Quarantäne-Vorgaben an Saar-Schulen werden gelockert
Ist ein Schüler infiziert, muss seine Klasse in Quarantäne. Das ist ab sofort im Saarland nicht mehr so. Jetzt müssen nur noch die engsten Kontakte zu Hause bleiben.
(kip) Die Quarantäne-Regelung in saarländischen Schulen ist auf den Kopf gestellt. Bisher musste die ganze Klasse mit Lehrern in Quarantäne, wenn ein Schüler infiziert war. Nach einem Treffen aller Landräte mit Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) und Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) am Dienstag in Saarbrücken heißt es nun: Die Klasse geht grundsätzlich nicht in Quarantäne. Nur der infizierte Schüler und seine engsten Kontaktpersonen. Das teilten beide Ministerinnen mit. Experten hätten der Runde bestätigt, dass es möglich sei, die Kontaktkreise enger zu ziehen, wenn die Schüler im Unterricht Masken tragen und der Klassenraum regelmäßig gelüftet wird. Saarland
Die Regeln, ab wann eine Schulklasse in Quarantäne muss, sind stark verändert worden. Bisher sahen sie Folgendes vor: Ist ein Schüler infiziert, schickten die Gesundheitsämter ganze Klassen oder Stufen samt Lehrern in Quarantäne. Dazu ließen sie alle Beteiligten testen. Die neue Regelung besagt nun: Die Klasse geht grundsätzlich nicht in Quarantäne. Nur der Infizierte und seine engsten Kontaktpersonen. Die
Regeländerung haben die saarländischen Landräte mit Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) und Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) am Dienstag gemeinsam beschlossen.
Grund sei auch die Überlastung der Gesundheitsämter. „Die vereinbarte Empfehlung hilft, den Schulbetrieb und die Kontaktnachverfolgung aufrecht zu halten. Ich bin froh, dass wir heute eine gemeinsame Lösung gefunden haben, die auch unsere Gesundheitsämter entlasten wird“, betonte Bachmann. Streichert-Clivot sieht in den neuen Regeln die Voraussetzung dafür, „dass die Gesundheitsämter differenziertere Quarantäne-Anordnungen treffen können, die weniger Personen betreffen. Schulen müssen in der Pandemie ein Anker der Stabilität für Kinder und Jugendliche bleiben“, erklärte die Bildungsministerin.
Natürlich sei er kein Virologe, erklärte der stellvertretende Landkreistagsvorsitzende und Landrat von St. Wendel, Udo Recktenwald (CDU). Doch er und seine Amtskollegen hätten sich mit Experten ausgetauscht. Diese hätten den Landräten bestätigt, dass es möglich sei, die Kontaktkreise enger zu ziehen, „wenn die Schüler im Unterricht Masken tragen und der Klassenraum regelmäßig gelüftet wird“. Mit anderen Worten: Nur noch die engsten Kontakte sollen in Quarantäne. Die Klassenkameraden sind nur noch Kontaktpersonen der Kategorie II, nicht mehr Kategorie I.
Doch wer sind die engsten Kontakte? Die Banknachbarn? Die Schulhofrunde? Das Rauchereck? Das müssen die Gesundheitsämter vor Ort entscheiden. Sie befragen den Schüler, mit wem er engen Kontakt hatte. Dazu prüfen sie, ob die Schüler und Lehrer die Hygieneverordnung in den Klassen eingehalten haben. Dazu müssen diese natürlich dokumentiert sein. Ein Lüftungsprotokoll, Dokumentationspflicht für MundNasen-Schutz. Ist dies nicht der Fall, greift die alte Verordnung. Dann muss die ganze Klasse doch in Quarantäne. Das muss sie auch, „wenn mehr als ein Infizierter in der Klasse“auftauche, erklärte Patrik Lauer (SPD), Landkreistagsvorsitzender und Landrat von Saarlouis. Das sei bisher aber selten der Fall gewesen. „Das war ja mit ein Grund für uns, zu sagen, wir können hier anders vorgehen.
„Die jungen Menschen
haben ein Recht auf Bildung, auf pädagogische Betreuung und ihre Sozialkontakte.“
Patrik Lauer
Landrat des Landkreises Saarlouis
In den Schulen sind keine Infektionsketten entstanden.“Wenn in einer Klasse mehrere Fälle auftreten, „muss sie gesondert behandelt werden“, betonte Recktenwald, das sei Aufgabe „der Gesundheitsämter“. Die sind wegen der Dokumentation auf die Schulen angewiesen. Was aber wiederum auch ein Anreiz sei, sie einzuhalten. „Prävention wird belohnt“, sagte Recktenwald. Wer gut dokumentiere, müsse nicht in Quarantäne. „Sie kommt dem Bildungsanspruch der jungen Menschen entgegen, führt zu einem schonenden Umgang mit den knappen Testkapazitäten und bedeutet für die belasteten Gesundheitsämter mehr Zeit für die wirklich wichtige Ermittlungsarbeit und sie wird maßgeblich dazu beitragen, den Präsenzunterricht möglichst lange aufrecht zu erhalten, denn die jungen Menschen haben ein Recht auf Bildung, auf pädagogische Betreuung und ihre Sozialkontakte“, sagte Lauer.
Der saarländische Lehrerinnenund Lehrerverband (SLLV) und die
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW ) wollten hingegen an der geltenden Quarantäne-Verordnung festhalten. Vor allem in Grund- und Förderschulen. Da dort keine Maskenpflicht besteht. Der SLLV fordert gemeinsam mit den Grünen und der GEW den Hybridunterricht. Diesen Wechsel von Präsenzund Onlineunterricht lehnte Streichert-Clivot ab. Nicht jeder Schüler habe zu Hause die gleichen technischen oder wohnlichen Voraussetzungen, um gut (online) lernen zu können. Dazu seien Eltern, ob alleinerziehend oder nicht, nach diesem Jahr am Ende ihre Urlaubstage angelangt, die Überstunden seien abgefeiert. Kurzum: Die Familien stünden unter Druck. Daher will Streichert-Clivot am Präsenzunterricht so lange es geht festhalten. Ein weiteres Argument der Befürworter ist, dass Eltern bei einem Hybridunterricht besser Betreuungszeiten planen könnten. Eine Quarantäne hingegen komme eher „plötzlich“, sie sei nicht planbar.