Das Kanzler-Gerücht ist wieder da
Will Jens Spahn die K-Frage für sich entscheiden? Die Jungen in der Union sind dafür.
Es ist wieder da. Das Gerücht, das seit Monaten immer mal wieder durch Berlin wabert. Diesmal aber mit voller Wucht: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), trotz Corona-Impfstreit inzwischen einer der beliebtesten Politiker des Landes, strebe die Kanzlerkandidatur der Union an. Das berichteten am Freitag übereinstimmend diverse Medien. Spahn ließ dementieren. Doch abwegig ist es nicht, dass der 40-Jährige einen solchen Plan im Kopf hat.
Auch Friedrich Merz äußerte sich zu der Spekulation, die ausgerechnet eine Woche vor dem CDU-Parteitag mit der Wahl des neuen Vorsitzenden wieder aufgekommen ist. „Jens Spahn spielt in der deutschen Politik eine wichtige Rolle“, blieb Merz vage. „Wir entscheiden jetzt zunächst einmal in der Partei. Und dann gibt es ein Gespräch mit der CSU darüber.“Am Freitagabend trafen die drei Anwärter auf den Chefsessel, Merz, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und der Außenpolitiker Norbert Röttgen, zu ihrer letzten Diskussionsrunde vor dem komplett digitalen Konvent am 15. und 16. Januar zusammen. Wer CDU-Chef wird, kann auch einen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl im September erheben. Genauso wie der
CSU-Vorsitzende, also Markus Söder. Doch ausgemacht ist noch lange nicht, wer es wird.
Erst hatte Fraktionschef Ralph Brinkhaus vor wenigen Tagen klargestellt, dass womöglich ein anderer in Frage komme – ohne konkret einen Namen zu nennen. Brinkhaus weiß freilich, dass Spahn auch für den Posten des Fraktionschefs nach der Wahl gehandelt wird, das treibt ihn um. Die Noch-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte unserer Redaktion (siehe Interview oben): „Möglich ist alles. Es bleibt klug, sich die Situation im Frühjahr genau anzuschauen.“Wird da also die K-Tür für Spahn bereits behutsam von Unionsgrößen geöffnet? Fakt ist, dass es innerparteilich große Bedenken gibt, ob die Anwärter auf den CDU-Vorsitz auch die richtigen Kanzlerkandidaten wären. Spahn hingegen hat mittlerweile eine breite Fanbasis. Er gilt als konservativ, zielstrebig, als Macher, der keinem Konflikt aus dem Weg geht. Auch nicht mit der Kanzlerin. Zwar dürfte ihn die Debatte über den vermasselten Impfstart Zuspruch gekostet haben. Er ist aber nach wie vor der erste Gesundheitsminister, der es auf der Beliebtheitsskala nach ganz oben geschafft hat.
Zuletzt hatte es geheißen, der Minister strebe doch den CDU-Vorsitz an, also einen Rollentausch mit Laschet, den er im Tandem sekundiert. In einem Podcast hatte der Münsterländer
betont, er traue sich den CDU-Vorsitz zu, „aber auch alles, was daraus folgt“. Am Freitag nun wurde berichtet, Spahn habe in etlichen Telefonaten bei Parteifreunden seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur abgefragt. Vor allem für den Fall, dass seine Umfragewerte im März besser sind als die von Laschet. „Nein, das stimmt nicht“, erklärte daraufhin ein Sprecher Spahns.
Aus Parteikreisen hieß es allerdings zu unserer Redaktion, Spahn sondiere tatsächlich: „Er sucht die
Lücke.“Unterstützer hat er bereits viele. Vor allem junge Abgeordnete sehen in ihm eine personelle Alternative. „Für mich wäre zweifelsfrei Jens Spahn ein Topkandidat“, so Nikolas Löbel, Mitglied der Jungen Gruppe in der Fraktion, zu unserer Redaktion. Neben Angela Merkel sei er derjenige, „der uns sicher durch die Corona-Pandemie führt“. Außerdem verbinde Spahn „Aufbruch und Erfahrung miteinander“. Gut möglich, dass das nach dem Parteitag immer mehr so sehen werden in der Union.