Der Sonnenschein ist zurück, um zu helfen
Michelle Grandinetti hat ihre Volleyball-Karriere beendet, um sich auf ihre berufliche Zukunft zu konzentrieren. Nach fast acht Monaten ist das Vereinsurgestein zurück beim Zweitligisten TV Holz. Früher als erwartet und in neuer Rolle.
Beim Stand von 19:12 im dritten Satz ist es so weit in der Multifunktionshalle der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken: Im Heimspiel des Volleyball-Zweitligisten TV Holz gegen den TV Planegg-Krailling steht es 1:1 nach Sätzen. Der Holzer Trainer Henner Brockmeier wechselt die Rückkehrerin ein. Mit Michelle Grandinetti gewinnen die Holzerinnen die Partie mit 3:1 und belegen vor dem Topspiel an diesem Samstag, 21. November, um 19 Uhr an der Sportschule gegen den Tabellendritten VC Neuwied mit drei Punkten Rückstand weiterhin Rang vier. Den kommenden Gegner konnten die Saarländerinnen in der 2. Liga noch nie bezwingen.
„Ich hatte sowieso gesagt, dass ich immer mal wieder mittrainieren möchte, um ein bisschen Sport zu machen“, erzählt Michelle Grandinetti. Die 28-Jährige hatte am 1. März nach 22 Jahren zum vorerst letzten Mal für den TV Holz aufgeschlagen. Grandinetti spielte mit ihrem Heimatverein insgesamt vier Jahre in der 2. Liga. Sie erlebte den Aufstieg 2014, den Abstieg zwei Jahre später – und den Wiederaufstieg 2018. Grandinetti war stets eine wichtige Säule im Spiel des TV Holz.
Grandinetti lebte und prägte die vergangenen Jahre des TV Holz wie kaum eine andere. Sie hatte geplant, sich nach dem Ende der Saison 2019/2020 aus beruflichen Gründen erst einmal vom Leistungssport zu verabschieden. Die 28-Jährige wollte sich voll auf ihre Examensprüfungen im Spätsommer und Herbst konzentrieren. Berufliche Anforderungen und zeitlicher Aufwand der 2. Bundesliga waren nicht vereinbar. Doch ihr Abschied kam früher als geplant: Anfang März wurde die Zweitliga-Spielzeit wegen der Corona-Pandemie abgebrochen.
Jetzt kehrte Grandinetti früher als erhofft zurück. „Seit Oktober trainiere ich wieder mit der Mannschaft. Jetzt war es so, dass wir Personalmangel hatten“, erklärt die 28-Jährige, die inzwischen ihre Prüfungen gemeistert hat und sich staatlich anerkannte Physiotherapeutin nennen darf. Der Weg für eine Rückkehr auf das Spielfeld war dadurch frei.
In der Partie des TV Holz bei der TG Bad Soden vor zwei Wochen stand die 28-Jährige nach ihrem Rücktritt zum ersten Mal wieder im Kader. Die Saarländerinnen verloren das Spiel mit 1:3 – Grandinetti kam zu einem Kurzeinsatz. Am Sonntag stand sie dann im Heimspiel in Saarbrücken gegen den TV Planegg-Krailling zum ersten Mal wieder für längere Zeit auf dem Spielfeld. „Sie kommt von einer anderen Position, ist gelernte Libera und hatte einen Stammplatz“, erklärt Henner Brockmeier, der vor der Saison den als Jugendtrainer zum USC
Münster gewechselten Patrick Fielker als Trainer des TV Holz abgelöst hat. „Ich habe ihr gleich nach dem ersten Training, das wir zusammen gemacht haben, gesagt, dass ich sie gerne bei uns haben möchte. Ich habe ihr aber auch erklärt, dass sie ihre alte Position nicht wiederbekommt. Michelle hat sofort ‚Ja klar‘ gesagt“, erzählt Brockmeier.
Nachdem Anna Schupritt aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verfügung steht (wir berichteten), gibt es mit Alex Donaghy im Kader nur noch eine Spielerin für die Außen-Annahme-Position. Grandinetti ist als Option auf der Position gedacht. „Sie ist ein Sonnenschein, ein super positiver Mensch, der sehr mannschaftsdienlich arbeiten will. Ich kann sie aufgrund ihrer Erfahrung jederzeit einwechseln und weiß, dass sie sofort im Spiel ist. Sie ist ein toller Gewinn mit ihrer Annahme und Verteidigungsqualität“, freut sich Brockmeier über seine „neue“Spielerin. Und er lobt, dass die Rückkehrerin es trotz ihrer
Trainer Henner Brockmeier nur 1,68 Meter Körpergröße trotzdem schaffe, „total clever mit ihren Möglichkeiten Punkte zu machen“.
Die Rückkehrerin strahlte nach ihrem ersten Heimspiel nach ihrer Volleyball-Pause vor Freude. „Es war richtig schön, hat echt Spaß gemacht. Auch wegen der super Stimmung in der Mannschaft und auf dem Feld“, sagt Grandinetti. Und sie ergänzt mit Blick auf ihre Zeit ohne Volleyball: „Klar hat man das vermisst, wenn man schon so lange Volleyball spielt.“Das 28 Jahre alte Urgestein des TV Holz sagt aber auch selbstkritisch. „In die Mannschaft reinzufinden war kein Problem. Aber es war schwierig, in das Spielerische hineinzufinden. Auch auf meiner neuen Position. Einfach den Ball richtig zu spielen.“
Bis dieses Selbstverständnis wieder vollständig da ist, werden wohl noch ein paar Wochen vergehen. Zudem muss Grandinetti berufsbedingt ein paar Abstriche machen. „Ich trainiere, so wie es zeitlich geht“, betont sie: „Da ich zweimal in der Woche lange arbeite, schaffe ich es montags und mittwochs nicht ins Training, nur donnerstags und freitags.“In ihrer neuen Rolle auf dem Spielfeld fühlt sich die ehemalige Libera jedenfalls wohl: „Die neue Position in der Mannschaft ist für mich kein Problem. Ich bin froh, dass die Jungen da sind und ihr Ding machen. Und ich bin da, um auszuhelfen.“
„Sie ist ein Sonnenschein, ein super
positiver Mensch.“
über Michelle Grandinetti