Detektivaffäre: OB will Homburg 81 000 Euro zahlen
Der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) sitzt wieder auf der Anklagebank, nachdem der Bundesgerichtshof das erste Urteil gegen ihn aufgehoben hat.
(mju/fu) In der Detektivaffäre will der suspendierte Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) 81 000 Euro an die Stadt zurückzahlen. Das erklärte er vor dem Saarbrücker Landgericht, das den Untreueprozess gegen den 52-Jährigen seit Montag neu aufrollt. Weil er eine teure Detektei städtische Mitarbeiter observieren ließ, war der OB zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof kassierte jedoch das Urteil. Saarland
Für den mit reduzierten Amtsbezügen vom Dienst suspendierten Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) geht es erneut um die berufliche und politische Zukunft. Die Detektiv-Affäre um die angebliche „Holzmafia“im Baubetriebshof der Stadt beschäftigt wieder die Justiz. Auf der Anklagebank sitzen aber keine Holzdiebe oder Schwarzarbeiter, sondern der Oberbürgermeister, der teure Detektive aus Düsseldorf engagiert hatte, um die „Holzmafia“auszuheben. 328 000 Euro stellte die Detektei in Rechnung. Der Oberbürgermeister durfte 2015 aber alleine nur 25 000 Euro ohne den Segen des Stadtrats ausgeben.
Im dunklen Anzug und weißen Hemdkragen sitzt Schneidewind, der angeblich mehr als 20 Kilo an Gewicht verloren hat, vor der fünften Strafkammer des Landgerichts – durch eine Plexiglasscheibe von seinem Verteidiger Joachim Giring getrennt. Die drei Profirichterinnen unter Vorsitz von Alexandra Schepke-Benyoucef und zwei Schöffen müssen klären, ob Schneidewind sich etwa der Untreue durch Unterlassen strafbar gemacht hat. Interessante Randnotiz: In dem Prozess wirkt Maria Vermeulen (SPD),
Bürgermeisterin der Saarpfalz-Gemeinde Mandelbachtal, als ehrenamtliche Richterin (Schöffin) mit. Sie erklärte auf Anfrage, sie sei bereits vor ihrer Wahl zur Rathauschefin als Schöffin berufen worden.
Nachdem der fünfte Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Leipzig das erste Urteil des Landgerichts Saarbrücken, das im Februar 2019 fiel, zerpflückt und etwa „lückenhafte Beweiswürdigung“und falsche rechtliche Maßstäbe angeprangert hatte, ist jetzt eine andere Strafkammer des Gerichts am Zug. Das erste Urteil über 15 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen besonders schwerer Untreue wurde vom BGH kassiert. Die Staatsanwaltschaft hatte übrigens nur zehn Monate auf Bewährung beantragt.
Ganz ungeschoren ließen die obersten Richter den OB allerdings nicht, sie gaben den deutlichen Hinweis, dass Schneidewind sich möglicherweise zum Schaden der Stadt der „Untreue durch Unterlassen“schuldig gemacht haben könnte. Denn: Er hätte frühzeitig den Detektiv-Vertrag kündigen und damit in der Affäre die Reißleine ziehen können. Nach mehrwöchiger Observation der Bauhofmitarbeiter mit zeitweise drei Detektiven gab es noch keine greifbaren Ergebnisse, aber bereits Kosten von mehr als 150 000 Euro.
Am ersten Verhandlungstag vor vollbesetztem Zuschauerraum waren an diesem Montag mehrere „Lesestunden“vor der Strafkammer angesagt. Oberstaatsanwalt Peter Thome trug die ursprüngliche Anklageschrift aus dem Jahr 2018 vor. Er geht weiter von einem Fall der Untreue aus. Richterin Schepke-Benyoucef verlas dann die Ergänzungen und Hinweise der ursprünglichen Strafkammer und zitierte ausführlich
„Ich hätte diesen
Vertrag nicht unterschreiben sollen.“
Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD)
aus dem BGH-Urteil sowie aus einem Vermerk zum Vorgespräch unter den Prozessbeteiligten. Demnach bleibt fraglich, ob Schneidewind eine gravierende Pflichtverletzung durch die Auftragserteilung und späte Kündigung des Vertrags angekreidet werden kann.
Der Angeklagte Schneidewind nutzte die Gunst der Stunde zu einer umfangreichen, 36 Seiten starken Stellungnahme, die er vorlas. Prozessbeobachter kannten diese Erklärung zum großen Teil bereits aus der ersten Verhandlung. So räumte er eigene Fehler ein. Schneidewind: „Ich hätte den Vertrag nicht unterschreiben sollen.“Und er zeigte eine gewisse Reue, etwa mit dem Satz: „Ich wollte weder Geld verplempern noch einer Detektei in den Rachen werfen.“Die Kosten seien aus seiner Sicht „unvorstellbar hoch“und „aus dem Ruder gelaufen“. Den Betrag von mehr als 300 000 Euro habe er „nicht für möglich gehalten“. Die Stadt prozessierte in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht erfolgreich wegen eines Teilbetrages gegen die Detektive. Aus Sicht des OB wurden 93 000 Euro zu Unrecht in Rechnung gestellt. Damit bliebe eine Summe von 235 000 Euro, von der der suspendierte Rathauschef 81 000 Euro als Schadensminimierung übernehmen will. 50 000 Euro liegen auf einem eigens eingerichteten Konto parat. 125 000 würde angeblich eine Versicherung der Kreisstadt übernehmen.
Schneidewind beteuerte: „Ich werde in meinem Leben keinen Detektiv mehr beauftragen.“Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.