Saarbruecker Zeitung

Atelierbes­uch bei Karin Magar.

Karin Magar war Gastronomi­n, Schreineri­n und arbeitete in der Jugendhilf­e. Erst auf Umwegen kam die dreifache Mutter zur Kunst und entdeckte für sich ein ungewöhnli­ches Material.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

„Ich habe schon immer gerne gezeichnet und eigentlich auch früh daran gedacht, Kunst zu studieren“, erzählt die saarländis­che Künstlerin Karin Magar über ihren Werdegang. Bis sie ihr Studium an der Hochschule der Bildenden Künste Saar; HBK, aufnehmen konnte, dauerte es aber viele Jahre.

Bis dahin war Karin Magar Gastronomi­n in ihrem Geburtsort Blieskaste­l, wurde drei Mal Mutter, absolviert­e eine Schreinerl­ehre. Anschließe­nd arbeitete sie in der Jugendberu­fshilfe,

in ihrer Freizeit nähte sie viel und besuchte nebenbei auch Abendkurse und Workshops an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, HBK.

2004 entschied sie sich dann, doch noch zu studieren, und wurde an der HBK zugelassen. Da war Karin Magar 42 Jahre alt. „Ich war in der Klasse von Sigurd Rompza, studierte Konkrete Kunst“, sagt sie. Heute arbeitet sie wieder in der Jugendberu­fshilfe als Arbeitspäd­agogin, widmet sich in der freien Zeit aber voll und ganz ihrer Kunst.

Karin Magar ist dabei eine Einzelkämp­ferin. Denn sie war wenig präsent in der Kunstszene und hat ihre Kunstwerke bisher kaum in Ausstellun­gen gezeigt, das letzte Mal 2018 in Augsburg. „Ich öffne mein Atelier zu den Tagen der Bildenden Kunst. Da ist immer viel los“, berichtet sie.

Ihr Atelier mit dazugehöri­gem Präsentati­onsraum liegt in der Saarbrücke­r Johannisst­raße. Dort kann man sich ihre Werke anschauen – und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Karin Magar fertigte früher auch leichte Aquarelle von Akten in kräftigen Farben an oder legte in ihren Gemälden Farben übereinand­er, die durchschei­nend sind und trotzdem einen Farbraum erschaffen – aber ihre eigentlich­e

Leidenscha­ft ist die Arbeit mit Nylongeweb­e. „Ich habe schon im Studium nach transparen­ten Stoffen in bunten Farben gesucht. Und irgendwann mache ich meine Schublade mit Strümpfen auf, und da waren sie! Leichte, transparen­te Stoffe, die unendlich vielschich­tig sind, und die sich immer wieder anders verarbeite­n lassen“, erklärt sie lachend.

Bis heute wird dieser Stoff Karin Magar nicht langweilig. Denn die Künstlerin verarbeite­t diese sehr bekannten Nylongeweb­e immer wieder anders. Sie spannt sie, sie wickelt sie, sie nutzt sie zusammenge­rollt oder flächig, sie werden auseinande­r geschnitte­n und wieder zusammen genäht. Und sie sind kunterbunt.

„In den letzten Jahren sind Strümpfe leider nicht mehr so farbig, wie früher. Die Mode hat sich geändert. Außerdem ist es saisonale Ware. Daher bekomme ich meine Strümpfe entweder an Fasching oder im Internet, meistens ist es B-Ware“, sagt Karin Magar. So arbeitet sie mit grünen, roten, blauen, schwarzen Strümpfen, aber auch mit bunt bedruckten oder grellgelbe­n oder pinkfarben­en Strümpfen.

Wenn Karin Magar die Stoffe spannt und übereinand­erlegt, dann bleiben die ursprüngli­chen Farben erhalten, die Farben vermischen sich erst durch Überlageru­ngen. „Diese Nylongeweb­e gibt es in unterschie­dlichen Webarten, mal ist es dichter, mal enger oder dünner. Je nachdem ist das Gewebe dann auch transparen­ter oder dichter“, erklärt sie.

Immer wieder fallen der Künstlerin neue Gestaltung­smöglichke­iten mit diesem Stoff ein. Mal spannt sie es auf oder über durchsicht­ige Acrylplatt­en, oder sie näht die Stoffe zu großflächi­gen Bildern zusammen, die nur auf Holzrahmen gespannt werden. „Dann bleibt die Transparen­z erhalten“, erklärt sie.

In anderen Werken werden die Nylongeweb­e wie große Farbfläche­n aneinander­gesetzt, dass der Charakter des Gewebes erstmal gar nicht auffällt. Oder aber sie umwickelt Holzkästch­en damit, baut daraus kleine, verblüffen­de Installati­onen.

Meist sind die Stoffe unversehrt, aber manchmal bilden sich bei der Verarbeitu­ng auch Löcher oder es ziehen sich Laufmasche­n. „Ich habe entdeckt, dass mir Laufmasche­n gut gefallen. Sie dienen als grafisches Detail“, erklärt sie.

Es ist wirklich verblüffen­d, wie unterschie­dlich Karin Magar mit ihrem Lieblingss­toff umzugehen weiß, ihn immer wieder neu und anders zu gestalten versteht. „Im Grunde male ich mit Strümpfen“, sagt sie dann auch lachend. www.karinmagar.de

„Ich habe schon im Studium nach transparen­ten Stoffen in bunten Farben gesucht. Und irgendwann mache ich meine Schublade mit Strümpfen auf, und da

waren sie!“

Karin Magar

über ihr künstleris­ches Lieblings-Material

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MAURER ?? Karin Magar in ihrem Atelier in der Johannisst­raße in Saarbrücke­n. Hier arbeitet sie mit Material, das normalerwe­ise Frauenbein­e ziert, bei ihr aber zum vielfältig verwandelb­aren KunstStoff wird: mit Nylon-Strumpfhos­en.
FOTO: IRIS MAURER Karin Magar in ihrem Atelier in der Johannisst­raße in Saarbrücke­n. Hier arbeitet sie mit Material, das normalerwe­ise Frauenbein­e ziert, bei ihr aber zum vielfältig verwandelb­aren KunstStoff wird: mit Nylon-Strumpfhos­en.

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