Corona-Chaos überschattet den DFB-Erfolg
Deutsche Nationalmannschaft besiegt in Nations League die Ukraine mit 3:1 und hat am Dienstag nun ein „Finale“gegen Spanien.
(sid) Joachim Löw war hinund hergerissen, der Gegenwind nach dem Corona-Chaos von Leipzig berührte ihn. „Dass es viele Fälle und Probleme gibt, dass sich die Menschen darüber unterhalten und ihnen das alles auch Sorgen bereitet, kann ich nachvollziehen“, sagte der Bundestrainer: „Aber wenn Spiele angesetzt sind, können wir nicht im Hotel bleiben und sagen: Wir fahren jetzt nicht ins Stadion. Es ist unsere Aufgabe, das zu tun.“
Bundestrainer Joachim Löw
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft fuhr am Samstagabend in die Leipziger Arena und siegte dort 3:1 (2:1) gegen die Ukraine. Damit erspielte sich die DFB-Auswahl zum Jahresabschluss an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ARD) ein „Finale“um den Nations-League-Gruppensieg in Sevilla gegen Spanien. Und bei der Auslosung zur WM-Qualifikation ist ihr der Lostopf 1 nun sicher. Dicken Brocken wie Frankreich und England geht das Löw-Team damit aus dem Weg. Doch das Sportliche interessierte nur am Rande.
„Die Nationalmannschaft gewinnt, der Fußball verliert“, titelte der Spiegel, viele Medien-Kommentare gingen in die gleiche Stoßrichtung.
Fünf positive Coronatests bei der Ukraine hatten die Austragung des Spiels bis wenige Stunden vor dem Anpfiff gefährdet – und generell die Sinnfrage zugelassen. Ist es richtig, dass die DFB-Auswahl unter diesen Umständen ein Spiel bestreitet, während gleichzeitig in Deutschland Restaurants, Theater sowie Kinos geschlossen sind und der Schulunterricht gefährdet ist?
„Ich bin der falsche Ansprechpartner“, sagte Löw fast schon entschuldigend: „Ich bin Trainer und habe nicht die Entscheidungsgewalt.“Die lag als Organisatoren bei der Uefa und dem DFB, die von einer Spielabsage als Signal für die Corona-Bekämpfung
erwartungsgemäß absahen. Die Sportausschuss-Vorsitzende im Bundestag, Dagmar Freitag (SPD), hält die Entscheidung für „mindestens problematisch“, die Gesundheit der Spieler „dürfte bei den Verantwortlichen der Uefa eher eine nachrangige Rolle spielen.“Die Uefa kann jedoch argumentieren, dass alle zusätzlich durchgeführten Tests am Samstag negativ ausfielen.
Dass das Leipziger Gesundheitsamt allein basierend auf der Aussage des ukrainischen Teams, die Infizierten hätten keinen engen Kontakt zu anderen gehabt, keine weiteren Spieler in Quarantäne schickte, ist jedoch erstaunlich. „Ein Gesundheitsamt ist keine Polizei“, begründete Stadtsprecher Matthias Hasberg. Probleme wegen der immer knapper werdenden Testkapazitäten bekamen die Verbände auch nicht: Die Uefa hatte bei den Laboren langfristig „vorgebucht“.
The show must go on – auch für die DFB-Auswahl, die heute ins Risikogebiet Spanien fliegt. Zum Jahresabschluss steht noch mal ein Höhepunkt auf dem Plan. Im Duell gegen Spanien (nur 1:1 in der Schweiz) reicht ein Punkt für den Gruppensieg, der zur Teilnahme am Nations-League-Finalturnier im Oktober 2021 berechtigt. Doch Mauern kommt für Löw nicht infrage, er lässt die gegen die Ukraine nach dem Rückstand von Roman Jaremtschuk (12.) erfolgreichen Stürmer Timo Werner (33. und 64. Minute) und Leroy Sané (23.) sowie Bayern-Star Serge Gnabry erneut von der Leine: „Wir wollen das Spiel gewinnen und nicht irgendwas verteidigen.“
Das Team um Kapitän Manuel Neuer, der mit dem 96. Länderspiel zum alleinigen Rekordtorhüter vor Ikone Sepp Maier aufsteigen wird, und dem gegen die Ukrainer, die drei Mal den Pfosten trafen, überragenden Leon Goretzka (Löw: „Man merkt ihm die Power und Kraft an“) will auch mit Blick auf die EM im kommenden Sommer ein Zeichen setzen. „Wir sind Tabellenführer“, sagte Neuer, „und reisen mit breiter Brust nach Spanien“. Mit einem mulmigen Gefühl aber auch.
„Wir wollen das Spiel gewinnen und nicht irgendwas verteidigen.“
über das Spiel in Spanien