Gruppensieg als Stimmungsaufheller
Der deutschen Fußball-Nationalmannschaft genügt an diesem Dienstag in der Nations League gegen Spanien ein Unentschieden.
(sid) Joachim Löw war voller Tatendrang. Die braune Reisetasche lässig über die Schulter geschwungen, betrat der Bundestrainer als einer der Ersten das Terminal zur letzten Dienstreise eines komplizierten Jahres. Den Auftrag an seine Mannschaft für das „Endspiel“um den Gruppensieg in der Nations League in Spanien hatte Löw da schon klar formuliert: „Wir wollen das Spiel gewinnen und nicht irgendwas verteidigen.“
Dabei würde der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Sevilla an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ ARD) schon ein Unentschieden genügen, um sich Platz eins zu sichern und für das Finalturnier im Oktober 2021 zu qualifizieren. Zwei Jahre nach dem WM-Debakel und dem sportlichen Abstieg in der Nationenliga würde dieser Prestige-Erfolg das angekratzte Image ein bisschen aufpolieren. Die über der Nationalmannschaft hängenden „dunklen Wolken“will Oliver Bierhoff bis zur EM im kommenden Jahr vertrieben haben. Dann erwartet der DFB-Direktor wieder einen „blauen Himmel“, wie er es im jüngsten Interview mit der FAZ ausdrückte.
„Es geht nichts über Siege. Sie geben Selbstvertrauen und bringen den Glauben und das Vertrauen der Fans in unsere Mannschaft zurück“, sagte Bierhoff auch im Sport1-Gespräch und fügte an: „Der Gruppensieg wäre eine schöne Belohnung und würde uns Rückenwind für die Europameisterschaft 2021 geben.“
Das Duell der ehemaligen Weltmeister
ist ein Fingerzeig, wie weit das neu formierte DFB-Team auf dem Weg zurück zu alter Stärke schon ist. Nach den Siegen gegen Tschechien (1:0) und die Ukraine (3:1) hat sich die Stimmung schon ein bisschen aufgehellt. „Wir sind Tabellenerster und reisen mit breiter Brust nach Spanien“, sagte Manuel Neuer. Der Kapitän wird am Dienstag sein 96. Länderspiel bestreiten und damit den deutschen Torhüter-Rekord
von Sepp Maier knacken. Die überraschenden „Corona-Nachwehen“aus dem Duell gegen die Ukrainer, die erst am Montag bekannt wurden, sorgten Löw dabei nicht. Dass zwei am Samstag eingesetzte ukrainische Spieler positiv auf das Coronavirus getestet wurden, „überrascht mich auch“, sagte Löw, blieb aber gelassen: „Der Arzt hat uns versichert, dass wir keine Angst zu haben brauchen: Denn wenn jemand am Spieltag getestet wird, ist er nicht infektiös.“
In „Duell auf Augenhöhe“kann Löw wieder auf Toni Kroos setzen. Der Ballmagnet ist nach seiner Gelbsperre wieder dabei und erhielt vom Bundestrainer auch gleich eine Startelf-Garantie. Kroos wird gemeinsam mit Ilkay Gündogan das deutsche Spiel lenken. Zudem vertraut Löw erneut auf den zuletzt bärenstarken Leon Goretzka und seinen Turbo-Sturm mit Serge Gnabry, Timo Werner und Leroy Sané.
Ein bisschen Sorge bereitet Löw weiterhin die Defensive. Antonio Rüdiger fehlt nach seiner zweiten Gelben Karte. Für ihn dürfte der zuletzt überzeugende Robin Koch neben Niklas Süle in der Innenverteidigung auflaufen. Aber: Die Abwehr präsentierte sich schon gegen die Ukraine nicht immer sattelfest.
Das betrifft aber auch den Gegner.
Die sich ebenfalls im Umbruch befindenden Spanier ließen in der Ukraine (0:1) und in der Schweiz (1:1) viele Wünsche offen – nicht nur, weil Kapitän Sergio Ramos in seinem 177. Länderspiel mit zwei Elfmetern am Gladbacher Yann Sommer scheiterte. „Es sind nicht die Fehler, die uns definieren, es ist die Art und Weise, wie wir uns auf das nächste Ziel konzentrieren“, sagte Europas Rekordnationalspieler Ramos.