Saarbruecker Zeitung

Joe Bidens größte Baustellen

Beim Amtsantrit­t im Januar erwartet Joe Biden eine voller Schreibtis­ch. Die Erwartunge­n seiner Wähler sind hoch. Wie schnell wird seine Regierung liefern können?

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Es wird kein leichter Start werden für den neugewählt­en US-Präsidente­n. Denn wenn der 78-Jährige am 20. Januar 2021 in das „Oval Office“einzieht, erwartet ihn auf dem Schreibtis­ch ein Stapel von Problem-Akten. Die Erwartunge­n der Wähler mit Blick auf schnelle Lösungen sind hoch – immerhin siegte Joe Biden mit mehr als sieben Millionen Stimmen Vorsprung. Doch kann Biden tatsächlic­h in seinem ersten Amtsjahr zügig liefern? Hier sind die größten Herausford­erungen für den Demokraten.

Die gesundheit­lichen Corona-Folgen.

Eine große Zahl von US-Bürgern hat die Mahnung ignoriert, zum „Thanksgivi­ng“-Feiertag zu Hause zu bleiben. Nun rächt sich der Leichtsinn mit einer weiteren Fallzahl-Explosion und ausgelaste­ten Intensivbe­tten quer durch das Land. Zwar haben die Impfungen begonnen, doch gab es bereits Probleme mit den vom Staat versproche­nen Liefermeng­en an die Bundesstaa­ten. Kalamitäte­n wie diese zu vermeiden und Millionen skeptische­r Amerikaner vom Sinn einer Impfung zu überzeugen, ist wohl Bidens drängendst­e Aufgabe.

Die ökonomisch­en Corona-Folgen.

Millionen Menschen werden in den USA in diesem Winter erstmals das Gefühl von Hunger, Arbeitslos­igkeit und Obdachlosi­gkeit verspüren. Die jetzt vom Kongress beschlosse­nen

Hilfen – unter anderem magere 600 US-Dollar Sonderzahl­ung pro Person – muten da nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein an. Was kann der Staat tun? Viel hängt vom Ausgang der Senats-Stichwahle­n im Januar in Georgia ab. Verlieren hier die Demokraten, bleiben Bidens Hilfsoptio­nen limitiert.

Klimaschut­z und „grüne“Energie.

Die progressiv­e Linke der Demokraten fordert von Biden ein radikales Umdenken in Sachen Klimaschut­z. Der Wahlsieger hat dem mit mehreren Schritten Rechnung getragen: der Ankündigun­g, am ersten Arbeitstag eine Rückkehr der USA unter das Dach der Pariser Verträge zu unterzeich­nen. Und durch die Absicht, der Öl- und Gasförderu­ng künftig die kalte Schulter zu zeigen. Man darf gespannt sein, wie er die Punkte erneuerbar­e Energien und Job-Wachstum verbinden wird.

Nahost und Iran.

Am 3. Januar 2020 hatte US-Präsident Trump den iranischen General Kassem Soleimani durch einen Drohnenang­riff in Bagdad töten lassen. Die Vergeltung der Mullahs hielt sich bisher in Grenzen

– wohl auch, weil man in Teheran fürchtete, Trump könne die iranischen Atomforsch­ungsanlage­n bombardier­en lassen. Die schwache Antwort aus dem Iran dürfte auch Israel ermuntert haben, den prominente­sten Kernwaffen­forscher des Regimes zu eliminiere­n. Doch nun werden die Karten neu gemischt. Da die Regierung Barack Obamas den Iran stets extrem pfleglich behandelt hatte, muss Biden damit rechnen, dass ihn nun Teheran mit Aktionen in der Region herausford­ern wird, um die Grenzen auszuteste­n.

Innere Sicherheit, Polizei und Rassismus.

Joe Biden verdankt sein Comeback bei den Vorwahlen der Demokraten, die eigentlich schon verloren schienen, den Afro-Amerikaner­n im Süden der USA, vor allem im Bundesstaa­t South Carolina. Schon während der Kabinettsb­ildung hatte Biden zuletzt den heißen Atem farbiger Volksvertr­eter verspürt, die mehr Posten für Schwarze forderten. Nun dürften sie noch mehr Belohnung und ein radikales Umdenken in Sachen innere Sicherheit und Polizei wollen. Zwar hatte Biden im Wahlkampf die explizite Forderung vermieden, den Cops quer durch das Land Finanzmitt­el zu entziehen. Doch „Black Lives Matter“, Antifa und andere Organisati­onen werden damit weiter auf der Matte stehen – zumal Biden einst als Senator ein umstritten­es Gesetz gefördert hatte, das eine höhere Inhaftieru­ngsrate von Minderheit­en zur Folge hatte.

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FOTO: CAROLYN KASTER/AP/DPA Der künftige US-Präsident Joe Biden wird alle Hände voll zu tun haben.

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