Grüne Tankstelle für Wasserstoff im Saarland
Saarbrücker Forscher haben die erste Wasserstofftankstelle des Saarlandes gebaut, die das Gas mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt.
Das Institut für Zukunftsenergieund Stoffstromsysteme (Izes) hat am Mittwoch die erste Wasserstoff-Tankstelle des Saarlandes eingeweiht. Bei der Herstellung des Gases kommt nur Solarstrom zum Einsatz.
Angekündigt wurde das Projekt bereits Ende 2017, nun steht die Anlage: Am Institut für Zukunftsenergie- und Stoffstromsysteme (Izes) auf dem Innovationscampus in Saarbrücken ist die erste Wasserstoff-Tankstelle im Saarland installiert worden, die den Wasserstoff auch gleich selbst erzeugt. Und zwar mit Solarstrom vom eigenen Dach. Öffentlich zugänglich soll sie nicht sein. Denn sie dient primär Forschungszwecken. Aber selbst die Mitarbeiter des Izes müssen das institutseigene Wasserstoff-Auto zunächst weiterhin in Saargemünd tanken. Denn noch fehlt die Betriebsgenehmigung. „Da müssen noch einige Anträge ausgefüllt werden“, sagt Michael Brand, kaufmännischer Geschäftsführer des Izes. Anfang des kommenden Jahres soll es dann so weit sein.
Dann wird der Strom aus der Photovoltaik-Anlage auf dem Nachbargebäude in die Anlage geleitet. Dort wird Wasser mittels der sogenannten Elektrolyse in Wasserstoff (chemisch: H2) umgewandelt, wie Izes-Mitarbeiter Wulf Clemens, der für die Technik zuständig ist, erklärt. Dafür stehen zwei Elektrolyseure aus unterschiedlichen Materialien bereit. Eine konventionelle Anlage mit der aktuellen Standardtechnik verwende noch relativ hochwertige Katalysatoren aus Edelmetallen, erläutert Clemens. Beim Izes kämen dagegen weniger aufwendige Katalysatoren
aus anderen Stoffen, die damit auch weniger umweltschädlich seien, zum Einsatz.
Ein weiterer Punkt, der die Izes-Anlage von anderen H2-Tankstellen unterscheidet, ist die Temperatur des Gases. In der Zapfsäule, die zurzeit in Gersweiler gebaut wird, wird der Wasserstoff auf bis zu minus 40 Grad gekühlt. Das macht das Tanken teuer, denn die speziellen Kühlaggregate fallen mit 70 000 bis 100 000 Euro pro Kühleinheit ins Gewicht; auch der Energieaufwand ist höher. Beim Izes soll die Kühlung auf null Grad ausreichen. Damit sei das Institut an der Speerspitze. „Es ist zwar schon in den europäischen Standards vorgesehen, aber bislang hat es noch niemand realisiert. Wir sind die Ersten, die das ausprobieren“, sagt Clemens.
Dadurch dauere der Tankvorgang länger – bis zu 30 Minuten könnten vergehen, bis der Wagen vollgetankt sei. Denn beim Tanken erwärmt sich das Gas. Es darf die Temperatur von 80 Grad aber nicht überschreiten, wie der Leiter der Abteilung Technische Innovationen am Izes, Bodo Groß, erklärt. Um das zu verhindern, kommunizierten Wagen und Zapfsäule via Infrarot miteinander und tauschten Informationen zu Druck und Temperatur aus, sagt Groß.
Die Tankstelle ist mit einer Druckstufe von 700 bar auf die Betankung von Pkw ausgelegt. Die Forschungsergebnisse und die zugrunde liegende Technik sind aber auf andere Systeme mit etwa 300 bar für Busse übertragbar und könnten später auch in der Industrie Anwendung finden, etwa bei der Herstellung von grünem Stahl. „Da reden wir aber von unvorstellbaren Dimensionen“, sagt Brand. Die Entwicklung der Anlage hat circa 1,5 Jahre gedauert. Verzögerungen und Probleme gab es etwa durch Lieferschwierigkeiten
Die H2-Tankstelle ist nicht öffentlich. Sie dient in erster Linie Forschungszwecken.
bei Bauteilen und weil ein Auftragnehmer zwischendurch abgesprungen ist.
Die Anlage auf dem Innovationscampus ist Teil des europäischen Projekts „GenComm“, das noch bis Oktober 2021 läuft. Im Fokus steht die Entwicklung nachhaltiger Versorgungslösungen auf Basis von Wasserstoff. So werden etwa in einer Anlage in Nordirland die Produktion und der Einsatz von Wasserstoff aus Windkraft getestet und in Schottland steht eine mit Biomasse betriebene Anlage. Die Forscher im Saarland beschäftigen sich mit Wasserstoff aus Solarenergie. Hier belaufen sich die Gesamtkosten auf etwa 1,6 Millionen Euro. Finanziert wurde das Projekt zu etwa 60 Prozent aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (Efre), rund 400 000 Euro hat das saarländische Wirtschaftsministerium beigesteuert.
Deshalb hat sich auch die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) vor Ort ein Bild von der neuen Tankstelle gemacht. Auch wenn 90 Prozent ihrer Arbeit zurzeit am Schreibtisch stattfinden würde, müsse man zeigen, dass „wir nicht in der Krise stehen bleiben, dass wir auch noch Zukunft machen“. Mit der Ankündigung der Ansiedlung der Batteriefabrik von SVolt in der vergangenen Woche im Blick und nun der Installation der ersten grünen Wasserstofftankstelle sprach die Ministerin von „hoffnungsvollen Signalen“in Zeiten des Strukturwandels und vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. „Letzte Woche haben wir einen Blindfleck beseitigt, aber deshalb werden wir das Thema Wasserstoff nicht zur Seite legen“, sagte Rehlinger, die seit Jahren für das Saarland als Modellregion für Wasserstoff wirbt. „Wir wollen mit unterschiedlichen Energieträgern unterwegs sein.“Denn es gebe durchaus Bereiche, wo der Antrieb mit Wasserstoff gegenüber der Batterie Vorteile habe, etwa bei Nutzfahrzeugen wie Lkw oder Bussen.
Auch Projektinitiator Groß glaubt für die Zukunft an einen Energiemix. So sei etwa für den Toyota Mirai des Izes, eine Limousine, der Antrieb mit der Brennstoffzelle durchaus sinnvoll. Bei einem Smart würde eine Batterie aufgrund der Größe wiederum mehr Sinn ergeben. Und auch Verbrenner werde es weiterhin geben, sagt er.
Um das Ziel einer Reduktion des CO2-Aussoßes um 40 Prozent bis 2030 umzusetzen, müssten erneuerbare Energien noch viel weiter ausgebaut werden, sagt Clemens. Und vor allem müsse es möglich sein, überschüssigen Strom speichern zu können. Und genau das sei eben mit dem Wasserstoff gegeben.