USA fliegen wieder selbst ins All
Die „Crew Dragon“hat ihre erste reguläre Mission begonnen. Weltraum-Flüge aus den USA sollen jetzt wieder zur Normalität werden.
Jahrelang mussten die USA in Sachen Raumfahrt auf Russlands Hilfe bauen. Nun ist das private Unternehmen SpaceX zu seiner ersten offiziellen Mission von amerikanischem Boden gestartet.
(dpa/ap) Ein halbes Jahr nach seinem historischen Jungfernflug ist das Raumschiff „Crew Dragon“des Unternehmens SpaceX zum ersten Mal für eine reguläre Mission ins Weltall gestartet. In der Nacht auf Montag deutscher Zeit hob die Kapsel mit vier Astronauten an Bord in Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida ab, wie Live-Aufnahmen der Raumfahrtbehörde Nasa zeigten. Mit dem Flug übernimmt das Privatunternehmen SpaceX den Transport von Stammbesatzungen zur ISS. Wegen rauer See war der Start um einen Tag verschoben worden, damit ein Spezialfahrzeug zur Aufnahme der wiederverwendbaren Raketenstartstufe rechtzeitig seine Position im Atlantik erreichen konnte.
Unmittelbar nach dem Start gratulierte der gewählte US-Präsident Joe Biden auf Twitter. Der Start sei ein Beleg für die Kraft der Wissenschaft „und für das, was wir erreichen können, wenn wir unsere Innovation, Einfallsreichtum und Entschlossenheit zäumen“. Der amtierende US-Präsident Donald Trump feierte später den „großartigen Start“auf Twitter. Die Nasa sei bei seiner Machtübernahme ein Desaster gewesen, inzwischen sei die
Raumfahrtagentur „wieder zum ‚heißesten’ und fortgeschrittensten Weltraumzentrum der Welt bei Weitem geworden“, schrieb Trump.
Die „Crew Dragon“startete an der Spitze einer „Falcon 9“-Rakete, deren erste Stufe nach einigen Minuten wie geplant zur Erde zurückkehrte und auf einer schwimmenden Plattform landete. „Das war ein Wahnsinnsritt“, sagte der Kommandeur, Mike Hopkins, nachdem die Raumkapsel die Umlaufbahn erreicht hatte. Die Kapsel wird voraussichtlich am frühen Dienstagmorgen deutscher Zeit nach mehr als 27 Stunden Flug an der Internationalen Raumstation ISS andocken. Die Besatzung besteht neben Hopkins aus der Physikerin
Shannon Walker, dem Navy-Kommandeur Victor Glover sowie dem japanischen Astronauten Soichi Noguchi, der als erste Person in beinahe 40 Jahren in drei verschiedenen Raumschifftypen abgehoben hat. Die Astronauten nannten ihre Kapsel „Resilience“, „Widerstandsfähigkeit“, mit einem Verweis nicht nur auf die Herausforderungen durch die Pandemie, sondern auch ethnische Ungleichheit und umstrittene Politik in den USA.
Auf der ISS soll das Quartett sechs Monate bleiben und einige Experimente überwachen. Auf der Station befinden sich bereits die US-amerikanische
Astronautin Kate Rubins sowie ihre russischen Kollegen Sergej Ryschikow und Sergej Kud-Swertschkow.
Die neu anreisende Besatzung ist die erste, die regulär mit der „Crew Dragon“zur ISS fliegt, nachdem der bemannte Test im Frühjahr erfolgreich war. Die beiden US-Astronauten Douglas Hurley und Robert Behnken waren bei diesem Test im Mai zur ISS aufgebrochen und im August zurückgekehrt. Es war nach fast neunjähriger Pause das erste Mal, dass Astronauten wieder von amerikanischem Boden aus in den Orbit starteten – und das erste Mal, dass sie von einem privaten Raumfahrtunternehmen befördert wurden. SpaceX hatte zuvor nur Fracht zur ISS transportiert.
US-Vizepräsident Mike Pence reiste aus Washington an, um den Start zu beobachten. „Ich habe bis etwa eine Minute nach dem Start nicht geatmet“, sagte Pence, und gratulierte den Mitarbeitern des Unternehmens. SpaceX-Gründer Elon Musk musste zu Hause bleiben, weil er sich nach eigenen Angaben wahrscheinlich mit dem Coronavirus infiziert hat.
Zuletzt waren im Sommer 2011 Astronauten von amerikanischem Boden mit der Raumfähre „Atlantis“zur ISS geflogen. Danach mottete die Nasa ihre Space-Shuttle-Flotte aus Kostengründen ein und war seither für ISS-Missionen auf Russland angewiesen. Das war mit rund 80 Millionen Euro pro Flug in der Sojus-Kapsel ebenfalls teuer – und kratzte am amerikanischen Ego.
Bis zuletzt waren die USA für ISS-Missionen von Russland abhängig.