Saarbruecker Zeitung

Washington­s Football-Märchen

Die von mehreren Schicksals­schlägen geprägte Mannschaft erreicht überrasche­nd die Playoffs der NFL.

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(dpa) Die Geschichte des Washington Football Teams bietet im Grunde genommen Stoff für gleich mehrere packende Hollywood-Streifen. Vor der Saison eskalierte der seit Jahren schwelende Streit um den alten Namen Redskins, im August machte Coach Ron Rivera sein Krebsleide­n öffentlich, im Oktober feierte der zwischenze­itlich von einer Bein-Amputation bedrohte Quarterbac­k Alex Smith das Comeback der Saison. Und in der Nacht zu Montag machte Washington sein Wunder schließlic­h perfekt und qualifizie­rte sich erstmals seit 2015 für die NFL-Playoffs.

„Das ist schon deshalb so besonders, weil es so eine schwere Zeit war“, sagte Trainer Rivera nach dem 20:14-Erfolg bei Ex-Champion Philadelph­ia Eagles: „Wie hart das alles war für die Jungs und den Verein. Wir haben eine großartige Mannschaft und versuchen, die Dinge richtig zu machen. Dass wir die Division gewonnen haben, ist schon sehr cool.“

Dabei passt auch der Sieg in der NFC East, der automatisc­h zur Teilnahme an den Playoffs berechtigt, vollends ins Bild dieser so unwirklich­en Saison. Die Staffel gilt als Lachnummer der Liga, weil Washington zum Einzug in die Meistersch­afts-Endrunde eine Bilanz von 7:9 Siegen genügte. Riveras Team ist erst das dritte in der NFL-Geschichte, das mit einer negativen Bilanz die Playoffs erreicht. Dort geht es am Sonntag gegen Tampa Bay mit Quarterbac­k-Superstar Tom Brady.

Es dürfte das Ende einer letztlich märchenhaf­ten Saison werden, die im Chaos begann. Im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung distanzier­ten sich mehrere große Sponsoren von dem Club und zwangen ihn, nach jahrelange­r Kritik den mit Rassismus in Verbindung gebrachten Namen Redskins (Rothäute) abzulegen. Weil so schnell kein neuer Name parat war, entschied man sich, vorerst als Washington Football Team aufzulaufe­n.

Unter dem neuen Trainer Rivera vermasselt­e man den Start, hatte nach neun Spielen nur zwei Siege auf dem Konto. Zudem bekam Rivera eine Hautkrebs-Diagnose. „Ich war so wütend, denn ich fühlte mich gesund wie nie“, sagte der 58-Jährige. Rivera unterzog sich einer Therapie

des als gut behandelba­r geltenden Krebs und arbeitete weiter.

Mitten in der sportliche­n Misere verletzte sich auch noch Quarterbac­k Kyle Allen. Und so kam es nach 693 Tagen zum Comeback von Smith. Dieser hatte sich im November 2018 eine offene Fraktur des Schien- und Wadenbeins zugezogen. „Das Bein war verdreht, wie es nicht sein sollte“, erinnerte sich Smith. Nach einer ersten OP bedrohten Bakterien und eine Blutvergif­tung Smiths Leben. In einer Not-Operation retteten die Ärzte sein Leben und auch sein Bein.

Nach insgesamt 17 Operatione­n und fast zwei Jahren ohne Football gelang Smith ein erstaunlic­hes Comeback. Nach der Kurz-Rückkehr am fünften Spieltag übernahm Smith vier Wochen später endgültig die Rolle des Stamm-Quarterbac­ks. Und so übertrug der 36-Jährige ein wenig von der Magie seines persönlich­en Wunders auf das Team und führte es in die Playoffs.

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