Saarbrucken verliert vor Gericht in Streit um Ludwigspark
Landgericht gibt Antrag auf einstweilige Verfügung der Baufirma Gross gegen ausgesprochene Sperre von öffentlichen Aufträgen statt.
(mju) Das Landgericht Saarbrücken hat der Stadt Saarbrücken im Fall einer Sperre von öffentlichen Aufträgen für die St. Ingberter Baufirma Peter Gross rechtwidriges Vorgehen bescheinigt. Die Richter gaben einem Antrag des Unternehmens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in vollem Umfang statt. Im Zusammenhang mit der Großbaustelle am Saarbrücker Ludwigspark-Stadion hatte die Stadt die befristete Vergabesperre mit Verstößen gegen das Tariftreuegesetz begründet.
Peinliche Schlappe für die Landeshauptstadt Saarbrücken und deren Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) vor dem Landgericht Saarbrücken. Die vierte Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Martin Jung hat einem Antrag der St. Ingberter Baufirma Peter Gross auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Stadt in vollem Umfang stattgegeben. Demnach darf die Stadt das Unternehmen nicht von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen, weder für die Dauer von fünf Jahren, was die Höchststrafe nach dem saarländischen Tariftreuegesetz bedeutet hätte, noch für einen kürzeren Zeitraum. So wollte die Stadt angebliche Verstöße gegen dieses Gesetz ahnden. Zwei rumänische Subunternehmen von Gross Bau sollen nach Feststellungen des Hauptzollamtes einige Beschäftigte nicht ordnungsgemäß entlohnt haben. So sollen Eisenflechter, die auf der Großbaustelle am Ludwigspark-Stadion im Einsatz waren, statt der vorgeschriebenen 15,20 Euro nur 12,20 Euro erhalten haben. Einige Arbeiter seien ganz leer ausgegangen.
Zum Hintergrund: Im Millionenkrach um den Bau des Saarbrücker Ludwigspark-Stadion fordert die St. Ingberter Firma Gross bereits seit Monaten, dass die Stadt Saarbrücken endlich offene Rechnungen über rund 850 000 Euro bezahlt. Die Stadt allerdings argumentiert letztlich, die abgelieferte Arbeit sei mangelhaft und die Forderungen unberechtigt. In diesem Zusammenhang und in der öffentlichen Auseinandersetzung wurde schließlich auch eine Strafe in Höhe von rund einer Million Euro angekündigt und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen ausgesprochen. Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) hat den Rechtsanwalt Martin Welker, der ursprünglich sein Wunschkandidat für die Stelle des städtischen Baudezernenten war, als Krisenmanager an der Großbaustelle Ludwigspark eingesetzt. Welker ist jetzt Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft für Innovation und Unternehmenskommunikation (GIU).
Nach Angaben eines Gerichtssprechers wurde die verhängte Vergabesperre komplett von den Richtern aufgehoben. Sie sei rechtswidrig.
Das Gericht hatte bereits am 21. Dezember in diesem Fall mündlich verhandelt. Damals stellten die Richter in erster Linie die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der verhängten Sanktion, etwa weil im Vorfeld seitens der Stadt kein Kontakt mit der betroffenen Firma aufgenommen worden war und diese auch bislang wegen vergleichbarer Verstöße nicht aufgefallen war.
Nach der mündlichen Verhandlung hat die Stadt Saarbrücken, so der Gerichtssprecher, in einem Schriftsatz über ihren Anwalt Markus
Groß angekündigt, die Vergabesperre auf nur noch 14 Monate zu reduzieren. Auch diese Kürzung sei unangemessen und nicht verhältnismäßig, urteilen die Zivilrichter. Sie haben zudem angeordnet, dass eine Meldung der Landeshauptstadt an das Wirtschafts- und Arbeitsministerium, wonach Gross Bau in ein Register der Firmen aufgenommen wird, die von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen sind. Auch diese Mitteilung sei rechtwidrig und zurückzunehmen.
Rechtsanwalt Markus Gross, Prozessbevollmächtigter der Stadt, teilte auf Anfrage mit, die festgestellten Verstöße gegen das Tariftreuegesetz seien nicht mehr bestritten worden. „Aus grundsätzlichen Erwägungen und zur Verteidigung des saarländischen Tariftreuegesetzes“sowie eines fairen Wettbewerbs prüfe die Stadt jetzt, ob gegen das Urteil Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt werde.
Philipp Gross, Chef der St. Ingberter Unternehmensgruppe Gross mit 1400 Beschäftigten, zeigte sich zufrieden, dass das Gericht mit „außerordentlicher Eindeutigkeit das Verhaltend der Stadt gerügt hat“, wie er erklärte. Die Stadt Saarbrücken sollte dies, so Gross, zum Anlass nehmen, zu einem rechtmäßigen Verhalten zurückzukehren. Gross Bau habe „grundsätzlich kein Interesse, Rechtsstreitigkeiten zu führen“, so der Unternehmenschef.