„Ohne Kunst und Kultur verarmt mein Leben“
Ich trete nächstes Jahr ein in mein 80. Lebensjahr, gehöre also zu den so genannten Vulnerablen. Dass wir das Kulturleben als eine Art nervige „Off-on-Beziehung“gestalten müssen, kann auf die Dauer unmöglich gut gehen. Und es ist ebenso nervig, wenn erklärt wird, jede Maßnahme würde in erster Linie zum Schutze der Alten und Vulnerablen getroffen. Ich plädiere ganz entschieden dafür, alle kulturellen Institutionen auf Dauer geöffnet zu halten. Kein Vulnerabler wird gezwungen, am öffentlichen Kulturleben teilzunehmen; es ist seine freie Entscheidung. Ich will für Kunst und Kultur nicht unbedingt sterben, aber ohne ein lebendiges Kulturangebot wäre mein Leben in hohem Maße verarmt. „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“(Schiller). Deshalb möchte ich mich an den vielfältigen Formen des Spielens weiter erfreuen können. Gehe ich dabei ganz bewusst das Risiko schwerer Krankheit (oder gar des Todes) ein, so werde ich damit nicht zwangsläufig zur Belastung unseres Gesundheitswesens. Und selbst wenn, dann sei hier Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zitiert: „Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit so nicht richtig.“Das heißt für mich auch: Das kulturelle Leben hat nicht vor dem Schutz des Lebens zurückzutreten. Es lebe die Kunst, es lebe die Kultur!
Bernd Reutler, pensionierter Regisseur und Autor