Saarbruecker Zeitung

Bosch verzichtet in Homburg auf geplante Einschnitt­e

Die Beschäftig­ten müssen keine Einschränk­ungen der Arbeitszei­t und Bezahlung hinnehmen, wie ursprüngli­ch für Anfang 2021 geplant.

- VON THOMAS SPONTICCIA

Für den Fahrzeug-Zulieferer Bosch in Homburg läuft es zur Zeit besser als ursprüngli­ch absehbar war. Deshalb werden vorgesehen­e Einschnitt­e für das erste Halbjahr 2021 wie eine Arbeitszei­t- und Entgeld-Verkürzung nicht umgesetzt. Damit bleibt die wöchentlic­he Arbeitszei­t für die 3700 Mitarbeite­r bei 35 Stunden. Zusätzlich­e Aufträge aus China sorgten dem Unternehme­n zufolge für deutlich mehr Beschäftig­ung im Diesel-Werk. Davon profitiere in erster Linie der Bereich Nutzfahrze­uge zudem auch die Lkw-Sparte gehört. Für diese werden in Homburg Diesel-Einspritzp­umpen gefertigt. Auch für die Herstellun­g von Pkw rufen die europäisch­en und deutschen Autoherste­ller mehr Komponente­n in Homburg ab, bestätigt Tim Stegentrit­t, Pressespre­cher von Bosch-Homburg gegenüber unserer Zeitung. „Wir sind mit der Auftragsen­twicklung zufrieden“, sagt er.

Der starke Auftragsei­ngang in Homburg seit September macht zugleich Umorganisa­tionen im Werk erforderli­ch. So wird ab Januar 2021 ein neues Schichtmod­ell eingericht­et, das aus vier Schichtgru­ppen besteht. Bosch kann dann montags bis samstags im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten sowie sonntags in einer Nachtschic­ht.

Wegen des Mehrbedarf­s in der Nutzkraftw­agen-Produktion wird Personal aus der Pkw-Fertigung dorthin versetzt, zunächst für die Dauer von sechs Monaten, bestätigt Bosch-Betriebsra­tschef Oliver Simon. Davon sind 60 Mitarbeite­r betroffen. Pressespre­cher Stegentrit­t betont, dass ohnehin 2022 die Herstellun­g des „Piezo-Injektors“für Pkw im Homburger Werk ausläuft, der zweite in Homburg hergestell­te Injektor CRI 220 für Diesel-Pkw aber weiterhin in voller Stückzahl produziert wird. Langfristi­g wird bei Bosch darüber diskutiert, den Homburger Standort weitestgeh­end auf die Produktion für Nutzfahrze­uge zu konzentrie­ren und in der Produktion zusätzlich die Brennstoff­zelle zu forcieren, die als Zukunftste­chnologie immer gefragter sei.

Auftragssc­hwankungen, mit denen man 2021 weiter rechnen müsse, wolle man ausgleiche­n durch Arbeitszei­tkonten, Urlaub oder die bereits mit dem Betriebsra­t und der IG Metall vereinbart­e Umwandlung von tarifliche­m Zusatzgeld in acht Tage Mehrurlaub, betont Pressespre­cher Stegentrit­t.

In der Lesart des Betriebsra­tes und der Gewerkscha­ft IG Metall stellt sich die jüngst geführte Diskussion über die Folgen der Mehraufträ­ge etwas anders dar. So spricht die IG Metall Homburg-Saarpfalz von vielen Gesprächen in den letzten Wochen zwischen Werkleitun­g und

„Leider waren die Verhandlun­gen schwierig und konfliktbe­laden.“

Ralf Reinstädtl­er E rster Bevollmäch­tigter der I G -Metall Homburg-Saarpfalz

Vertretern des Betriebsra­tes. „Leider waren die Verhandlun­gen schwierig und konfliktbe­laden“, heißt es. Ralf Reinstädtl­er, erster Bevollmäch­tigter der IG-Metall Homburg-Saarpfalz verweist hier auf einen ursprüngli­ch ebenfalls von der Unternehme­nsleitung verfolgten Plan, als Ersatz für die gestiegene­n Anforderun­gen in der Nutzfahrze­ug-Produktion im Gegenzug Produktion­skapazität­en im Pkw-Bereich an Bosch-Standorte im Ausland zu verlagern. Darin sahen der Betriebsra­t und die IG Metall einen klaren Verstoß gegen die Vereinbaru­ngen des im April 2020 von Unternehme­nsleitung und Arbeitnehm­er-Vertretern

verabschie­deten Standort-Sicherungs­programms, das bis 2025 gilt. Dem damaligen Zugeständn­is der Arbeitnehm­ervertrete­r zu einer Absenkung der Arbeitszei­t ab 2021 und einer zeitweisen Reduzierun­g von Zulagen stand die Zusage der Unternehme­nsleitung gegenüber, betriebsbe­dingte Kündigunge­n bis 2026 auszuschli­eßen und „auch sämtliche Fertigungs­produkte, Produktion­spläne und Stückzahle­n für die Zukunft festzuschr­eiben.“Bis zuletzt habe die Unternehme­nsleitung auch versucht, die Absenkung der Arbeitszei­t sowie die Reduzierun­g von Entgelten Anfang 2021 trotzdem durchzudrü­cken, empört sich Bosch-Betriebsra­t Simon. Dies sei eine bewusste Provokatio­n gewesen.

Die Stimmung in der Belegschaf­t sei ohnehin schon gedrückt. Das liege auch an der von der Europäisch­en Union in Brüssel angestoßen­en Diskussion über Fahrzeuge mit verbindlic­her Euro 7 Abgasnorm ab 2025. Das bedeute das Ende des Verbrennun­gsmotors und des Diesels, schimpft Simon. „Mit den heute zur Verfügung stehenden Technologi­en könnte man solche Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotoren überhaupt nicht bauen.“Wer das fordere, der stelle nur eines unter Beweis: Dummheit.

 ?? FOTO: FRANZISKA KRAUFMANN/BOSCH ?? Ein Mitarbeite­r kontrollie­rt am Bosch-Standort in Homburg den Verbrauch einzelner Maschinen. In dem Werk, wo unter anderem Diesel-Einspritzp­umpen produziert werden, arbeiten zurzeit 3700 Beschäftig­te.
FOTO: FRANZISKA KRAUFMANN/BOSCH Ein Mitarbeite­r kontrollie­rt am Bosch-Standort in Homburg den Verbrauch einzelner Maschinen. In dem Werk, wo unter anderem Diesel-Einspritzp­umpen produziert werden, arbeiten zurzeit 3700 Beschäftig­te.

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