Schüler besorgt über Präsenz-Pflicht
In einem Brief an die Bildungsministerin fordern Schüler, den Präsenz-Unterricht bis Februar auszusetzen. Eine Online-Petition zu diesem Zweck wurde ebenfalls gestartet.
Er fühle sich von der Politik regelrecht „verarscht“und im Stich gelassen. So reagiert der Schülersprecher des Albert-Schweitzer-Gymnasiums (ASG) Dillingen, Kai Vettori, auf die überraschende Ankündigung vonseiten der Landesregierung, dass ab kommenden Montag, trotz hoher Corona-Inzidenzwerte, der Präsenzunterricht für die Abiturjahrgänge wieder starten soll. In einem offenen Brief an Christine Streichert-Clivot (SPD) machen die Schüler des ASG ihrem Unmut Luft und fordern, den Präsenz-Unterricht bis mindestens Anfang Februar aufzuschieben. Diesen Zweck verfolgt auch eine Online-Petition von Schülern im Saarland, die bereits von mehr als 1300 Menschen unterschrieben wurde.
„Wenn die Lage, wie bei uns im Kreis Saarlouis so ernst ist, dann ist es unverständlich und unverantwortlich, die Schulen für die Abiturjahrgänge wieder zu öffnen – kurz nachdem behauptet wurde, sie bleiben bis Ende Januar dicht“, sagt Vettori verärgert. Hygienekonzepte hin oder her, Kontakte ließen sich im Schulalltag nicht vermeiden, 50 bis 100 Kontakte verschiedener Haushalte kämen so Tag für Tag zustande. Noch schlimmer finde er, dass im neuen Hygieneplan von einer Aufteilung der Klassen nicht mehr die Rede sei: „Wir sitzen dann an unserem Gymnasium mit rund 25 Schülern in kleinen Räumen zusammen, jeder neben seinem Banknachbar. So sehr man sich bemüht, auch auf den Pausenhöfen entstehen Begegnungen, das ist unverantwortlich“, sagt der Schülersprecher. Er wisse von anderen Schulen, beispielsweise dem Max-Planck-Gymnasium in Saarlouis, dass es dort ähnliche Bedenken gebe.
Natürlich sei Unterricht wichtig, auch für ihn, aber der Online-Unterricht funktioniere mittlerweile sehr gut: „Wir haben Videokonferenzen, können über verschiedene Kanäle Fragen stellen und bekommen unsere Lehrmaterialien. Nach anfänglichen Schwierigkeiten klappt das einwandfrei.“Schüler, die zuhause nicht über die technischen Voraussetzungen verfügten, müssten mit Geräten ausgestattet werden oder könnten nach Anmeldung die PC-Räume der Schulen nutzen. Selbst wenn die Hygienekonzepte der Schulen ausreichend wären, sei der Schulweg per Bus und Bahn eine Katastrophe: „Schüler müssen in proppevollen Bussen teilweise 30 Minuten zur Schule fahren, Kontaktreduzierung ist da nicht möglich“, sagt Vettori.
Der Landesschülersprecher, Lennart Seimetz, blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die teilweise Rückkehr der Schüler in der kommenden Woche: „Es gibt Schulen, die sind für den Online-Unterricht
gut aufgestellt und es gibt Schulen, da hakt es an allen Ecken und Enden.“Es komme immer auf die Voraussetzungen der Schule an. Auch gebe es Lehrer, die weder gewillt noch geschult seien, Online-Unterricht durchzuführen.
Kritisch sieht Seimetz auch die Präsenzpflicht für reine Oberstufengymnasien wie das Wirtschaftswissenschaftliche Gymnasium in Saarbrücken, bei dem auf einen Schlag alle Schüler zurück in die Klassen kämen. Besonders heikel sei auch der Weg zur Schule, denn selbst mit Ersatzbussen seien die Fahrzeuge teilweise stark überfüllt. Nichtsdestotrotz sei er der Auffassung, dass den Schülern, die das wünschen oder keine andere Wahl haben, der Unterricht vor Ort möglich gemacht werden müsse.