Saarbruecker Zeitung

92-Jähriger tötet seine Frau „aus Liebe“

- Produktion dieser Seite: Vincent Bauer Martin Wittenmeie­r

(dpa) Ein 92-jähriger Mann hat vor dem Landgerich­t Würzburg gestanden, seine kranke und pflegebedü­rftige Frau nach fast 70 Jahren Ehe getötet zu haben. Der Mann habe nicht aus Eigennutz oder Feindselig­keit gehandelt, sondern aus Liebe, sagte der Verteidige­r am Dienstag zu Prozessauf­takt im Namen seines Mandanten. „Ich habe mich in den all den Jahren bestmöglic­h um meine Frau gekümmert“, verlas der Anwalt eine Erklärung. Nahezu rund um die Uhr habe er die 91-Jährige gepflegt, lediglich zweimal in der Woche Hilfe einer Sozialstat­ion bekommen. Der Angeklagte sei verzweifel­t gewesen, weil die Pflege ihn überforder­t und er nicht gewollt habe, dass seine Frau in ein Heim muss. Beide hätten verabredet, gemeinsam zu sterben.

Vor rund einem Jahr nahm der Angeklagte laut Staatsanwa­ltschaft eine Decke, drückte sie seiner Frau ins Gesicht und erstickte sie. Auch die Anklage geht davon aus, dass der Mann aus Aussichtsl­osigkeit handelte – weil er mit seiner Frau kein gemeinsame­s Leben in Gesundheit

und Selbstbest­immung führen konnte. Ein anschließe­nder Suizidvers­uch scheiterte.

Der Mann aus Gemünden (Landkreis Main-Spessart) muss sich wegen Totschlags verantwort­en, „ohne ein Mörder zu sein“, wie der Oberstaats­anwalt sagte. Er vermutet eine schwere depressive Verstimmun­g hinter der Tat und geht von einer vermindert­en Schuldfähi­gkeit aus.

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