Wo der Bock zum Schäferstündchen kommt
Ein neues Beweidungsprojekt mit seltenen Brillenschafen in Püttlingen dient auch dem Erhalt der bedrohten Haustierrasse.
(mr) Da muss man nicht lange fragen, woher Brillenschafe ihren Namen haben: Um die Augen der sonst weißen Woll-Lieferanten befinden sich kräftige schwarze Flecken. – Gut, auch die langen Schlappohren haben schwarze Flecken, aber „Hörgerät-Schafe“war wohl eher keine Option.
Genau genommen heißen die knuffigen Paarhufer „Kärntner Brillenschafe“und waren vor allem in Österreich, aber auch in Deutschland im 18. Jahrhundert und Anfang des 19. Jahrhunderts weit verbreitet. Doch inzwischen gehört das Brillenschaf zu den bedrohten Haustierarten. Der Erhalt der Rasse wird jetzt auch in Püttlingen mit Hilfe eines neuen Beweidungsprojektes des Nabu Köllertal sichergestellt: Die Nabu-Mitglieder Mike Siebler und Dr. Wolfgang Regneri stellen das Gelände zur Verfügung. Nachdem sie eine ungenutzte Pferdekoppel entdeckt hatten, kauften sie das Grundstück ganz gezielt, um etwas für die Natur zu tun. Es gab da auch im Vorfeld so einen Aha-Moment: „Es war bei einer Rückreise aus Italien. Da ist uns aufgefallen, dass fast kein einziges Insekt mehr an der Windschutzscheibe klebte“, sprich, die Zahl der Insekten ist im Vergleicht zu den Zeiten vor 20, 30, 40 Jahren, als die Windschutzscheiben nach langen Autofahrten noch regelrecht verklebt waren, deutlich zurückgegangen.
Auf dem etwa 30 000 Quadratmeter großen Magerwiesen-Gelände tummeln sich Eidechsen, Blindschleichen und Ringelnattern, landen Zaunkönig, Schwarzer und Roter Milan, wachsen Orchideen und etliche andere Pflanzen. Die Brillenschafe sorgen künftig als „Rasenmäher“dafür, dass das Gelände frei von Büschen bleibt.
Zunächst habe man an einheimische Schafe gedacht, „aber sowas wie das typisch saarländische Schaf gibt es nicht“, erfuhren Siebler und Regneri, also stand schnell der Entschluss, dass es dann eine bedrohte Haustierrasse sein sollte, um bei der Arterhaltung zu helfen. „Das Gelände ist für maximal 20 bis 25 Schafe geeignet“, schildert Mike Siebler. Zunächst hat der Nabu sechs Stück angeschafft, „zwei ersteigert, vier bei einem Züchter gekauft“, berichtet das NABU-Mitglied. Die neuen Wiesen-Bewohner zeigen sich auch schon sehr zutraulich: Einmal kräftig ein Futterglas geschüttelt, und schon kommen sie angelaufen.
Um die Vermehrung unter Kontrolle zu halten, sind es nur weibliche Tiere. Im kommenden Herbst werde man sich dann einen Bock ausleihen, um den Schafen ein paar Schäferstündchen zu gönnen und so für die Arterhaltung zu sorgen. Das Gelände, von Riegelsberg her über die Grubenstraße zu erreichen, sei, das hätten Fachleute bestätigt, „praktisch eine Weide, wie sie vor 200 Jahren ausgesehen hat“– mit viel Auslauf für die neuen Bewohner.