2,6 Millionen Euro mehr für Dorferneuerung
Umweltminister Jost erwartet vom Corona-Aufbaufonds der EU bis 2022 zusätzliche Mittel für Projekte im ländlichen Raum im Saarland.
Der saarländische Umwelt- und Agrarminister Reinhold Jost (SPD) geht davon aus, dass dem Saarland in den kommenden zwei Jahren rund 2,6 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stehen, um Projekte zu unterstützen, mit denen das Leben auf dem Land attraktiver gemacht werden kann. Im Jahr 2021 sollen 30 Prozent dieser Summe ausgezahlt werden und 2022 die restlichen 70 Prozent. Dieses Geld stammt aus dem 750 Milliarden Euro umfassenden Wiederaufbaufonds, den die EU auf den Weg bringen will, um die wirtschaftlichen Schäden der Corona-Krise zu bewältigen. Bisher war Jost, der bis Jahresende Vorsitzender der Agrarministerkonferenz (AMK) ist, lediglich von 1,6 Millionen Euro zusätzlicher Fördersumme für das Saarland ausgegangen, die im Jahr 2022 gezahlt wird.
Während der aktuellen EU-Förderperiode, die 2014 begann und 2020 endet, hat das Saarland insgesamt 28,5 Millionen Euro aus dem EU-Landwirtschaftsfonds „Eler“erhalten, der die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums und damit auch die Dorfentwicklung fördert. Dies entspricht einem jährlichen Zuschuss von mehr als vier Millionen Euro. Diese Mittel sollen auch in den kommenden beiden Jahren als Basisfinanzierung fließen.
Für die nächste Förderperiode, die nach dem zweijährigen Zwischenintervall 2023 startet und 2027 endet, will Jost noch mehr Geld aus EU-Töpfen für die Dorfentwicklung anzapfen. Denn das Saarland wird seiner Auffassung nach „ungerecht behandelt“. Er fordert, dass sich die Verteilung der Eler-Mittel in Deutschland am so genannten Königsteiner Schlüssel orientieren soll. Dieser regelt, mit welcher Quote sich die Bundesländer an Projekten beteiligen müssen, die Bund und Länder gemeinsam finanzieren. Für das Saarland liegt dieser Anteil bei 1,2 Prozent. „An Eler-Mitteln erhalten wir von der EU aber nur 0,345 Prozent der in Deutschland verteilten Gelder“, kritisiert Jost. Mecklenburg-Vorpommern sei am Königsteiner Schlüssel mit knapp zwei Prozent beteiligt, die Eler-Quote des ostdeutschen Bundeslandes liege aber bei zehn Prozent. In der neuen Förderperiode dürften die Eler-Millionen „nicht mehr nur nach Himmelsrichtungen verteilt werden, sondern nach dem tatsächlichen Bedarf“, fordert der Minister. Wären die Eler-Gelder bereits in der abgelaufenen Förderperiode nach dem Königsteiner Schlüssel aufgeteilt worden, hätte das Saarland statt der gewährten 28,5 Millionen Euro „etwa 120 Millionen Euro bekommen müssen“.
Jost liegt der so genannte ländliche Raum am Herzen. Das sind mehr als 300 Dörfer, von denen 143 weniger als 1000 Einwohner haben. In ihnen leben etwa 460 000 Saarländer – rund die Hälfte der Bevölkerung. „Das ist Heimat und Geheischnis“, sagt er – „Orte mit Zukunft, in die wieder mehr Leben einkehren soll“.
Hier passiert schon einiges. Neben der EU fördern auch der Bund und das Land Initiativen, die darauf abzielen, das Leben auf dem Dorf attraktiver zu machen. In der Förderperiode 2014 bis 2020 standen aus den verschiedenen Töpfen insgesamt 32,3 Millionen Euro zur Verfügung, die Gesamtinvestitionen von 55,6 Millionen Euro auslösten. Seit 2014 wurden mit dem Geld knapp 440 Projekte auf den Weg gebracht, wie aus einer Aufstellung des Umweltministeriums
hervorgeht.
Das Spektrum der Maßnahmen ist breit gestreut. Im Mettlacher Ortsteil Saarhölzbach wurde beispielsweise eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Saar saniert. Fördergeld floss auch in Sanierung und Umbau der alten Schule in Schmelz-Limbach zu einem Dorfgemeinschaftshaus. Ähnliches geschah im Gersheimer Ortsteil Walsheim sowie in St. Wendel-Winterbach. Im Regionalverband Saarbrücken erhielt das Jagdschloss Karlsbrunn neue Fenster und Türen. In Heckendalheim (Mandelbachtal) oder in Humes (Eppelborn) wurden die Dorfplätze neu gestaltet. In Wustweiler (Illingen) legten die Einwohner einen gemeinsam bewirtschafteten Dorfgarten an.
Auch Corona konnte diesen Elan nicht bremsen. Das Ministerium rührte kräftig die Werbetrommel. Allein aus Bundesmitteln wurden von Anfang des Jahres bis Ende November 57 neue Dorfentwicklungs-Vorhaben bewilligt. Das Dumme an den Geldern aus Berlin ist allerdings, dass sie bis zum Ende des jeweiligen Förderjahres ausgegeben werden müssen. Wenn eine Restsumme übrig ist, muss sie rücküberwiesen werden.
Weil wegen Corona die Bürokratie langsamer lief und die Anträge mehr Zeit brauchten, hatte der Bund zunächst in Aussicht gestellt, das sogenannte Jährlichkeitsprinzip für 2020 auszusetzen. Als Berlin es sich jedoch anders überlegte, gab das Saarland Gas. In Abstimmung
mit dem Bildungsministerium lenkte das Umweltministerium die Mittel, die bis Ende des Jahres nicht mehr in die Dorferneuerung fließen konnten, in die Sanierung und Modernisierung von Schulen um. Bis Anfang November lagen 24 Anträge für 21 Schulen mit einer Investitionssumme von 2,02 Millionen Euro auf dem Tisch. Das Land stockte die Förderquote auf 90 Prozent auf, so dass die Schulträger nur noch zehn Prozent zahlen müssen. Die Kraftanstrengung hatte Erfolg. „Von den 2,45 Millionen Euro an Bundesmitteln muss nichts mehr zurückgezahlt werden“, freut sich Jost. 2019 war das noch anders. Damals forderte Berlin 500 000 Euro zurück – und das Land musste zähneknirschend zahlen.