Jüngere Schüler sollen zuerst zurück in die Klassen
(gö/dpa) Viele, vor allem ältere Schüler müssen sich wegen Corona noch länger auf Fernunterricht einstellen – nach einem neuen Stufenplan sollen aber untere Jahrgänge und Abschlussklassen bald in die Schulen zurückkehren. Das beschlossen die Kultusminister der Länder am Montag. Wie das Saar-Bildungsministerium der SZ mitteilte, sollen zunächst Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 wieder vollen Präsenzunterricht erhalten, die anderen zu Hause lernen. In Stufe zwei sollen Schüler ab Klasse 7 in einen Wechsel aus Fern- und Präsenzunterricht (mit geteilten Klassen) übergehen, bevor es in Stufe drei wieder Präsenzunterricht für alle gibt. Für Abschlussklassen soll es mit Blick auf wichtige Prüfungen Ausnahmen vom Distanzunterricht geben. Ob die erste Stufe – die Rückkehr der Klassen 1 bis 6 – bereits am 11. Januar erfolgt, hängt auch von der heutigen Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin ab.
Das hat der bisherige Kampf gegen Corona doch gezeigt: Falsche Versprechungen helfen nicht, sie führen nur zu Verdruss bei den Bürgern. Entschieden werden muss stets neu, je nach Infektionsgeschehen. Daher werden Bund und Länder den Lockdown bei ihren Beratungen an diesem Dienstag wohl verlängern. Betroffen davon sind dann auch die Schulen und alle, die im Bildungssystem unterwegs sind: Lehrer, Schüler, Eltern. Auf sie kommen alte wie neue Probleme zu. Stufenplan hin oder her hinsichtlich einer Rückkehr ins Klassenzimmer. Auch die Bildungspolitiker sind in den letzten Monaten einigen Irrtümern aufgesessen – der schwerwiegendste: Immer wieder wurde von ihnen verkündet, Schulen schließen als Letztes oder gar nicht. Obwohl da schon viele Lehranstalten wegen Corona dicht waren oder sich in Teilschließung befanden. Und inzwischen steht ja auch eindeutig fest, dass das Virus um Kinder und Jugendliche keinen Bogen macht. So unlängst jedenfalls RKI-Chef Lothar Wieler. Insofern kann niemand verantworten, dass die Schulen ab dem 11. Januar direkt wieder in den Normalbetrieb gehen, während alles andere offenkundig geschlossen bleibt. Angesichts hoher Inzidenzahlen in so gut wie jedem Bundesland schon gar nicht.
Erneut findet sich im jüngsten Beschluss der Kultusministerkonferenz aber der Hinweis, dass die Öffnung der Schulen höchste Bedeutung hat. Das ist verständlich angesichts der Verwerfungen, die im ersten Lockdown zutage getreten sind – von überforderten Eltern beim Homeschooling, mangelnder technischer Ausstattung von Lehrern und Schülern bis hin zu gravierenden Ausfällen von Online-Lernplattformen in einzelnen Bundesländern. Die Politik muss sich freilich vorwerfen lassen, dass Anspruch und Wirklichkeit nach wie vor weit auseinanderklaffen. Denn in den Monaten mit beherrschbarem Pandemiegeschehen ist mancherorts versäumt worden, die Schulen fit zu machen für den Winter. Vor dem erneuten Lockdown fehlte es schon an allem, an Luftreinigungsfiltern, hybriden Angeboten bis hin zum Personal, um Präsenzunterricht zu teilen. Nur nicht an dicken Jacken, die die Schüler mitbringen mussten, damit gelüftet werden konnte. Geändert hat sich daran offenkundig nur wenig.
Der Fehlerreigen scheint sich fortzusetzen. So stehen die Kultusminister etwa in der Pflicht, klare Perspektiven für das laufende Schuljahr zu entwickeln, welche Spielräume die Schulen bei der Leistungsbeurteilung unter Corona-Bedingungen haben werden. Doch auch hier gilt: vielfach Fehlanzeige. Erneut wartet man auf verlässliche Ansagen vergeblich, was noch hinzukommt zu all den Problemen, die nicht behoben wurden. Schulen, die zudem im praktischen Umgang mit der Pandemie eigene und gute Konzepte durch Wechsel- und Distanzunterricht praktiziert haben, wurden von so manchem Kultusministerium zurückgepfiffen. Eine Torheit. Vielleicht hilft die Verlängerung des Lockdowns dem einen oder anderen Verantwortlichen doch noch auf die Sprünge. Notwendig wär’s.