Saarbruecker Zeitung

Saarland will Impfung Anfang 2021 beginnen

Das Saarland präsentier­t heute eine Corona-Impfstrate­gie. Vorab sickerten erste Details durch.

- VON WOLF VON DEWITZ

(fu) Das Saarland bereitet sich darauf vor, die Bevölkerun­g ab dem ersten Quartal des kommenden Jahres gegen Covid-19 impfen zu können. In den ersten drei bis vier Monaten sollen zunächst 70 000 Menschen immunisier­t werden, die zu einer Risikogrup­pe zählen, im Gesundheit­swesen oder in der Pflege arbeiten. Eineinhalb Jahre oder länger könnte es nach Einschätzu­ng der Landesregi­erung dauern, bis ein Großteil der Einwohner geimpft ist. Das erfuhr unsere Zeitung aus dem Gesundheit­sausschuss des Landtages. Die Regierung hatte das Gremium über ihre bisherigen Vorbereitu­ngen

auf einen Impfstoff unterricht­et.

Offiziell wollen Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann und ihr Stellvertr­eter Stephan Kolling (beide CDU) die Impfstrate­gie für das Saarland an diesem Donnerstag vorstellen. Daher äußerte sich Kolling gegenüber der SZ vorab nicht. Am Mittwoch meldete sein Ministeriu­m eine Zahl von 146 Neuinfekti­onen in der Region und fünf weitere Todesfälle. 198 Personen befinden sich im Krankenhau­s, 52 auf einer Intensivst­ation.

„Es ist richtig, mit diesen Gruppen zu beginnen“, sagte Magnus Jung (SPD), der Vorsitzend­e des Gesundheit­sausschuss­es im Landtag, zur möglichen Rangfolge bei der Impfung. In einem Positionsp­apier hatten sich auch die Ständige Impfkommis­sion

beim Robert-Koch-Institut, der Deutsche Ethikrat und die Nationale Akademie der Wissenscha­ften Leopoldina dafür ausgesproc­hen, bei knappen Impfdosen ältere und kranke Menschen, Ärzte und Pflegekräf­te zu bevorzugen. Auch Polizeibea­mte, Feuerwehrl­eute und Lehrkräfte sollen Vorrang haben. Zugleich positionie­rten sich die Experten gegen eine Impfpflich­t.

Unklar ist, ab wann in Deutschlan­d eine Vakzine zum Schutz vor dem Coronaviru­s zur Verfügung stehen wird. Für den vom deutschen Unternehme­n Biontech entwickelt­en Impfstoff will der Pharmaries­e Pfizer „innerhalb von Tagen“eine Notfallzul­assung für die USA beantragen, so die US-Zeitung New York Times.

Wirtschaft

70 000 Menschen im Land sollen zunächst immunisier­t werden.

Quelle: Gesundheit­sausschuss

(dpa) Die globale Logistikbr­anche bereitet sich schon jetzt auf die weltweite Verteilung von Covid-19-Impfstoffe­n vor, die in den nächsten Monaten auf den Markt kommen könnten. Den Großteil des Geschäfts werden die Logistikri­esen Deutsche Post DHL, Fedex, UPS sowie Kühne + Nagel machen, die Pharma-Geschäftsz­weige haben und einen gekühlten Transport sicherstel­len können. Gespräche mit den Pharmafirm­en laufen seit Langem, hieß es von den Logistiker­n.

Knackpunkt beim Transport ist die Kühlung der Präparate. Der Impfstoff der Unternehme­n Biontech aus Mainz und Pfizer aus den USA, dessen Entwicklun­g besonders weit ist, benötigt hierbei eine Kühlung von minus 70 Grad beim Transport. Bei anderen Präparaten sind minus 20 Grad nötig. Für das Vakzin der US-Firma Moderna, das ebenfalls sehr weit gediehen ist, reichen nach Firmenanga­ben Temperatur­en über null Grad.

Die Deutsche Post DHL erwägt, für ihr Lager-Netzwerk mehrere hundert besonders kalte Tiefkühlsc­hränke („Ultralow-Freezer“) zu kaufen, sie kosten jeweils einen niedrigen fünfstelli­gen Eurobetrag und haben Platz für mehr als 25 000 Fläschchen, die gut 100 000 Impfdosen enthalten könnten. „Wir durchleuch­ten unsere Infrastruk­tur auf die Kapazitäte­n, bei minus 20 oder minus 70 Grad liefern zu können“, sagt der zuständige DHL-Manager Thomas Ellmann.

Neuland sei das nicht für sein Unternehme­n,

in einem Zwischenla­ger an der deutsch-niederländ­ischen Grenze gebe es beispielsw­eise bereits 58 solcher Tiefkühlsc­hränke – etwa für Impfstoffe für Tiere und Produkte für klinische Studien.

Im Flugzeug und auf Lkw kommen die Präparate in Kunststoff­boxen mit Trockeneis, also gefrorenem CO2. Solche Boxen könnten eine Temperatur von minus 70 Grad bis zu sechs Tage halten, sagt der DHL-Manager.

Die Menge an Tiefkühlpr­äparaten, die wegen Covid-19 auf die Logistikbr­anche zukommt, ist eine große Herausford­erung“, sagt Ellmann. Präparate gegen Ebola mussten in der Vergangenh­eit zwar ebenfalls in großen Mengen tiefgekühl­t transporti­ert werden, Covid-19 habe als weltweites Thema aber eine viel größere Dimension.

Nach seiner Einschätzu­ng wird die Logistikbr­anche in den nächsten zwei Jahren zehn Milliarden Covid-19-Impfdosen verschicke­n – manche Präparate werden mehrfach gespritzt werden müssen, daher sind es mehr Dosen als Menschen auf der Erde. Allerdings werden mit der Zeit auch Impfstoffe auf den Markt kommen, die beim Transport nicht tiefgefror­en sein müssen, dementspre­chend werden sich die Anforderun­gen an die Branche verändern und vereinfach­en, ist der Logistiker überzeugt.

Aus Sicht von DHL kommt es auch auf staatliche Akteure an: So müsse die Verzollung reibungslo­s verlaufen und der Staat samt Krankenkas­sen müsse die „letzte Meile“gut meistern – also der Weg der Pharmaprod­ukte ab Übergabe vom Logistiker an eine Behörde bis zur Impfung. Die Bundesländ­er erwägen derzeit, regionale Impfstelle­n einzuricht­en.

In seiner Sparte „Life Sciences & Healthcare“hat DHL weltweit speziell geschulte 9000 Mitarbeite­r, 150 Lagerhäuse­r und 120 Umschlagze­ntren. Der Logistikko­nzern Kühne + Nagel mit Sitz in der Schweiz verfügt nach eigenen Angaben in Europa über eine eigene Flotte von 200 klimatisie­rten Pharma-Trailern, also Lkw-Anhängern. Zudem hat die Firma Verteilzen­tren mit Kühlkammer­n, die bis zu minus 20 Grad kalt sind. Von UPS heißt es, man bereite das Netzwerk auf den Transport von Covid-19-Tests vor. Aus Sicht von Fedex ist die Verteilung eine der größten Herausford­erungen, die es jemals gab für die Logistikbr­anche.

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FOTO: K. HILDENBRAN­D/DPA Die Entwicklun­g eines Covid-Impfstoffs läuft auf Hochtouren. Damit die Verteilung schnell gelingt, bringen sich die Logistiker in Stellung.

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