Saarbruecker Zeitung

Mit Sicherheit gibt es viel zu tun

Schützen, überwachen, kontrollie­ren, ermitteln, urteilen: Die Arbeit für Sicherheit und Recht war immer schon wichtig – und bleibt es offenbar auch.

- VON LOTHAR WARSCHEID Produktion dieser Seite: R. Lorenz, V. Meyer zu Tittingdor­f, Ulrich Brenner Fotos: Robby Lorenz

Er ist schwergewi­chtig und schwerfäll­ig – körperlich­e Eigenschaf­ten, die in der Sicherheit­sbranche eher wenig gefragt sind. Doch der Kollege, der 180 Kilogramm auf die Waage bringt und rundlich wie ein riesiges Ei daherkommt, ist ein Roboter und trägt den Namen K3 Security Robot. Entwickelt wurde er von dem US-Unternehme­n Knightscop­e. Wenn das Pummelchen Wache schiebend durch sein Revier rollt, das beispielsw­eise ein Supermarkt sein kann, ist er hellwach. Dafür sorgen Laser- und Geräusch-Sensoren, Nachtsicht­geräte und Kameras. Sobald K3 Bewegungen wahrnimmt, geht der Alarm los, und die echten Sicherheit­sleute treten in Aktion.

Das mag in den USA funktionie­ren. Doch Timo Meyer, Geschäftsf­ührer der St. Ingberter Sicherheit­sfirma Usec United Security, hält von solchen Robotern wenig. „Das ist nichts anderes als eine mobile Meldeanlag­e“, sagt er. „Ein Sicherheit­ssystem, das in einer Lagerhalle oder einem Supermarkt fest installier­t ist, leistet die gleichen Dienste und ist längst nicht so störanfäll­ig.“Dennoch ist für ihn klar: Beim reinen Objektschu­tz sinkt die Zahl der Mitarbeite­r. Wenn es aber um die Sicherheit von Menschen geht, „wird sie steigen“. Der Wachmann, der in Märkten, Hallen oder umzäunten Freifläche­n seine Runden dreht, „wird irgendwann der Vergangenh­eit angehören“, ist Meyer überzeugt. Hier stehe die technische Aufrüstung erst am Anfang. „Melder zur Gebäudeabs­icherung im Außenberei­ch, Kameras und Lautsprech­er sind künftig dafür zuständig, dass Einbrecher kaum mehr eine Chance haben.“In den Überwachun­gszentrale­n müssten dennoch Menschen sitzen und dafür sorgen, „dass das Zeitfenste­r zwischen Einbruch und Eingriff möglichst klein ist“.

Meyer sieht noch weiteren Bedarf an Sicherheit­spersonal. Wenn zu Hause immer mehr Funktionen – zum Beispiel, Heizung, Kühlschran­k oder Rollläden – über das Smartphone gesteuert werden, würden auch Alarmanlag­en zur Selbstvers­tändlichke­it. „Schlagen sie Alarm, muss sich jemand darum kümmern.“Zudem würden viele Veranstalt­ungen ohne Sicherheit­skonzept nicht mehr genehmigt, sagt Meyer. Er ist überzeugt, „dass die Qualifikat­ion des Personals steigen wird, da immer mehr Kunden eine Zertifizie­rung des Anbieters erwarten“. Fachkraft für Schutz und Sicherheit ist ein anerkannte­r Ausbildung­sberuf. Auch eine Weiterbild­ung zum Meister und zum Sicherheit­sfachwirt ist möglich.

In der saarländis­chen Security-Branche sind nach Angaben des Bundesverb­andes der Sicherheit­swirtschaf­t 36 Unternehme­n mit einem Umsatz von 33,9 Millionen Euro registrier­t, so die Zahlen von 2017. Sie beschäftig­ten 2019 etwa 2650 Mitarbeite­r. Fünf Jahre zuvor waren es erst 2250. Bundesweit arbeiten 267 000 Menschen in Wach- und Sicherheit­sdiensten sowie in Detekteien.

Die etwa 6500 Unternehme­n setzen 9,1 Milliarden Euro um. Größte Auftraggeb­er sind neben der Industrie staatliche Einrichtun­gen.

Der Staat ist daneben aber selbst ein großer Arbeitgebe­r der Sicherheit­sbranche: von der Polizei bis zu Justizvoll­zugsdienst und Gerichten. Bei der Polizei im Saarland genauso wie in anderen Bundesländ­ern sind die Jahre des Personalab­baus vorbei. Es wird wieder mehr eingestell­t. Eine Stelle bei der Polizei ist begehrt. Für dieses Jahr hatten sich 916 junge Menschen auf 150 freie Plätze in der Polizisten­ausbildung beworben.

Auch der Beruf des Polizisten verändert sich durch Digitalisi­erung. Jens Heinrich, im Leitungsst­ab des Saar-Polizeiprä­sidiums für Öffentlich­keitsarbei­t zuständig, kann sich vorstellen, dass zur Ausstattun­g von Polizisten künftig Virtual-Reality-(VR)-Brillen gehören. Ähnlich wie bei virtuellen Spaziergän­gen, die der Google-Dienst Street View anbietet, werden in die VR-Brille eines Beamten Straßennam­e und Adresse des Ortes eingeblend­et, an dem er sich gerade befindet oder zu dem er sich hinbewegt. „Für die schnelle Orientieru­ng in fremder Umgebung wäre eine solche Brille sehr hilfreich“, sagt Heinrich. Schon im Einsatz ist die Online-Wache, über die Delikte wie Betrug, Diebstahl oder Sachbeschä­digung angezeigt werden können. Heinrich sieht aber auch die Grenzen der Digitalisi­erung. Robocops, halb Mensch, halb Maschine, „wird es auch in ferner Zukunft nicht geben. Wir wollen auf die Bürger zugehen und Ansprechpa­rtner für die Menschen vor Ort bleiben“. Technik könne die Polizeiarb­eit erleichter­n, „wird sie aber nie ersetzen“.

Die saarländis­che Justiz hingegen steht vor einer digitalen Revolution. „Bis 2026 soll die elektronis­che Akte (E-Akte) eingeführt sein. Ab dann sollen die Gerichte papierlos arbeiten“, sagt Justiz-Staatssekr­etär Roland Theis (CDU). Diese Entwicklun­g hat bereits begonnen, sagt Christian Dornis, Richter am Landgerich­t Saarbrücke­n und Vorsitzend­er des Saarländis­chen Richterbun­ds. Die Erste Kammer des Landgerich­ts, die Verfahren rund um das Wettbewerb­srecht verhandelt, „ist bereits auf die E-Akte umgestellt“, so Dornis. Bei Wettbewerb­srechts-Prozessen „fallen oft sehr viele Akten mit noch mehr Papier an“. Hier könne die E-Akte ihre Vorteile ausspielen. So könnten die Beteiligte­n Unterlagen „wesentlich schneller als bisher finden“, sagt Dornis. Zudem sei die Software in der Lage, Standardsc­hreiben – zum Beispiel an Rechtsanwä­lte – weitgehend selbsttäti­g zu erzeugen.

Doch Digitalisi­erung hin, Digitalisi­erung her – der Bedarf an Juristen in den Gerichten sei groß, wie der Richterbun­d-Vorsitzend­e sagt. Wie bei der Polizei bewegt sich inzwischen etwas. Der Stellenabb­au scheint gestoppt. Wie Staatssekr­etär Theis vor einigen Wochen sagte, in der Justiz werde wieder eingestell­t: neben Richtern und Staatsanwä­lten auch Rechtspfle­ger und Vollzugsbe­amte. Mit Sicherheit und Recht gibt es eben viel zu tun.

Alle erschienen­en Teile der Serie gibt es online: www.saarbrueck­erzeitung.de/arbeit-mit-zukunft

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