Der Einzelkämpfer rast zu Doppel-Gold
Maximilian Levy holt bei der Bahnrad-EM in Bulgarien zwei Titel und ist froh, dass er das Abenteuer auf sich genommen hat.
(sid) Maximilian Levy (33) legte die rechte Hand aufs Herz und lauschte innig den Klängen der Nationalhymne. Nach seinem Coup mit Doppel-Gold bei der Bahnrad-EM im bulgarischen Plovdiv war der Routinier sichtlich gerührt. Als einziger deutscher Starter hatte er die vielen Widrigkeiten auf sich genommen, am Ende zahlte es sich aus.
„Man denkt in einem solchen Moment auch daran, wieviel Zeit man investiert hat“, sagte Levy über den Moment der Siegerehrung und freute sich schon auf die Rückkehr nach Cottbus, wo Ehefrau Madeleine, selbst mehrfache deutsche Meisterin auf dem Rad, und die drei Kinder auf ihn warteten.
„Es war eine Super-Reise. Ich bin überglücklich. Ich habe eine Bestätigung für meine Leistungsfähigkeit gesucht“, schwärmte der dreimalige Medaillengewinner bei
Olympischen Spielen, der frischen Rückenwind für das große Ziel im kommenden Sommer verspürte. „Das gibt mir Mut für die nächsten Monate und Schwung für die
Olympischen Spiele in Tokio“, sagte Levy, der vor der Teilnahme an seinen vierten Sommerspielen steht.
Dabei waren die Voraussetzungen für einen EM-Start alles andere als günstig. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hatte wegen der großen Corona-Gefahr in Plovdiv sein komplettes Team, darunter auch die Völklingerin Lisa Klein, von der EM zurückgezogen. Levy hielt an seinem Traum fest und fuhr nach Absprache mit dem Verband auf eigene Faust nach Bulgarien. „Es lohnt sich immer, für seine Visionen zu kämpfen“, meinte er im Anschluss.
Im Velodrom von Plovdiv zeigte Levy vor allem im Sprint seine ganze Klasse. In den Rennen um Gold setzte er sich gegen den früheren russischen Weltmeister und Olympiadritten Denis Dmitrijev mit 2:0 durch. „Das war schon cool herausgefahren“, sagte Levy über seine Performance.
Am Samstag ließ der Lausitzer Gold im Keirin folgen und siegte auch hier vor Dmitrijev. „Ich bin sprachlos, wie gut das alles funktioniert hat“, meinte Levy danach. Auch wenn viele Top-Fahrer vor allem aus den Niederlanden bei der EM nicht am Start waren, tat das der Freude des Einzelkämpfers keinen Abbruch. Nach seinen Siegen nahm er auch Kontakt mit dem Verband auf, sprach mit dem Bundestrainer und Sportdirektor. Es gebe keine Irritationen, erklärte Levy, der als Profi auch von Startgeldern lebt. Im Vorfeld hatte er gedacht, im Tennis und im Fußball wird gespielt, auch die Tour de France darf starten, „warum soll das nicht auch bei uns gehen?“
Zumindest sportlich zahlte sich das Risiko aus. Dabei hatte Levy die Europameisterschaften zu Saisonbeginn noch gar nicht auf dem Plan. „Wenn Corona nicht gewesen wäre, wäre ich nicht zur EM gefahren“, erklärte der frühere Weltmeister, „weil dann ein Start bei Olympia wichtiger gewesen wäre“.