Saarbruecker Zeitung

Geschwiste­r-Duell im Saarbrücke­r Tor

Raphaela und Elena De Agazio spielen bei Handball-Oberligist HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n. Beide sind Torhüterin­nen. Trotz der Konkurrenz im Kampf um den Platz zwischen den Pfosten ist die ältere das Vorbild für die jüngere Schwester.

- VON DAVID BENEDYCZUK Produktion dieser Seite: Marcus Kalmes Frank Kohler

Der Spielbetri­eb in den Amateur-Ligen im Sport ruht in ganz Deutschlan­d gezwungene­rmaßen. Dennoch lässt der neue Trainer des Handball-Oberligist­en HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n nichts unversucht, um seine Mannschaft in der corona-bedingten Spielpause aufgrund des Teil-Lockdowns und des damit verbundene­n weitestgeh­enden Verbots des Amateur-Sports bis mindestens Ende November bei Laune zu halten. Schließlic­h ist ja auch noch nicht absehbar, wie schnell es danach mit dem Spielbetri­eb wieder losgeht. „David ist sehr engagiert, damit wir unser Fitness-Level halten“, berichtet Raphaela De Agazio. Die 24-Jährige ist die Torfrau und die Spielführe­rin des Oberliga-Aufsteiger­s. Und sie meint den neuen HSG-Trainer David Hoffmann. Der Nachfolger von Heinz Guthörl bittet zweimal wöchentlic­h zum Online-Training.

„Wir machen online zum Beispiel Tabata-Einheiten oder auch mal Box-Training“, erzählt Raphaela De Agazio. Sie ist die älteste von drei jungen Torhüterin­nen im Oberliga-Kader der HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n. Für die Position zwischen den Pfosten steht zudem die 21 Jahre alte Bärbel Schäffler zur Verfügung. Und Raphaelas De Agazios 18 Jahre alte Schwester Elena.

„Wir sind im Tor für die Oberliga dreimal richtig gut besetzt“, sagt David Hoffmann, der vor seinem Wechsel zur HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n Trainer der B-Jugend der VTZ Saarpfalz in der Oberliga war – und in dieser nun unterbroch­enen Saison mit seiner neuen Mannschaft auf der Position im Tor die Qual der Wahl hat. Er lobt das Küken der drei Torfrauen: „Elena ist noch sehr jung, jedoch sehr talentiert. Sie hat ganz, ganz großes Potenzial. Elena hat ein natürliche­s Gespür für gewisse Situatione­n. Da steht sie ihrer Schwester in Nichts nach. Beide haben das gewisse Etwas, das man im Tor braucht.“

„Ich finde es sehr gut, dass wir zusammen in einer Mannschaft spielen. Wir verstehen uns gut. Umso mehr, seit ich von daheim ausgezogen bin – seitdem ist das Verhältnis doch lockerer und einfacher geworden“, sagt Raphaela De Agazio mit einem Augenzwink­ern in Richtung Elena. Die ältere der beiden Schwestern lebt inzwischen zwar in einer eigenen Wohnung – aber im Haus ihrer Eltern. In der Corona-Zwangspaus­e ohne das normale Mannschaft­straining in der Sporthalle können die Schwestern das Online-Training dadurch ohne großes Aufwand gemeinsam absolviere­n. „Elena kommt dann oben bei mir

vorbei, und wir machen die Übungen zusammen. Zu zweit macht es halt einfach mehr Spaß“, erklärt Raphaela De Agazio.

Im Gegensatz zu Trainer David Hoffmann ist die 24-Jährige schon länger bei der Handball-Spielgemei­nschaft – kurz HSG –, die sich aus den beiden Vereinen TV Altenkesse­l und ATSV Saarbrücke­n zusammense­tzt. Mit fünf Jahren begann Raphaela De Agazio beim TV

Altenkesse­l mit dem Handball. Sie sagt nicht ohne Stolz: „Ich habe noch nie den Verein gewechselt.“Dafür hat sie mit ihrer Mannschaft nach der aufgrund der Corona-Pandemie abgebroche­nen vergangene­n Saison und der Vizemeiste­rschaft in der Handball-Saarlandli­ga die Klasse gewechselt.

In der Oberliga Rheinland-Pfalz/ Saar war für die Saarbrücke­rinnen aller Anfang schwer – nicht nur wegen der Bedingunge­n durch die Corona-Pandemie. Zum Saisonstar­t kassierte die HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n eine 17:32-Klatsche bei der TSG Friesenhei­m. Danach gab es zuhause in der Rastbachta­lhalle eine 21:26-Niederlage gegen die SG Ottersheim/Bellheim/Kuhardt/Zeiskam. Dann folgte die Unterbrech­ung der Saison wegen des Teil-Lockdowns in Deutschlan­d,

der am 1. November in Kraft trat und vorerst bis Ende des Monats gelten sollte.

„Ich glaube nicht, dass wir dieses Jahr nochmal spielen“, berichtet Raphaela De Agazio. Wie für die meisten Menschen war es auch für sie ein schwierige­s Jahr – und dennoch ein erfolgreic­hes. Im vergangene­n Sommer hat sie ihren Bachelor in Human- und Molekular-Biologie gemacht, nachdem sie nach dem Abitur bereits eine Ausbildung zur Krankenpfl­egerin durchlaufe­n hatte. „Das hat mir Spaß gemacht. Allerdings ist der Pflegeberu­f insgesamt auch sehr fordernd und ich wollte mich noch weiterbild­en, um mehrere Optionen zu haben“, erläutert die Tochter eines italienisc­hen Vaters und einer deutschen Mutter. Alles Medizinisc­he habe sie immer schon interessie­rt und gereizt, erzählt die 24-Jährige.

Auf dem Handball-Feld „verarztet“Raphaela De Agazio vor allem gegnerisch­e Würfe. Genau wie ihre 18 Jahre alte Schwester Elena. Ein Schuss Verrückthe­it gehöre schon dazu, wenn es darum geht, sich in einem Handball-Tor die Bälle um die Ohren hauen zu lassen, räumt Raphaela De Agazio ein. „Es ist so, dass ich privat eher der ruhige Typ bin. Im Spiel können aber schon mal die Gäule mit mir durchgehen. Wenn ich nicht zufrieden bin, wird die Abwehr auch mal zusammenge­schissen. Nach dem Spiel und spätestens mit dem ersten Bier ist das auch wieder vergessen“, sagt die Spielführe­rin der Saarbrücke­rinnen.

Trainer David Hoffmann schätzt die Einstellun­g seiner Nummer eins: „Sie zeichnet ihr absoluter Ehrgeiz aus. Raphaela lebt einfach eine vorbildlic­he Einstellun­g vor. Wie sie trainiert, kann man fast nicht besser machen.“Seine Spielführe­rin sieht die Mannschaft der HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n als einen verschwore­nen Haufen, dem aufgrund seines niedrigen Durchschni­ttsalters – Raphaela De Agazio gehört mit ihren 24 Jahren schon zu den Routiniers – allerdings noch die Erfahrung fehlt. Vor allem mit Blick auf das Neuland in der Oberliga.

„Wir sind eben keine gestandene Oberliga-Mannschaft. Ich denke, dass uns die anderen vor allem vom Kopf her noch ein Stück voraus sind“, erklärt Raphaela De Agazio. Auf der anderen Seite ist die Torfrau optimistis­ch, dass sich ihre Mannschaft nach der Zwangspaus­e in der neuen Spielklass­e akklimatis­ieren wird – sofern sie dazu mit Blick auf die Entwicklun­g der Corona-Pandemie und einen möglichen Saisonabbr­uch wieder die Gelegenhei­t bekommen wird. „Der Klassenver­bleib wird schwierig für uns. Wenn aber alle fit bleiben, ist er auf jeden Fall möglich“, ist die 24-Jährige überzeugt, die für ihre Schwester ein Vorbild ist. Elena De Agazio erzählt: „Es macht Spaß, mit meiner Schwester in dieser Konstellat­ion zu spielen und zu trainieren. Raphaela war für mich natürlich schon irgendwo immer ein Vorbild. Sie war in ihrer Jugend ja ziemlich erfolgreic­h. Das hat mich ein Stück weit geprägt, denn ich wollte auch so gut werden wie sie.“Und die 18 Jahre alte angehende Abiturient­in ergänzt: „Unser Weg ist ja auch ähnlich verlaufen. Zum Beispiel haben wir beide mit 14, 15 Jahren in der Saarauswah­l gespielt.“Und nun spielen sie zusammen in der Oberliga.

„Wir sind im Tor für die Oberliga dreimal richtig gut besetzt.“

David Hoffmann

Trainer des Aufsteiger­s HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n

 ?? FOTO: THOMAS WIECK ?? Torfrau Raphaela De Agazio von der HSG TVA/ ATSV Saarbrücke­n (rechts) ist vor den Augen ihrer Mitspieler­in Nicole Kopp (Nummer 5) hochgespru­ngen. Sie streckt Arme und Beine, um in der Rastbachta­lhalle in der Partie gegen die SG Ottersheim/Bellheim/ Kuhardt/Zeiskam einen Wurf zu parieren. Die Spielführe­rin verlor mit ihrer Mannschaft das erste Heimspiel der Saison nach dem Aufstieg in die Oberliga mit 21:26.
FOTO: THOMAS WIECK Torfrau Raphaela De Agazio von der HSG TVA/ ATSV Saarbrücke­n (rechts) ist vor den Augen ihrer Mitspieler­in Nicole Kopp (Nummer 5) hochgespru­ngen. Sie streckt Arme und Beine, um in der Rastbachta­lhalle in der Partie gegen die SG Ottersheim/Bellheim/ Kuhardt/Zeiskam einen Wurf zu parieren. Die Spielführe­rin verlor mit ihrer Mannschaft das erste Heimspiel der Saison nach dem Aufstieg in die Oberliga mit 21:26.
 ?? FOTO: THOMAS WIECK ?? Elena De Agazio ist 18 Jahre alt. Ihr Trainer
David Hoffmann sagt über
die Torffrau: „Elena ist noch sehr jung, jedoch sehr talentiert. Sie hat ganz, ganz großes Potenzial. Elena hat ein natürliche­s Gespür für gewisse Situatione­n. Da steht sie ihrer Schwester in Nichts nach. Beide habe das gewisse Etwas, das man im Tor
braucht.“
FOTO: THOMAS WIECK Elena De Agazio ist 18 Jahre alt. Ihr Trainer David Hoffmann sagt über die Torffrau: „Elena ist noch sehr jung, jedoch sehr talentiert. Sie hat ganz, ganz großes Potenzial. Elena hat ein natürliche­s Gespür für gewisse Situatione­n. Da steht sie ihrer Schwester in Nichts nach. Beide habe das gewisse Etwas, das man im Tor braucht.“
 ?? FOTO: THOMAS WIECK ?? Die 21 Jahre alte Bärbel Schäffler ist eine von drei Torfrauen des Oberligist­en HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n.
FOTO: THOMAS WIECK Die 21 Jahre alte Bärbel Schäffler ist eine von drei Torfrauen des Oberligist­en HSG TVA/ATSV Saarbrücke­n.

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