Gewerkschaft feiert Ansiedlung von SVolt im Saarland
Bis die Fabriken des chinesischen Herstellers SVolt Gestalt annehmen, ist es noch ein weiter Weg. Doch einiges ist bereits jetzt klar.
(SZ) Die Ankündigung des chinesischen Batterieherstellers SVolt, im Saarland an zwei Standorten rund zwei Milliarden Euro zu investieren, hat auch am Tag danach für Hochstimmung gesorgt. Der saarländische DGB-Chef Eugen Roth sprach von einem „Meilenstein in der Industriegeschichte des Saarlandes“. Der Zeitpunkt der Ansiedlung sei ein „Glücksfall in schweren Zeiten für das Industrieland Saarland“. Ihm sei keine Industrie-Neuansiedlung der vergangenen 30 Jahre bekannt, „die für das Saarland eine vergleichbare Strahlkraft gehabt hätte“, sagte Roth. In Saarlouis wiesen allerdings die Grünen auf eine erheblich höhere Verkehrsbelastung durch die Ansiedlung hin. Ex-Landeschef Hubert Ulrich forderte von der Landesregierung ein Verkehrskonzept.
Die chinesische Firma SVolt will bis 2023 auf dem Linslerfeld in Überherrn eine Fabrik errichten, in der Batteriezellen hergestellt werden, und diese in einer Modul- und Packfabrik in Heusweiler-Eiweiler zusammenbauen.
Der chinesische Batteriehersteller SVolt hat am Dienstag verkündet, im Saarland zwei Fabriken bauen zu wollen und dafür bis zu zwei Milliarden Euro zu investieren. 2000 Arbeitsplätze könnten so entstehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Was wird genau gebaut?
Auf dem Linslerfeld bei Überherrn soll eine Zellfabrik entstehen. Hier werden die kleinsten Einheiten einer Batterie, die einzelnen Zellen, gefertigt. Diese werden dann in der Modulund Packfabrik im früheren „Laminatepark“in Heusweiler-Eiweiler, der im vergangenen Jahr geschlossen wurde, zusammengebaut. Das Endprodukt ist dann ein kompletter Batteriespeicher einschließlich Kühlung und Computerprogrammen zur Steuerung. In Überherrn soll dazu eine bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche neu erschlossen, im rund 30 Kilometer entfernten Eiweiler das bestehende Industriegelände umgebaut werden.
Wer ist der Bauherr?
Mit der Umsetzung des Projekts hat die Landesregierung die SHS Strukturholding Saar betraut. Deren Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Saar habe „nachhaltige Erfahrungen“mit der Umsetzung vergleichbarer Vorhaben und sehe sich daher bestens gerüstet, sagte ein Sprecher. „Wir können ein Gesamtprojekt als Lösung aus einer Hand anbieten.“Derzeit seien entsprechende „Vorplanungen im Gang, nach deren Abschluss
die SHS durch SVolt beauftragt wird, das Bauvorhaben zu verwirklichen“. Die SHS will dazu die beiden Grundstücke in Überherrn und Eiweiler selbst erwerben, die Gebäude dort errichten beziehungsweise umbauen, und dann als Gesamtpaket an SVolt verkaufen oder vermieten. Welche der beiden Optionen genutzt werde, sei derzeit noch nicht absehbar, sagte der SHS-Sprecher. Auch welche Firmen mit dem Bau beauftragt werden sollen, sei noch unklar.
Wann geht es los?
Ein genauer Zeitplan soll nach Angaben von SVolt frühestens im Januar 2021 vorliegen. Schon jetzt ist klar, dass der Bau der Zellfabrik bei Überherrn noch im kommenden Jahr begonnen und Mitte 2023 fertiggestellt werden soll. Der Umbau der bestehenden Holzfabrik in Eiweiler soll ebenfalls 2021 starten. Läuft alles nach Plan, könnte die Produktion hier bereits Mitte 2022 anlaufen.
Wer zahlt welche Fördergelder? Bund und Land wollen das Projekt finanziell unterstützen. So soll es Geld aus dem Programm „Gemeinschaftsaufgabe: Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“(GRW) geben. Das Land will zudem Bürgschaften zur Verfügung stellen. Wie hoch diese Förderungen ausfallen sollen und wer wie viel beiträgt, sei derzeit noch unklar, sagte eine Sprecherin des saarländischen Wirtschaftsministeriums.
Wem gehören die Grundstücke?
Wer die derzeitigen Eigentümer der beiden Grundstücke in Überherrn und Eiweiler sind, will die SHS unter Verweis auf laufende Verhandlungen momentan nicht preisgeben. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sich der ehemalige „Laminatepark“in Eiweiler weiterhin im Besitz der französischen Tarkett und der portugiesischen Sonae Arauco befindet. Beide Unternehmen betrieben hier über Jahre eine gemeinsame Fabrik, die 2019 geschlossen wurde. Im August 2020 gaben beide Unternehmen bekannt, noch auf der Suche nach einem Käufer für die Anlage zu sein.
Wie ist der Stand in Überherrn?
Die Fläche auf dem Linslerfeld wird zurzeit noch landwirtschaftlich genutzt. Die SHS will aktuell einen Bebauungsplan beantragen. Dazu seien Beschlüsse der Gemeinde nötig, teilt SVolt mit. So soll unter anderem die landwirtschaftliche Nutzfläche im Flächennutzungsplan in ein Gewerbegebiet umgewandelt werden.
Was passiert in Heusweiler-Eiweiler? Mit der Gemeinde Heusweiler wurde vereinbart, einen Bebauungsplan aufzustellen. Es gebe bereits einen Vorentwurf, anhand dessen die „konkreten Bedarfe von SVolt in die Rahmenplanung eingebracht“werden sollen, so das Unternehmen.
Was hat es mit der kobaltfreien Batterie auf sich?
SVolt will im Saarland Batterien fertigen, die ohne das Metall Kobalt auskommen. Dieses wird normalerweise in den Elektroden einer Batterie verbaut. Seine Verwendung ist umstritten, da Kobalt für Menschen sehr giftig sein kann und es zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen – oft unter Einsatz von Kinderarbeit – gewonnen wird. SVolt ist nach eigenen Angaben bisher das einzige Unternehmen, das Antriebsbatterien für E-Autos, die ohne Kobalt auskommen, in Massenproduktion fertigen kann. Diese sollen langlebiger und günstiger als vergleichbare Batterien sein. Da sie zudem leichter seien, ermöglichten sie auch höhere Reichweiten für E-Autos: SVolt spricht von bis zu 880 Kilometern.
Wie steht es um Sicherheit und Umweltschutz?
Laut SVolt sind weder beim Bau noch im späteren Betrieb Sicherheitsrisiken zu erwarten. In der Bauphase soll dafür ein von der SHS bestellter „Sicherheitsund Gesundheitsschutzkoordinator“sorgen. Das anstehende Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz stelle zudem sicher „dass auch im laufenden Betrieb keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen dürfen“. In einem Umweltbericht würden zudem „etwaige Eingriffe in die Natur und Landschaft zunächst ermittelt und falls feststellbar, Eingriffs-, Vermeidungs- sowie Ausgleichsregelungen getroffen“, so SVolt. Obwohl sich das Linslerfeld in einem Wasserschutzgebiet befinde, sei somit, „zum aktuellen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass sich das Vorhaben in hohem Maße negativ auf Klima, Landschaft sowie Tierwelt auswirken wird“.
Wie viel Strom und Wasser werden die Fabriken verbrauchen?
SVolt plant, den Strom, den die Fabriken verbrauchen werden, komplett aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Dazu soll unter anderem die Solaranlage auf dem Linslerfeld ausgebaut werden. Aktuell werde daran gearbeitet, den erwarteten Verbrauch zu reduzieren. Derzeit geht SVolt von einem Referenzwert aus, bei dem 60 Kilovoltampere (kVA) Gesamtleistung („Scheinleistung“) pro sechs Gigawattstunden (GWh) Produktionskapazität zugeführt werden müsste. Bei der finalen Ausbaustufe der Zellfabrik von 24 GWh wären das also 240 kVA.
Den Wasserverbrauch beziffert SVolt auf 3200 Tonnen pro Tag bei einer Produktionskapazität von sechs GWh. Das entspräche für die Zellfabrik also letztlich einem täglichen Verbrauch von 12 800 Tonnen (12,8 Millionen Liter). Zehn Prozent davon sind laut Unternehmen Abwasser.
Ab wann werden Leute eingestellt? Die bis zu 2000 Arbeitsplätze sollen nach und nach entstehen. Zu den jeweiligen Produktionsstarts sollen in Überherrn zunächst 400, in Eiweiler 150 Menschen beschäftigt sein. SVolt sucht nach eigenen Angaben bereits nach Mitarbeitern für das Management, ab dem zweiten Quartal 2021 sollen auch Prozessingenieure eingestellt werden. Ab dem zweiten Halbjahr 2021 sollen sich Mitarbeiter für die Produktion bewerben können.