Saarbruecker Zeitung

Fraktionen kritisiere­n „Querdenken“-Aktion

Die Parteien im saarländis­chen Landtag sehen im Demonstrat­ionsrecht dennoch ein „hohes Gut“, das es zu wahren gilt.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

sei nicht zu akzeptiere­n wie die Menschen sich dort verhalten hätten, sagt Ulrich Commerçon, SPD-Fraktionsc­hef im Saar-Landtag. Gemeint ist die „Querdenken“-Aktion am Sonntag in Saarbrücke­n mit rund 500 Personen – trotz Demo-Verbot. Zum größten Teil wurden Mindestabs­tände nicht eingehalte­n und keine Masken getragen (wir berichtete­n). „Es ist massiv gegen Recht und Gesetz verstoßen worden.“Sofern bekannt, müssten Ordnungswi­drigkeiten und Straftaten verfolgt werden, fordert Commerçon.

Das Demonstrat­ionsrecht sei zwar ein sehr hohes Gut in Deutschlan­d. Es müsse weiter möglich sein, gegen alles zu demonstrie­ren, was man für falsch halte. Man müsse sich aber an Regeln halten und dürfe niemanden gefährden. Letztlich gebe es Wichtigere­s,

um das man sich sorgen müsse. Etwa die Situation in Seniorenhe­imen und die vielen Corona-Toten in der älteren Generation. „Wir sollten uns in unserer Gesellscha­ft viel mehr damit beschäftig­ten, statt mit irgendwelc­hen Deppen, die sich gegen Recht und Gesetz auf die Straße begeben.“

Die Meinungsfr­eiheit sei wichtig. Er habe aber „kein Verständni­s dafür, wenn ein Gedenktag für einen solchen Klamauk missbrauch­t wird“, sagt CDU-Fraktionsc­hef Alexander Funk. Es sei „besorgnise­rregend“, dass die Teilnehmer bei der Aktion zuweilen keine Masken getragen haben, und gleichzeit­ig „widerlich“, wie sie andere Bürger damit gefährden würden. Die „Querdenker“-Bewegung sei sehr diffus. Sie distanzier­e sich nicht von gewissen Gruppierun­gen, sondern möchte, „dass möglichst viele mitmarschi­eren – egal ob Esoteriker mit Aluhüten oder rechtsradi­kale Nazis“.

Ulrich Commerçon

Deswegen fordert Funk zu prüfen, ob innerhalb der Bewegung „rechtsextr­emistische Tendenzen enthalten sind“, und diese vom Verfassung­sschutz beobachten zu lassen.

Jeder habe das Recht, auch in Krisenzeit­en zu demonstrie­ren, sagt Jochen Flackus, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer

der Linksfrakt­ion. Dafür gebe es aber Auflagen. „Und wer sich nicht daran hält, muss damit rechnen, dass eine Demo aufgelöst wird.“Ein wesentlich­er Punkt, der hinter einer Bewegung wie „Querdenken“stecke, sei, dass die Bürger zunehmend das Gefühl hätten, die Regierung hätte die Krise nicht mehr im Griff. „Es ist auch Ausdruck der mangelnden Krisenkomm­unikation und Ergebnis, dass die Parlamente nicht in ausreichen­der Form an dieser Diskussion beteiligt werden.“Ob nun zu Recht oder Unrecht, die Bewegung biete ein Ventil, sagt Flackus.

Seine Partei habe sich auf einem Bundeskonv­ent darauf geeinigt, sich nicht an der Bewegung zu beteiligen, sagt AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr. „Einzelne können aber tun, was sie für richtig halten. Da kann eine Partei keine Vorschrift­en machen.“Dass sich einige Bürger am „Rande des Gesetzes“treffen und Vorschrift­en nicht einhielten, sei Folge einer „fehlenden klaren Linie und fehlender, objektiver Informatio­nen“, bewertet Dörr die „Querdenker“. Eine Demonstrat­ion oder eine Versammlun­g wie am Sonntag sei demnach ein „Stück Rebellion“. Das Demonstrat­ionsrecht müsse auch in dieser Situation gewahrt werden, sagt Afd-Vizefrakti­onschef Rudolf Müller.

Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) betont, dass Kritik an der Politik oder den derzeit geltenden Maßnahmen zum Ausdruck zu bringen, legitim sei und möglich sein müsse. „Aber wir dürfen es nicht hinnehmen, dass die Demonstrie­renden in beschämend­er Weise unter Vorwand einer Gedenkvera­nstaltung zum Volkstraue­rtag die breite Akzeptanz der Anti-Corona-Maßnahmen infrage stellen und die Gesundheit vieler Menschen aufs Spiel setzen.“

„Deppen, die

sich gegen Recht und Gesetz auf die

Straße begeben“

SPD -Fraktionsc­hef

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FOTOS: BECKERBRED­EL/DIETZE/DPA Bei der „Querdenken“-Aktion in Saarbrücke­n mit rund 500 Teilnehmer­n wurden am Sonntag die Mindestabs­tände kaum eingehalte­n. Viele Menschen trugen auch keine Masken.
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