Saarbruecker Zeitung

Schüler besorgt über Präsenz-Pflicht

In einem Brief an die Bildungsmi­nisterin fordern Schüler, den Präsenz-Unterricht bis Februar auszusetze­n. Eine Online-Petition zu diesem Zweck wurde ebenfalls gestartet.

- VON DANIEL BONENBERGE­R

Er fühle sich von der Politik regelrecht „verarscht“und im Stich gelassen. So reagiert der Schülerspr­echer des Albert-Schweitzer-Gymnasiums (ASG) Dillingen, Kai Vettori, auf die überrasche­nde Ankündigun­g vonseiten der Landesregi­erung, dass ab kommenden Montag, trotz hoher Corona-Inzidenzwe­rte, der Präsenzunt­erricht für die Abiturjahr­gänge wieder starten soll. In einem offenen Brief an Christine Streichert-Clivot (SPD) machen die Schüler des ASG ihrem Unmut Luft und fordern, den Präsenz-Unterricht bis mindestens Anfang Februar aufzuschie­ben. Diesen Zweck verfolgt auch eine Online-Petition von Schülern im Saarland, die bereits von mehr als 1300 Menschen unterschri­eben wurde.

„Wenn die Lage, wie bei uns im Kreis Saarlouis so ernst ist, dann ist es unverständ­lich und unverantwo­rtlich, die Schulen für die Abiturjahr­gänge wieder zu öffnen – kurz nachdem behauptet wurde, sie bleiben bis Ende Januar dicht“, sagt Vettori verärgert. Hygienekon­zepte hin oder her, Kontakte ließen sich im Schulallta­g nicht vermeiden, 50 bis 100 Kontakte verschiede­ner Haushalte kämen so Tag für Tag zustande. Noch schlimmer finde er, dass im neuen Hygienepla­n von einer Aufteilung der Klassen nicht mehr die Rede sei: „Wir sitzen dann an unserem Gymnasium mit rund 25 Schülern in kleinen Räumen zusammen, jeder neben seinem Banknachba­r. So sehr man sich bemüht, auch auf den Pausenhöfe­n entstehen Begegnunge­n, das ist unverantwo­rtlich“, sagt der Schülerspr­echer. Er wisse von anderen Schulen, beispielsw­eise dem Max-Planck-Gymnasium in Saarlouis, dass es dort ähnliche Bedenken gebe.

Natürlich sei Unterricht wichtig, auch für ihn, aber der Online-Unterricht funktionie­re mittlerwei­le sehr gut: „Wir haben Videokonfe­renzen, können über verschiede­ne Kanäle Fragen stellen und bekommen unsere Lehrmateri­alien. Nach anfänglich­en Schwierigk­eiten klappt das einwandfre­i.“Schüler, die zuhause nicht über die technische­n Voraussetz­ungen verfügten, müssten mit Geräten ausgestatt­et werden oder könnten nach Anmeldung die PC-Räume der Schulen nutzen. Selbst wenn die Hygienekon­zepte der Schulen ausreichen­d wären, sei der Schulweg per Bus und Bahn eine Katastroph­e: „Schüler müssen in proppevoll­en Bussen teilweise 30 Minuten zur Schule fahren, Kontaktred­uzierung ist da nicht möglich“, sagt Vettori.

Der Landesschü­lerspreche­r, Lennart Seimetz, blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die teilweise Rückkehr der Schüler in der kommenden Woche: „Es gibt Schulen, die sind für den Online-Unterricht

gut aufgestell­t und es gibt Schulen, da hakt es an allen Ecken und Enden.“Es komme immer auf die Voraussetz­ungen der Schule an. Auch gebe es Lehrer, die weder gewillt noch geschult seien, Online-Unterricht durchzufüh­ren.

Kritisch sieht Seimetz auch die Präsenzpfl­icht für reine Oberstufen­gymnasien wie das Wirtschaft­swissensch­aftliche Gymnasium in Saarbrücke­n, bei dem auf einen Schlag alle Schüler zurück in die Klassen kämen. Besonders heikel sei auch der Weg zur Schule, denn selbst mit Ersatzbuss­en seien die Fahrzeuge teilweise stark überfüllt. Nichtsdest­otrotz sei er der Auffassung, dass den Schülern, die das wünschen oder keine andere Wahl haben, der Unterricht vor Ort möglich gemacht werden müsse.

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