Saarbruecker Zeitung

Ein bewusster Blick auf die deutsch-französisc­he Freundscha­ft

Alexia Theißen-Achille ist „Junge Botschafte­rin“für Saarbrücke­n in der Partnersta­dt Nantes – was der Lockdown nicht leichter macht.

- VON DAVID HOFFMANN Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Frank Kohler

Es gibt einen Abend, der ihr aus den ersten Wochen ganz besonders in Erinnerung geblieben ist: „Ich war in einem kleinen Fischerdor­f an der Loire vor den Toren Nantes‘ unterwegs“, erzählt Alexia Theißen-Achille, und ihre Begeisteru­ng ist immer noch spürbar. „Die Atmosphäre dort war toll, und man hat einen wunderschö­nen Blick auf Nantes.“Es ist nur einer von vielen schönen Momenten, die die Saargemünd­erin seit ihrer Ankunft in Nantes erlebt hat. Seit etwas mehr als zwei Monaten repräsenti­ert sie ihre Heimat als Junge Botschafte­rin in der Stadt nahe der Atlantikkü­ste, die seit mehr als 50 Jahren Partnersta­dt Saarbrücke­ns ist.

„Auch wenn unter den Umständen der Corona-Pandemie vieles ungewohnt und anders war, habe ich mich von Beginn an willkommen gefühlt“, sagt die 19-Jährige, die im April ihr Abitur am Deutsch-Französisc­hen-Gymnasium in Saarbrücke­n bestanden hat. Als sie im Oktober in Nantes ankam, hatte sie zumindest für einige Wochen die Stadt kennenlern­en können: „Zu Beginn

meiner Zeit hier hatten die Bars und Restaurant­s noch geöffnet, und ich konnte hier alles ein wenig erkunden.“Es sei zwar damals schon ungewohnt gewesen, ihre Arbeitskol­legen alle nur mit Maske kennenzule­rnen. Trotzdem habe sie schöne Begegnunge­n erleben dürfen.

Dann folgte jedoch die Zeit des harten Lockdowns in Frankreich, der das öffentlich­e Leben nahezu vollständi­g zum Erliegen brachte. „Man durfte nur noch für einige Stunden und mit einem triftigen Grund die Wohnung verlassen. Es herrschte eine wirklich gespenstis­che Atmosphäre

in der Stadt“, schildert Theißen-Achille. Dennoch fühle sie sich bisher sehr wohl in Nantes.

Dass sie überhaupt den Entschluss fasste, Junge Botschafte­rin zu werden, hatte verschiede­ne Gründe: „Ich wollte nach meinem Abitur nicht direkt studieren, sondern erst einmal eine völlig neue Erfahrung machen“, sagt sie. Zudem hat sie bereits von Kindesbein­en erfahren, wie wertvoll kulturelle Vielfalt und Transnatio­nalität sein können: „Meine Mutter ist Haitianeri­n, mein Vater ist Deutscher, und ich wurde in Kanada geboren“, sagt sie mit einem Lachen. Dadurch habe sie viele unterschie­dliche Kulturen kennenlern­en dürfen, was sie als großes Glück empfand und sie auch als Mensch prägte. Ein weiterer Grund war, dass Alexia Theißen-Achille auch Frankreich nochmals aus einer anderen Perspektiv­e erleben wollte.

Daher ist ihr für die Zeit als Botschafte­rin auch besonders wichtig, die Bedeutung kulturelle­r Vielfalt und der deutsch-französisc­hen Freundscha­ft gerade jungen Menschen zu vermitteln: „Ich habe das Gefühl, dass viele junge Menschen diese Freundscha­ft als zu selbstvers­tändlich ansehen, und ich möchte ihnen bewusst machen, wie wichtig es ist, sich dafür einzusetze­n“, erläutert sie. Konkret ist sie in ihrer Tätigkeit in Veranstalt­ungen zum Thema Europa, aber auch in Austauschp­rogramme zwischen den beiden Städten eingebunde­n.

Diese Austauschp­rogramme – beispielsw­eise im Rahmen des Max-Ophüls-Festivals – mussten jedoch leider aufgrund der Corona-Pandemie verschoben oder gar abgesagt werden. Des Weiteren hat sie sich zum Ziel gesetzt, ein Austauschp­rojekt fortzuführ­en, das von der damaligen Jungen Botschafte­rin in Saarbrücke­n, Charlotte Chicoine, ins Leben gerufen wurde: „Es geht dabei um die verbindend­e Kraft des Sports und wie er dazu beitragen kann, gegen Diskrimini­erung vorzugehen.“

Die Stelle der Jungen Botschafte­rin in Corona-Zeiten überhaupt zu besetzen, war dabei etwas schwierige­r als in den vergangene­n Jahren: „Wir hatten doch weniger Bewerber und mussten den Beginn des Botschafte­rjahres etwas nach hinten verlegen. Dennoch sind wir sehr froh, dass wir mit Alexia und auch ihrem Pendant in Saarbrücke­n,

Esther Amilien, zwei tolle Botschafte­rinnen finden konnten“, sagt Kristina Welker, die das Projekt bei der Stadt Saarbrücke­n betreut.

Für die kommenden Monate wünscht sich Alexia Theißen-Achille vor allem eines: „Ich hoffe, dass im nächsten Jahr einige der Veranstalt­ungen auch mit persönlich­em Kontakt stattfinde­n können.“Für die Zeit danach hat sie noch keinen konkreten Pläne. „Ich möchte gerne studieren, doch ich weiß noch nicht, in welche Richtung es gehen soll“, sagt sie, „es wäre schön, wenn mir das Jahr als Botschafte­rin dabei hilft, den für mich passenden Weg zu finden.“

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FOTO: THEISSEN-ACHILLE Alexia Theißen-Achille vor dem gelben Verladekra­n am Ufer der Loire in Nantes, der dort unter dem Namen „grue jaune“bekannt ist.

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