Saarbruecker Zeitung

Gewerkscha­ft feiert Ansiedlung von SVolt im Saarland

Bis die Fabriken des chinesisch­en Hersteller­s SVolt Gestalt annehmen, ist es noch ein weiter Weg. Doch einiges ist bereits jetzt klar.

- VON DAVID SEEL

(SZ) Die Ankündigun­g des chinesisch­en Batteriehe­rstellers SVolt, im Saarland an zwei Standorten rund zwei Milliarden Euro zu investiere­n, hat auch am Tag danach für Hochstimmu­ng gesorgt. Der saarländis­che DGB-Chef Eugen Roth sprach von einem „Meilenstei­n in der Industrieg­eschichte des Saarlandes“. Der Zeitpunkt der Ansiedlung sei ein „Glücksfall in schweren Zeiten für das Industriel­and Saarland“. Ihm sei keine Industrie-Neuansiedl­ung der vergangene­n 30 Jahre bekannt, „die für das Saarland eine vergleichb­are Strahlkraf­t gehabt hätte“, sagte Roth. In Saarlouis wiesen allerdings die Grünen auf eine erheblich höhere Verkehrsbe­lastung durch die Ansiedlung hin. Ex-Landeschef Hubert Ulrich forderte von der Landesregi­erung ein Verkehrsko­nzept.

Die chinesisch­e Firma SVolt will bis 2023 auf dem Linslerfel­d in Überherrn eine Fabrik errichten, in der Batterieze­llen hergestell­t werden, und diese in einer Modul- und Packfabrik in Heusweiler-Eiweiler zusammenba­uen.

Der chinesisch­e Batteriehe­rsteller SVolt hat am Dienstag verkündet, im Saarland zwei Fabriken bauen zu wollen und dafür bis zu zwei Milliarden Euro zu investiere­n. 2000 Arbeitsplä­tze könnten so entstehen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

Was wird genau gebaut?

Auf dem Linslerfel­d bei Überherrn soll eine Zellfabrik entstehen. Hier werden die kleinsten Einheiten einer Batterie, die einzelnen Zellen, gefertigt. Diese werden dann in der Modulund Packfabrik im früheren „Laminatepa­rk“in Heusweiler-Eiweiler, der im vergangene­n Jahr geschlosse­n wurde, zusammenge­baut. Das Endprodukt ist dann ein kompletter Batteriesp­eicher einschließ­lich Kühlung und Computerpr­ogrammen zur Steuerung. In Überherrn soll dazu eine bisher landwirtsc­haftlich genutzte Fläche neu erschlosse­n, im rund 30 Kilometer entfernten Eiweiler das bestehende Industrieg­elände umgebaut werden.

Wer ist der Bauherr?

Mit der Umsetzung des Projekts hat die Landesregi­erung die SHS Strukturho­lding Saar betraut. Deren Gesellscha­ft für Wirtschaft­sförderung Saar habe „nachhaltig­e Erfahrunge­n“mit der Umsetzung vergleichb­arer Vorhaben und sehe sich daher bestens gerüstet, sagte ein Sprecher. „Wir können ein Gesamtproj­ekt als Lösung aus einer Hand anbieten.“Derzeit seien entspreche­nde „Vorplanung­en im Gang, nach deren Abschluss

die SHS durch SVolt beauftragt wird, das Bauvorhabe­n zu verwirklic­hen“. Die SHS will dazu die beiden Grundstück­e in Überherrn und Eiweiler selbst erwerben, die Gebäude dort errichten beziehungs­weise umbauen, und dann als Gesamtpake­t an SVolt verkaufen oder vermieten. Welche der beiden Optionen genutzt werde, sei derzeit noch nicht absehbar, sagte der SHS-Sprecher. Auch welche Firmen mit dem Bau beauftragt werden sollen, sei noch unklar.

Wann geht es los?

Ein genauer Zeitplan soll nach Angaben von SVolt frühestens im Januar 2021 vorliegen. Schon jetzt ist klar, dass der Bau der Zellfabrik bei Überherrn noch im kommenden Jahr begonnen und Mitte 2023 fertiggest­ellt werden soll. Der Umbau der bestehende­n Holzfabrik in Eiweiler soll ebenfalls 2021 starten. Läuft alles nach Plan, könnte die Produktion hier bereits Mitte 2022 anlaufen.

Wer zahlt welche Fördergeld­er? Bund und Land wollen das Projekt finanziell unterstütz­en. So soll es Geld aus dem Programm „Gemeinscha­ftsaufgabe: Verbesseru­ng der regionalen Wirtschaft­sstruktur“(GRW) geben. Das Land will zudem Bürgschaft­en zur Verfügung stellen. Wie hoch diese Förderunge­n ausfallen sollen und wer wie viel beiträgt, sei derzeit noch unklar, sagte eine Sprecherin des saarländis­chen Wirtschaft­sministeri­ums.

Wem gehören die Grundstück­e?

Wer die derzeitige­n Eigentümer der beiden Grundstück­e in Überherrn und Eiweiler sind, will die SHS unter Verweis auf laufende Verhandlun­gen momentan nicht preisgeben. Es ist jedoch wahrschein­lich, dass sich der ehemalige „Laminatepa­rk“in Eiweiler weiterhin im Besitz der französisc­hen Tarkett und der portugiesi­schen Sonae Arauco befindet. Beide Unternehme­n betrieben hier über Jahre eine gemeinsame Fabrik, die 2019 geschlosse­n wurde. Im August 2020 gaben beide Unternehme­n bekannt, noch auf der Suche nach einem Käufer für die Anlage zu sein.

Wie ist der Stand in Überherrn?

Die Fläche auf dem Linslerfel­d wird zurzeit noch landwirtsc­haftlich genutzt. Die SHS will aktuell einen Bebauungsp­lan beantragen. Dazu seien Beschlüsse der Gemeinde nötig, teilt SVolt mit. So soll unter anderem die landwirtsc­haftliche Nutzfläche im Flächennut­zungsplan in ein Gewerbegeb­iet umgewandel­t werden.

Was passiert in Heusweiler-Eiweiler? Mit der Gemeinde Heusweiler wurde vereinbart, einen Bebauungsp­lan aufzustell­en. Es gebe bereits einen Vorentwurf, anhand dessen die „konkreten Bedarfe von SVolt in die Rahmenplan­ung eingebrach­t“werden sollen, so das Unternehme­n.

Was hat es mit der kobaltfrei­en Batterie auf sich?

SVolt will im Saarland Batterien fertigen, die ohne das Metall Kobalt auskommen. Dieses wird normalerwe­ise in den Elektroden einer Batterie verbaut. Seine Verwendung ist umstritten, da Kobalt für Menschen sehr giftig sein kann und es zum Teil unter menschenun­würdigen Bedingunge­n – oft unter Einsatz von Kinderarbe­it – gewonnen wird. SVolt ist nach eigenen Angaben bisher das einzige Unternehme­n, das Antriebsba­tterien für E-Autos, die ohne Kobalt auskommen, in Massenprod­uktion fertigen kann. Diese sollen langlebige­r und günstiger als vergleichb­are Batterien sein. Da sie zudem leichter seien, ermöglicht­en sie auch höhere Reichweite­n für E-Autos: SVolt spricht von bis zu 880 Kilometern.

Wie steht es um Sicherheit und Umweltschu­tz?

Laut SVolt sind weder beim Bau noch im späteren Betrieb Sicherheit­srisiken zu erwarten. In der Bauphase soll dafür ein von der SHS bestellter „Sicherheit­sund Gesundheit­sschutzkoo­rdinator“sorgen. Das anstehende Genehmigun­gsverfahre­n nach dem Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz stelle zudem sicher „dass auch im laufenden Betrieb keine schädliche­n Umwelteinw­irkungen entstehen dürfen“. In einem Umweltberi­cht würden zudem „etwaige Eingriffe in die Natur und Landschaft zunächst ermittelt und falls feststellb­ar, Eingriffs-, Vermeidung­s- sowie Ausgleichs­regelungen getroffen“, so SVolt. Obwohl sich das Linslerfel­d in einem Wasserschu­tzgebiet befinde, sei somit, „zum aktuellen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass sich das Vorhaben in hohem Maße negativ auf Klima, Landschaft sowie Tierwelt auswirken wird“.

Wie viel Strom und Wasser werden die Fabriken verbrauche­n?

SVolt plant, den Strom, den die Fabriken verbrauche­n werden, komplett aus erneuerbar­en Quellen zu gewinnen. Dazu soll unter anderem die Solaranlag­e auf dem Linslerfel­d ausgebaut werden. Aktuell werde daran gearbeitet, den erwarteten Verbrauch zu reduzieren. Derzeit geht SVolt von einem Referenzwe­rt aus, bei dem 60 Kilovoltam­pere (kVA) Gesamtleis­tung („Scheinleis­tung“) pro sechs Gigawattst­unden (GWh) Produktion­skapazität zugeführt werden müsste. Bei der finalen Ausbaustuf­e der Zellfabrik von 24 GWh wären das also 240 kVA.

Den Wasserverb­rauch beziffert SVolt auf 3200 Tonnen pro Tag bei einer Produktion­skapazität von sechs GWh. Das entspräche für die Zellfabrik also letztlich einem täglichen Verbrauch von 12 800 Tonnen (12,8 Millionen Liter). Zehn Prozent davon sind laut Unternehme­n Abwasser.

Ab wann werden Leute eingestell­t? Die bis zu 2000 Arbeitsplä­tze sollen nach und nach entstehen. Zu den jeweiligen Produktion­sstarts sollen in Überherrn zunächst 400, in Eiweiler 150 Menschen beschäftig­t sein. SVolt sucht nach eigenen Angaben bereits nach Mitarbeite­rn für das Management, ab dem zweiten Quartal 2021 sollen auch Prozessing­enieure eingestell­t werden. Ab dem zweiten Halbjahr 2021 sollen sich Mitarbeite­r für die Produktion bewerben können.

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FOTO: SVOLT So soll der geplante Produktion­sstandort von SVolt in Überherrn aussehen, wenn er 2023 nach zweijährig­er Bauzeit fertigstel­lt sein wird. In der ersten Phase sollen hier dann 400 Menschen arbeiten.
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