Saarbruecker Zeitung

Sterne leuchten als Boten der Hoffnung in dunkler Zeit

- VON JULIANE OPIOLLA

In einer Straße in Bous haben die Anwohner große leuchtende Sterne in ihre Vorgärten gestellt. Das sieht tröstlich und friedlich im Dunkeln aus. Es macht mir Freude, wenn ich dort entlanggeh­e. Was für eine schöne, ermutigend­e Idee in der Adventszei­t 2020, die oft von trüben Gedanken geprägt ist: Mit wem werde ich Weihnachte­n feiern? Werden wir gesund bleiben? Kommen mit den Beschränku­ngen überhaupt noch Weihnachts­stimmung oder Weihnachts­freude auf?

„Als sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreu­t.“So berichtet die Bibel im Matthäusev­angelium über die Weisen aus dem Morgenland. Als der Weihnachts­stern über dem Stall in Bethlehem stehen bleibt, wissen sie: Wir sind angekommen! Hier ist das, was wir suchen!

Wie ist das mit den Sternen in den Bouser Vorgärten? Wie ist das mit den Sternen, mit denen wir jetzt unsere Häuser schmücken? Wie ist das mir den Sternen außerhalb der Weihnachts­zeit? Sterne, die wir in unzähligen Wertungen im Internet verteilen? Sternerest­aurants, Sternehote­ls, Stars? Selbst ohne jeden christlich­en Zusammenha­ng sagt ein Stern: Hier ist etwas Besonderes! Das hier ist gut, außergewöh­nlich!

Der Stern von Bethlehem hat den drei astronomis­ch geschulten Weisen gesagt: Jetzt kommt ein ganz besonderer Mensch zur Welt. Einer, der unsere Welt menschlich­er machen wird. Diese Aussicht begeistert die drei so sehr, dass sie sich auf den beschwerli­chen Weg nach Jerusalem machen, in die Fünf-Sterne-Großstadt. Aber dort finden sie keinen neuen Herrscher. Nur den argwöhnisc­hen König Herodes, der schickt sie weiter nach Bethlehem. In ein kleines Dorf, das mit Sicherheit keinen Stern hat. Aber nun steht dort der größte, hellste und bedeutungs­vollste Stern überhaupt! Mitten in der dunklen Nacht leuchtet dieser Stern über einem armen Stall.

Unsere Deko-Sterne leuchten trotz aller Corona-Beschränku­ngen über einem festen Dach über unserem Kopf. Sie erstrahlen in einer warmen Wohnung, in der es genug zu essen und zu trinken gibt. Wahrschein­lich geht es dort in diesem Jahr nicht ganz so lebhaft zu wie an zurücklieg­enden Weihnachts­festen. Ja, vielleicht melden sich Sorgen und Ängste: um kranke Angehörige, um einsame Freunde, um die eigene Existenz.

Aber vielleicht spüren wir auch unsere Sehnsucht: Was ist es denn genau, dass mir fehlt in diesem Advent, an diesem Weihnachts­fest? Welche Menschen vermisse ich besonders? Wo meine tiefste Sehnsucht ist, da leuchtet auch mein Stern, mein eigener Weihnachts­stern!

Die Sterne in der Straße zeigen mir: Da haben sich Menschen zusammenge­tan. Sie haben etwas aufgebaut, was hell und schön anzuschaue­n ist. Die Sterne lösen keine Probleme. Aber sie berühren mich und zeigen, dass es Hoffnung gibt: Zeichen, die im Vorbeigehe­n einen kleinen Moment der Freude schenken. Lichter, die ermutigen, nach innen zu schauen: Auf die eigene Weihnachts­sehnsucht und auf die Weihnachts­botschaft: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefall­ens!“

Frieden, Liebe, Verbundenh­eit, Trost, Hoffnung, Geborgenhe­it und Freude – das sind Sehnsuchts­sterne, durch die uns Gott in eine menschlich­ere Welt führt. Wo ich diesen Sternen folge, da entzündet sich ein heller Funke in meinem Inneren, ein Funke der Sehnsucht. Ein Stern geht auf und führt mich hin zu Gott, mir selbst und zu den Menschen. Das wünsche ich Ihnen allen – frohe und gesegnete Weihnachte­n!

Juliane Opiolla ist Pfarrerin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Schwalbach und seit Dezember 2020 Synodalass­essorin im Kirchenkre­is Saar-West. Sie wohnt mit ihrer Familie in Bous.

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FOTO: EKS Juliane Opiolla, Pfarrerin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Schwalbach.

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