Eine fußballverrückte Familie
Aus drei Generationen der Familie Staub haben sich immer mehrere Familienmitglieder, insbesondere als Spieler, für den Fußball-Bezirksligisten SV Schnappach engagiert – bei manchen Spielen „staubte“es geradezu auf dem Platz.
Die Spieler des Fußball-Bezirksligisten SV Schnappach sind für die üppige Ausgestaltung der dritten Halbzeit im Clubheim „berüchtigt“. Egal, ob das Spiel gewonnen oder verloren wurde. Die Geschichten, die am Büfett bei feucht-fröhlicher Stimmung erzählt werden, kommen ohne den Familiennamen „Staub“nicht aus.
Abkömmlinge der hiesigen Fußballer-Dynastie waren und sind von den Gegnern seit jeher gefürchtet. Derzeit führt sie Maik Staub an, der Trainer der 1. Mannschaft. Zu seinem Team gehören mit Bruder Max und den Cousins Kevin, Norman (derzeit verletzt) und Pascal (auf Abruf) gleich vier Verwandte. „Die sind so fußballverrückt wie ich, wir haben den gleichen Sachverstand und auch die gleiche Meinung. Sie helfen mir, meine Vorstellungen auf dem Platz umzusetzen“, sagt Maik. Schon ihre Väter Günter, Horst und Jörg hatten einst gemeinsam für den SVS gespielt. Und auch schon deren Väter.
„Als ich sechs, sieben Jahre alt war, haben wir auf der Straße gebolzt. Eine Jugendabteilung gab es damals noch nicht“, erinnert sich Günter, genannt „Gille“Staub, Vater von Maik und Max. Sein erstes richtiges Jugendspiel im Trikot des SV Schnappach endete 36:0 für den FV Fischbach. „So etwas vergisst man nicht“, grummelt der heute 58-Jährige. Später, Mitte der 1970er- Jahre, nahm Gille zusammen mit seinen Brüdern und Cousins als reine Familienmannschaft für den SV Schnappach an Hallenturnieren teil. „Wir haben uns immer sehr gut miteinander verstanden und konnten das auch auf die Mannschaft übertragen“, erklärt Horst das Erfolgsrezept.
Ein Familienerlebnis sticht jedoch heraus: Am 9. Mai 2010 war die Spvgg. Quierschied in Schnappach zu Gast. Gille Staub, damals Spielertrainer des SVS, fragte seine Brüder Jörg und Horst, ob sie einmal zusammen mit ihren Söhnen spielen wollten. Jörg stimmte trotz kaputter Knie zu, Horst musste aus gleichem Grund passen. Letztlich standen mit den Altinternationalen Gille und Jörg, den Erstmannschaftsspielern Maik und Pascal sowie den gerade erst spielberechtigten Jugendspielern Max, Norman und Kevin insgesamt sieben Staubs auf dem Platz. Schnappach siegte mit 3:2. Das arg angestaubte, legendäre Mannschaftsfoto von damals hängt noch heute im Clubheim.
„Wir wurden alle schon als Kinder zum Sportplatz mitgenommen, und deshalb war dieses Spiel für uns alle etwas ganz Besonderes“, sagt der 36-jährige Maik. „Das war einfach geil“, ergänzt Norman, „dass Gille, Kevin und ich auch noch die Tore geschossen haben, war das i-Tüpfelchen.“Ob es sich zwangsläufig um Abstauber handelte, ist Definitionssache. „Ich konnte leider nicht mehr mitmachen. Aber das war trotzdem eine supertolle Sache“, ergänzt Horst. Für seinen Bruder Jörg war das Quierschied-Spiel sogar „das schönste Erlebnis überhaupt.“Mit seinen Söhnen zusammenzuspielen sei schon immer sein großer Wunsch gewesen. „Meine Tochter Nina ist auch eine gute Fußballerin, aber sie hatte sich schon im Alter von 13 Jahren schwer verletzt und aufgehört. Das hat mir damals schon wehgetan“, bedauert Jörg und berichtet: „Bis dahin hatte sie immer in der Saarauswahl gespielt. Mit 30 hat sie wieder mit dem Kicken angefangen.“
Auf dem Platz und auch daneben herrschte bei der fußballverrückten Großfamilie Staub in Sachen Fußball oft Einigkeit. Auseinander gehen die Meinungen darüber, wer von ihnen denn der Beste sei. „Das ist absolut mein Bruder Jörg“, findet Horst, merkt aber an: „Obwohl manche auch sagen, dass mein Sohn Kevin einen Tick besser ist, weil er torgefährlicher ist.“Jörg selbst hält daher Kevin für das größte Talent: „Der könnte locker drei, vier Klassen höher spielen“, meint er und ergänzt angesichts der wilden Jugendjahre, mit denen sich sein Neffe
diese Laufbahn verbaut hat: „Er ist halt ein echter Schnappacher.“
Auch Norman attestiert seinem Cousin Kevin „alle Anlagen, die ein guter Fußballer braucht. Jeder von uns hat so seine Stärken, die wiederum kein anderer hat. Aber was Gille später mit 48 Jahren noch in der 1. Mannschaft gemacht hat, war schon genial.“Auch Max kann sich nicht entscheiden: „Ich glaube, dass wir alle sehr viel Talent haben. Auf dem Platz wie auch an der Theke. In Schnappach ist auch das sehr wichtig.“Cousin Pascal widerspricht hier nicht, sieht aber seinen Vater Jörg als besten Staub aller Zeiten: „Den habe ich schon als Kind bewundert“, sagt er.
Einen neuen Namen bringt Maik ins Spiel: „Wenn ich einen aussuchen müsste, dann wäre es mein Onkel Dieter. Der konnte gegen Quierschied leider nicht dabei sein. Wenn es damals so eine Förderung wie heute gegeben hätte, wäre er vielleicht sogar Profi geworden.“Er muss es ja wissen: „Ich bin der Einzige, der auch gegen alle gespielt hat. Dieter war mit Mitte 40 noch wieselflink“, erinnert sich Maik, der auf dem Platz weder Freunde noch Familie kennt: „Das hat auch mein Cousin Kevin schon zu spüren bekommen. Den habe ich schon mal gefällt, wenn ich ihn nicht mehr einholen konnte. Aber nach dem Spiel ist alles vergessen“, verspricht und hofft er. Abhilfe bei der Wahl zum besten Staub schafften übrigens die Vereinsmitglieder und Fans.
Sie wählten im Jahr 2019 anlässlich des 100. Vereinsjubiläums Jörg Staub zum Schnappacher „Spieler des Jahrhunderts“.
Obwohl manche von ihnen zwischenzeitlich den Verein wechselten, fanden die Staubs doch immer wieder zurück zu ihrem SV Schnappach. Geschätzt wird vor allem der familiäre Charakter – auch über die Blutsverwandtschaft hinaus. „Hier ist einfach alles besonders. Familie ist ein großer Begriff, aber der trifft es einfach. Egal, woher du kommst, wenn du in Schnappach Fußball spielst, gehörst du dazu“, sagt Norman. „Auf der Schnappach halten wir in guten wie auch in schlechten Zeiten zusammen. Es macht einfach Spaß, mit den Jungs zu kicken, mit denen man aufgewachsen ist. Das schweißt zusammen“, erklärt Kevin. Cousin Max ergänzt: „Ich hoffe auch, dass das noch lange der Fall sein wird. Jeder gibt sein Bestes, damit wir diesen kleinen Dorfverein aufrechterhalten können.“
Wie wichtig der ist, hat man vor allem im Jahr 2016 gesehen. Nach einem schweren Motoradunfall verlor Gille ein Bein und war plötzlich auf Unterstützung angewiesen. Der Verein organisierte zwei Benefizspiele und sammelte Spenden. „Das ganze Dorf stand hinter ihm“, betont Pascal stolz. Einen solchen Zusammenhalt wünschen sich alle Staubs auch für die nächste Generation ihrer Dynastie. Die ersten Enkelkinder von Gille, Jörg und Horst stehen jedenfalls schon bereit.
„Es macht einfach Spaß, mit den Jungs zu kicken, mit denen man aufgewachsen ist. Das schweißt zusammen.“Kevin Staub