Bosch verzichtet in Homburg auf geplante Einschnitte
Die Beschäftigten müssen keine Einschränkungen der Arbeitszeit und Bezahlung hinnehmen, wie ursprünglich für Anfang 2021 geplant.
Für den Fahrzeug-Zulieferer Bosch in Homburg läuft es zur Zeit besser als ursprünglich absehbar war. Deshalb werden vorgesehene Einschnitte für das erste Halbjahr 2021 wie eine Arbeitszeit- und Entgeld-Verkürzung nicht umgesetzt. Damit bleibt die wöchentliche Arbeitszeit für die 3700 Mitarbeiter bei 35 Stunden. Zusätzliche Aufträge aus China sorgten dem Unternehmen zufolge für deutlich mehr Beschäftigung im Diesel-Werk. Davon profitiere in erster Linie der Bereich Nutzfahrzeuge zudem auch die Lkw-Sparte gehört. Für diese werden in Homburg Diesel-Einspritzpumpen gefertigt. Auch für die Herstellung von Pkw rufen die europäischen und deutschen Autohersteller mehr Komponenten in Homburg ab, bestätigt Tim Stegentritt, Pressesprecher von Bosch-Homburg gegenüber unserer Zeitung. „Wir sind mit der Auftragsentwicklung zufrieden“, sagt er.
Der starke Auftragseingang in Homburg seit September macht zugleich Umorganisationen im Werk erforderlich. So wird ab Januar 2021 ein neues Schichtmodell eingerichtet, das aus vier Schichtgruppen besteht. Bosch kann dann montags bis samstags im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten sowie sonntags in einer Nachtschicht.
Wegen des Mehrbedarfs in der Nutzkraftwagen-Produktion wird Personal aus der Pkw-Fertigung dorthin versetzt, zunächst für die Dauer von sechs Monaten, bestätigt Bosch-Betriebsratschef Oliver Simon. Davon sind 60 Mitarbeiter betroffen. Pressesprecher Stegentritt betont, dass ohnehin 2022 die Herstellung des „Piezo-Injektors“für Pkw im Homburger Werk ausläuft, der zweite in Homburg hergestellte Injektor CRI 220 für Diesel-Pkw aber weiterhin in voller Stückzahl produziert wird. Langfristig wird bei Bosch darüber diskutiert, den Homburger Standort weitestgehend auf die Produktion für Nutzfahrzeuge zu konzentrieren und in der Produktion zusätzlich die Brennstoffzelle zu forcieren, die als Zukunftstechnologie immer gefragter sei.
Auftragsschwankungen, mit denen man 2021 weiter rechnen müsse, wolle man ausgleichen durch Arbeitszeitkonten, Urlaub oder die bereits mit dem Betriebsrat und der IG Metall vereinbarte Umwandlung von tariflichem Zusatzgeld in acht Tage Mehrurlaub, betont Pressesprecher Stegentritt.
In der Lesart des Betriebsrates und der Gewerkschaft IG Metall stellt sich die jüngst geführte Diskussion über die Folgen der Mehraufträge etwas anders dar. So spricht die IG Metall Homburg-Saarpfalz von vielen Gesprächen in den letzten Wochen zwischen Werkleitung und
„Leider waren die Verhandlungen schwierig und konfliktbeladen.“
Ralf Reinstädtler E rster Bevollmächtigter der I G -Metall Homburg-Saarpfalz
Vertretern des Betriebsrates. „Leider waren die Verhandlungen schwierig und konfliktbeladen“, heißt es. Ralf Reinstädtler, erster Bevollmächtigter der IG-Metall Homburg-Saarpfalz verweist hier auf einen ursprünglich ebenfalls von der Unternehmensleitung verfolgten Plan, als Ersatz für die gestiegenen Anforderungen in der Nutzfahrzeug-Produktion im Gegenzug Produktionskapazitäten im Pkw-Bereich an Bosch-Standorte im Ausland zu verlagern. Darin sahen der Betriebsrat und die IG Metall einen klaren Verstoß gegen die Vereinbarungen des im April 2020 von Unternehmensleitung und Arbeitnehmer-Vertretern
verabschiedeten Standort-Sicherungsprogramms, das bis 2025 gilt. Dem damaligen Zugeständnis der Arbeitnehmervertreter zu einer Absenkung der Arbeitszeit ab 2021 und einer zeitweisen Reduzierung von Zulagen stand die Zusage der Unternehmensleitung gegenüber, betriebsbedingte Kündigungen bis 2026 auszuschließen und „auch sämtliche Fertigungsprodukte, Produktionspläne und Stückzahlen für die Zukunft festzuschreiben.“Bis zuletzt habe die Unternehmensleitung auch versucht, die Absenkung der Arbeitszeit sowie die Reduzierung von Entgelten Anfang 2021 trotzdem durchzudrücken, empört sich Bosch-Betriebsrat Simon. Dies sei eine bewusste Provokation gewesen.
Die Stimmung in der Belegschaft sei ohnehin schon gedrückt. Das liege auch an der von der Europäischen Union in Brüssel angestoßenen Diskussion über Fahrzeuge mit verbindlicher Euro 7 Abgasnorm ab 2025. Das bedeute das Ende des Verbrennungsmotors und des Diesels, schimpft Simon. „Mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien könnte man solche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren überhaupt nicht bauen.“Wer das fordere, der stelle nur eines unter Beweis: Dummheit.