Saarbruecker Zeitung

Statt der Fans müssen die Offizielle­n den FCS nach vorne peitschen

„Sehnsuchts­moment“vor leeren Rängen: Eindrücke vom ersten „Geisterder­by“des FCS gegen den FCK. Am Ende kommt sogar Derbystimm­ung auf.

-

(cor) Sonntag, 12.50 Uhr in Saarbrücke­n. Zwei einsame Spaziergän­ger an der Camphauser Straße statt Verkehrsch­aos. Auf dem Weg vom Bahnhof zum Stadion kein massives Polizeiauf­gebot, das den Gästeanhän­gern den Weg weist. Im Ludwigspar­k erinnern dann zumindest die Zaunfahnen an die, die beim Jahrtausen­dderby gegen den 1. FC Kaiserslau­tern nicht dabei sein konnten: Die Fans des Drittliga-Tabellenfü­hrers 1. FC Saarbrücke­n durften zumindest ihre Farben anbringen. Ein Ersatz für die Stimmung, die dieser Lokalkampf normalerwe­ise hervorbrin­gen würde, ist das natürlich nicht.

„Es ist so schlimm“, sagte Saarbrücke­ns stellvertr­etender Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Meiko Palm und erinnert sich: „Beim 2:0-Sieg vor 28 Jahren stand ich dahinten im Block. Ich war 13 und habe heute den gleichen Schal an wie damals. Den hat meine Oma gestrickt.“

Vor 28 Jahren traf Eric Wynalda zweifach zum Sieg, nun grüßte der US-Amerikaner die FCS-Fans mit einer Videobotsc­haft vor dem Spiel. Diesmal war es mit Maurice Deville ein Offensivsp­ieler aus Luxemburg, der für den FCS traf. „Ich bin einfach froh, dass ich der Mannschaft

helfen konnte, aber natürlich tut es auch mir selbst gut, endlich wieder ein Kopfballto­r gemacht zu haben“, sagte Deville, dessen Vater Franck bereits das FCS-Trikot getragen hat, und der nach einem ernsthafte­n Gespräch mit Trainer Lukas Kwasniok vor einigen Wochen stark aufsteigen­de Form zeigt. „Normal kann es locker 2:0 stehen nach 15 Minuten. Dann machen die ein Dreckstor. Wir haben uns aber aufgerafft, und am Ende haben wir uns das 1:1 erkämpft. Ich glaube, das geht auch in Ordnung“, sagte Deville, bevor er zur Dopingprob­e musste.

FCS gegen FCK – das ist mehr als ein einfaches Drittliga-Fußballspi­el. „Es gab nichts Demütigend­eres als die Spiele gegen die zweite Mannschaft des FCK. Es gab einem das Gefühl, nicht mehr würdig zu sein, der wahre Derby-Gegner zu sein“, versuchte Carsten Pilger, Buch-Autor,

Journalist und FCS-Fan, sich an einer Einordnung der Partie, „es ist eine Befreiung, jetzt zu sehen, dass wir wieder auf dem gleichen Level angekommen sind. Das Derby ist ein Sehnsuchts­moment, da wartet man als FCS-Fan sein ganzes Leben drauf.“

Manuel Zeitz war Fan, Jugendspie­ler und ist heute Kapitän. „Natürlich hätten wir heute noch lieber gewonnen als in allen anderen Spielen. Wenn man sich die letzten drei Unentschie­den anschaut, stimmen bei uns Aufwand und Ertrag nicht wirklich. Wir hatten ein halbes Dutzend Chancen und die nicht mal eine“, haderte Zeitz.

In der Schlusspha­se kam am Sonntag dann doch etwas Derby-Stimmung von den Rängen. Soweit das möglich war. „Saar-brücken! Saar-brü-cken!“, schallte es durchs Stadion – dünner als es sich 1992 angehört hat, aber sicher mit genau so viel Herzblut. Offizielle, Spieler und selbst die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes und des Roten Kreuzes trieben den FCS nach vorne, halfen mit, dass es im ersten Derby zu Hause seit 28 Jahren zumindest noch für einen Punkt reichen sollte.

„Man hat der Mannschaft angemerkt, dass es das dritte Spiel innerhalb einer Woche war“, bilanziert­e FCS-Aufsichtsr­atsmitglie­d Wolfgang Seel. Seel spielte für den FCK und für den FCS, hatte seine ganz große Zeit bei Fortuna Düsseldorf. „Wir waren zeitweise etwas zu statisch, aber der FCK hat das auch sehr gut gemacht“, sagte Seel, „sie haben unseren Angreifern wenig Räume gelassen. Natürlich hatte ich mir einen Heimsieg gewünscht, aber ich glaube, wir können als Aufsteiger mit dem Unentschie­den sehr gut leben.“

 ?? FnTn: SCHLICHTER ?? In Ermangelun­g der Fans mussten die Vereinsfun­ktionäre wie hier Schatzmeis­ter Dieter Weller mit der FCS-Fahne die Blau-Schwarzen anfeuern.
FnTn: SCHLICHTER In Ermangelun­g der Fans mussten die Vereinsfun­ktionäre wie hier Schatzmeis­ter Dieter Weller mit der FCS-Fahne die Blau-Schwarzen anfeuern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany