Im Saarland droht 2021 eine Insolvenzwelle
Die Wirtschafts-Auskunftei Creditreform rechnet wegen Überschuldung durch Corona mit vielen Insolvenzen von Firmen und Privatpersonen.
Immer mehr Saarländer geraten wegen den Folgen der Corona-Pandemie in Not. Jetzt schon könnten zahlreiche Menschen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, stellt die Wirtschafts-Auskunftei Creditreform anlässlich der Vorstellung ihres „Schuldneratlas 2020“fest. Die Lage werde sich noch deutlich verschlimmern.
„Der eigentliche Corona-Effekt kommt noch“, prognostiziert Creditreform-Geschäftsführer Carsten Uthoff. Spätestens Anfang 2021 müsse mit einem dramatischen Anstieg der Insolvenzen von Unternehmen und Privatkunden an der Saar gerechnet werden. Dies hänge auch mit dem Auslaufen staatlicher finanzieller Hilfen zusammen. Es treffe nicht nur Branchen wie die Gastronomie, Hotellerie oder auch Kulturschaffende. Besonders heftig seien die Bezieher kleiner Einkommen betroffen, insbesondere Menschen, die sich mit Minijobs über Wasser halten. Denn für diese Personengruppe wird auch kein Kurzarbeitergeld gezahlt.
Creditreform-Geschäftsführer Uthoff rechnet damit, dass auch viele Kurzarbeiter in der nächsten Phase der Corona-Krise keinen Arbeitsplatz mehr haben werden. Aktuell ist an der Saar jeder Neunte überschuldet, was 98 000 Menschen über 18 Jahren entspricht. Am meisten steigt die Überschuldung in Regionen mit hohem Anteil an Industriebetrieben. Uthoff nennt hier den Regionalverband Saarbrücken, die Landkreise Saarlouis und Neunkirchen. Im Gegenzug hat sich die Verschuldung in den Landkreisen St. Wendel, Merzig sowie Teilen des Saarpfalz-Kreises verringert. Als überschuldet gilt, wer als volljähriger Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverbindlichkeiten nicht in absehbarer Zeit begleichen kann und ihm zur Begleichung seines Lebensunterhaltes weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
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98 000 Erwachsene sind derzeit im Saarland überschuldet. Quelle: Creditreform
Die Corona-Krise bringt immer mehr Saarländer in Existenznot. Schon jetzt können zahlreiche Haushalte ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Die Wirtschafts-Auskunftei Creditreform rechnet damit, dass es Anfang 2021 zu einem dramatischen Anstieg der Firmen- und Privatinsolvenzen an der Saar kommen wird. Dies prognostiziert der Geschäftsführer von Creditreform in Saarbrücken, Carsten Uthoff, anlässlich der Vorstellung des „Schuldneratlas 2020“für das Saarland.
„Der eigentliche Corona-Effekt kommt noch. Ich gehe davon aus, dass sich in den nächsten sechs bis neun Monaten die Überschuldungssituation deutlich verschärfen wird“, sagte Uthoff am Dienstag. Er sieht sich in dieser Einschätzung auch durch Gespräche mit Insolvenzverwaltern bestärkt.
Als überschuldet gilt, wer als volljähriger Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverbindlichkeiten nicht in absehbarer Zeit begleichen kann und dem zum Bestreiten seines Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Demnach gelten derzeit insgesamt 6,85 Millionen Personen in Deutschland als überschuldet.
Nach der jüngsten Erhebung von Creditreform ist jeder zehnte Deutsche von Überschuldung betroffen, im Saarland trifft es jeden
Neunten. „Im Saarland sind aktuell rund 98 000 Menschen über 18 Jahre überschuldet“, stellt Uthoff fest. Die Überschuldungsquote liegt damit bei 11,6 Prozent, das entspricht im bundesweiten Vergleich der Spitze des unteren Drittels.
Zudem sei das Saarland das einzige Bundesland, in dem sich die Verschuldung im Vergleich zum Vorjahr nochmals leicht erhöht habe. Die Region befinde sich ohnehin in einer deutlich schlechteren Ausgangslage, denn bereits vor dem Ausbruch von Corona „waren wir 2019 als einziges Bundesland schon in der Rezession. Zudem ist der Bereich der Automobilindustrie mit ihren Zulieferbetrieben stark angeschlagen durch die Folgen des Diesel-Skandals“, sagt Uthoff. „Auch die einzigartig hohe Export-Orientierung im Vergleich zu allen anderen Bundesländern
hat hier starke Spuren hinterlassen. Die Haupt-Absatzmärkte für Produkte aus dem Saarland liefen nicht mehr so. Das alles schlägt sich natürlich in diesen Zahlen nieder.“2021 würden die finanziellen Belastungen noch härter, da man neben einer Insolvenzwelle und weiterer Kurzarbeit auch mit steigenden Kosten für Mieten, Gesundheit und Mobilität rechnen müsse.
Als eine der ersten Personengruppen, die mit der weiter zunehmenden Überschuldung klarkommen müssen, sieht der Creditreform-Geschäftsführer die Bezieher niedriger Einkommen an, insbesondere Mini-Jobber.
Diese können nicht mit staatlichen Überbrückungshilfen wie dem Kurzarbeitergeld rechnen, da solche Hilfen nicht an Minijobber ausgezahlt werden. Uthoff verweist hier auch auf eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes, nach der der längere Bezug eines niedrigen Einkommens der häufigste Grund für eine Überschuldung ist. Es folgen, mit deutlichem Abstand, Fehler in der eigenen Haushaltsführung, eine Erkrankung oder Arbeitslosigkeit.
Als häufigste Gründe für Einkommensverluste in der Corona-Zeit verweist der „Schuldneratlas“generell auf Kurzarbeit, den Verlust des Arbeitsplatzes sowie eine Unterbrechung der Tätigkeit als Selbstständiger. Generell steige im Saarland mit zunehmendem Alter auch die Bereitschaft zur Verschuldung.
Betrachtet man die saarländischen Landkreise im Einzelnen, so fällt auf, dass die Verschuldung in erster Linie überall dort steigt, wo viele Industriebetriebe ansässig sind. Creditreform nennt hier den Regionalverband Saarbrücken sowie die Landkreise Saarlouis und Neunkirchen „mit den höchsten Überschuldungsraten im Saarland“. Im Gegenzug fielen diese in den Regionen um St. Wendel, Merzig und im südlichen Teil des Saarpfalz-Kreises besonders niedrig aus, erläutert Uthoff.
Generell habe sich die Verschuldung überall dort erhöht, wo sie schon im vergangenen Jahr hoch war. Dies treffe besonders auf den Regionalverband Saarbrücken und Neunkirchen zu. Innerhalb des Regionalverbands treffe es die Einwohner in Malstatt besonders hart. Hier sei jeder dritte Haushalt überschuldet, gefolgt von Alt-Saarbrücken mit über 20 Prozent Betroffenen, Burbach und St. Johann. Deutlich besser schneiden dagegen Bübingen und Ensheim mit Quoten von um die acht Prozent ab.
Der neueste „Schuldneratlas“stellt auch einen bundesweiten Vergleich der Landeshauptstädte an. Demnach halten Saarbrücken und Wiesbaden hier traurige Rekorde mit einer Überschuldungsquote von rund 17 Prozent. In dieser Betrachtung schneidet Mainz mit rund acht Prozent am besten ab.
Aus der Sicht von Creditreform können eine Reihe von Maßnahmen dazu beitragen, die Überschuldung deutlich zu senken. Geschäftsführer Uthoff nennt hier als wichtigstes politisches Ziel die Vollzeitbeschäftigung. Außerdem müsse man darauf achten, dass die Mieten nicht unzumutbar steigen. „Ganz wichtig ist auch die Vermittlung von Bildung und finanzieller Kompetenz, um zum Beispiel einer unwirtschaftlichen Haushaltsführung entgegenzuwirken“, so Uthoff.
Als ein besonders wichtiges Instrument sieht der Creditreform-Geschäftsführer
auch den Einsatz von Familienpaten an, die aus Schuldner-Beratungsstellen kommen. Es habe sich gezeigt, dass gerade Kinder überschuldeter Eltern besonders anfällig für Schulden seien. Auch die Banken könnten helfen mit einer Kreditvergabe, die mehr den persönlichen Möglichkeiten entspricht. Es ergebe am Ende keinen Sinn, Geld zu verleihen, wenn schon von Anfang an klar sei, dass dies in eine unvertretbare Schuldenspirale führt.