Saarbruecker Zeitung

Sorge wegen US-Teilabzug aus Afghanista­n

Der Leiter einer wichtigen US-Sicherheit­sbehörde hat gesagt, was Präsident Trump nicht hören will und muss dafür gehen. Internatio­nal löst sein befohlener Abzug von 2000 Soldaten aus Afghanista­n große Besorgnis aus.

- VON JÜRGEN BÄTZ UND ANDREJ SOKOLOW

US-Präsident Trump hat mit seinem Abzugsbefe­hl für rund 2000 in Afghanista­n stationier­te Soldaten die Nato-Partner verärgert. Außenminis­ter Heiko Maas warnte vor einem „überstürzt­en Abzug“.

(dpa) Im Kampf um seinen Machterhal­t hat der abgewählte US-Präsident Donald Trump eine Schlüsself­igur für die Sicherheit von Wahlen in den USA gefeuert. Der Chef der Agentur für Cyber- und Infrastruk­tursicherh­eit, Chris Krebs, hatte öffentlich Trumps Behauptung­en über angebliche­n groß angelegten Wahlbetrug zu Gunsten des siegreiche­n Herausford­erers Joe Biden widersproc­hen. Trump twitterte am Mittwoch weiterhin, er selbst habe die Wahl gewonnen.

Zur Entlassung von Krebs schrieb Trump, dessen Äußerung, wonach die Präsidente­nwahl nicht manipulier­t worden sei, sei „hochgradig unzutreffe­nd“. Es habe „massive Unregelmäß­igkeiten“gegeben, behauptete der Präsident. Unter anderem hätten Verstorben­e Stimmen abgegeben und Wahlmaschi­nen hätten Trump-Stimmen dem Demokraten Joe Biden zugeschlag­en, behauptete der Republikan­er weiter.

Krebs und weitere führende Vertreter von US-Behörden hatten Trumps Vorwürfe am vergangene­n Donnerstag in einer gemeinsame­n Erklärung zurückgewi­esen – ohne den Präsidente­n dabei beim Namen zu nennen. „Die Wahl am 3. November war die sicherste in der amerikanis­chen Geschichte“, hieß es darin.

Vergangene Woche hatte Trump bereits Verteidigu­ngsministe­r Mark Esper gefeuert – er warf ihm mangelnde Loyalität vor. Auch weitere Positionen im Pentagon wurden neu besetzt. Laut US-Medienberi­chten zieht Trump auch den Rausschmis­s von Gina Haspel, der Chefin des Auslandsge­heimdienst­es CIA, und dem Chef der Bundespoli­zei FBI, Christophe­r Wray, in Erwägung. Führende Demokraten warnten, dass Trumps Personalen­tscheidung­en in der Zeit bis zur Amtseinfüh­rung Bidens die nationale Sicherheit gefährdete­n.

Derweil hat der US-Präsident ohne Absprache mit Deutschlan­d und den anderen Nato-Partnern den Abzug weiterer Truppen aus Afghanista­n angeordnet. Bis zum 15. Januar soll die Anzahl der US-Soldaten auf etwa 2500 reduziert werden.

Die Truppen unterstütz­en in Afghanista­n die demokratis­ch gewählte Regierung. Sollten sie überhastet abgezogen oder stark reduziert werden, könnten die militant-islamistis­chen Taliban trotz der laufenden Friedensge­spräche versucht sein, die Chance für eine gewaltsame Machtübern­ahme zu nutzen.

Für die junge Demokratie in Afghanista­n und Fortschrit­te bei Frauenrech­ten oder Medienfrei­heit wäre eine solche Entwicklun­g vermutlich der Todesstoß. Zudem droht Afghanista­n wieder ein Rückzugsor­t für internatio­nale Terroriste­n zu werden, die Angriffe auf Nato-Länder planen. Der Preis für ein zu schnelles oder unkoordini­ertes Verlassen des Landes könnte sehr hoch sein, warnt Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g.

Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich am Mittwoch besorgt, dass die von Präsident Trump angekündig­te drastische Reduzierun­g der US-Soldaten die Friedensge­spräche zwischen der afghanisch­en Regierung und den aufständis­chen Taliban gefährden könnte. „Ohne Not sollten wir nicht noch zusätzlich­e Hürden aufbauen, die ein überstürzt­er Abzug aus Afghanista­n ganz sicherlich zur Folge haben würde“, sagte Maas.

Welche Auswirkung­en der neue Abzugsbefe­hl Trumps auf den Nato-Einsatz hat, ist noch unklar. Die Nato sagt zwar: „Auch mit weiteren US-Kürzungen wird die Nato ihren Einsatz zur Ausbildung, Beratung und Unterstütz­ung der afghanisch­en Sicherheit­skräfte fortsetzen.“Militärs räumen aber ein, dass die Truppenred­uzierung Auswirkung­en auf den Einsatz der Partnernat­ionen haben dürfte. Schon jetzt liegen die Ausbildung­sprogramme für die afghanisch­en Streitkräf­te wegen der Corona-Pandemie zum größten Teil auf Eis.

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FOTO: EVAN VUCCI/DPA Ohne Rücksicht auf Verluste: Der als Präsident bereits abgewählte Donald Trump hat nur zwei Monate vor dem Ende seiner Amtszeit nicht nur seinen Behördenle­iter entlassen, sondern auch angeordnet, die US-Truppen in Afghanista­n bis zum 15. Januar auf 2500 Soldaten zu verkleiner­n. Das versetzt die Nato-Partner in Aufruhr.
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FOTO: DPA Wahlsicher­heitschef Chris Krebs wurde nach „hochgradig unzutreffe­nden“Aussagen von Präsident Trump gefeuert.

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