in den Zentralen

der IOs, bei denen beispielsw­eise UN-Mitarbeite­r längere Zeit in New York, Genf, Wien oder Rom arbeiten können. Wer jedoch direkt vor Ort an den Projekten arbeitet, der wechselt mit dem Projekt auch meist den Wohnort, nicht selten sogar den Kontinent.

„Das ist in manchen Ländern schwer mit einer Familie zu vereinen“, gibt Meinhof zu, „aber wer flexibel ist und sich zeitweise von der klassische­n Vorstellun­g von Familienal­ltag löst, der findet meist auch eine Lösung.“Denn natürlich können die Jobwechsel und Umzüge auch ihren Reiz haben. „Man trifft viele spannende Menschen, lernt neue Kulturen kennen und damit im Kontrast auch sich selbst und seine eigene Kultur.“

Dabei würden auch die eigenen Wertvorste­llungen auf den Prüfstand gestellt. „Man muss sich von der Idee verabschie­den, dass die eigene, deutsche Arbeitswei­se die einzig richtige ist. www.auswaertig­es-amt.de

„Man muss sich von der Idee verabschie­den, dass die eigene, deutsche Arbeitswei­se die einzig richtige ist.“Hellmut Meinhof Leiter BFIO der Bundesagen­tur für Arbeit

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wer bei einer Internatio­nalen Organisati­on Karriere machen will, muss viel Flexibilit­ät mitbringen.

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