Windows 7 macht den Computer zur Zeitbombe
Die Ablösung des veralteten und unsicheren Betriebssystems Windows 7 ist seit einem Jahr überfällig. Doch der Software-Dino wird weiterhin genutzt. Dabei ist der Umstieg auf die neue Version relativ einfach möglich.
(dpa/SZ) Viele Behörden, Unternehmen und private Nutzer setzen noch immer das vor einem Jahr eingestellte PC-Betriebssystem Windows 7 ein, obwohl das Programm inzwischen große Sicherheitslücken aufweist. Weltweit kommt die Software auch ohne regelmäßige Updates noch auf rund 18 Prozent aller Windows-Computer, die sich regelmäßig im Internet bewegen, zum Einsatz. Das geht aus Hochrechnungen von Statcounter hervor. Die Analysefirma registriert auf über zwei Millionen Webseiten, welches Betriebssystem von den Anwendern genutzt wird.
Viele Nutzer unterschätzten das Sicherheitsrisiko einer veralteten Windows-Version, sagte Thomas Uhlemann, von der Sicherheitssoftwarefirma ESET. „Eine Schwachstelle genügt, und die Computer sind offen wie ein Scheunentor für Cyberkriminelle.“Dieses Verhalten sei fahrlässig. „Informationen über bekannte Sicherheitslücken verbreiten sich in Untergrundforen rasant und werden für eine Vielzahl von Angriffsszenarien verwendet.“In Deutschland sieht die Situation etwas besser aus als im Rest der Welt. Hier haben Windows-Betriebssysteme bei PCs und Notebooks einen Marktanteil von rund 80 Prozent. Statcounter verzeichnet dabei rund 8,3 Prozent oder gut vier Millionen Windows-7-Geräte. Zusammen mit den ebenfalls veralteten und unsicheren Windows-Versionen Vista, XP und 8 addiert sich das in Deutschland auf 5,2 Millionen Geräte.
Zu den öffentlichen Einrichtungen in Deutschland, die vor einem Jahr den Umstieg auf ein modernes Betriebssystem nicht rechtzeitig geschafft haben, gehört etwa die Berliner Stadtverwaltung. Dort waren Anfang 2020 erst knapp 82 Prozent der über 80 000 IT-Arbeitsplätze auf Windows 10 umgestellt worden. Das Land Berlin musste sich wie viele andere Unternehmen und Verwaltungen eine Gnadenfrist bei Microsoft erkaufen, um die noch nicht umgestellten Computer am Laufen zu halten. In den speziellen Supportverträgen verlangt Microsoft nach Schätzung von Experten zwischen 25 und 50 Euro pro Jahr pro Windows-Lizenz.
Eigentlich sollten die veralteten Rechner alle bis Ende 2020 auf das aktuelle Windows 10 umgestellt sein. Doch am Rand einer Anhörung in einem Fach-Ausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus wurde noch im September 2020 von Problemen bei der Umstellung berichtet. Daher blieb die Vollzugsmeldung des Windows-Umstiegs zu Silvester aus. Die Schwierigkeiten waren nicht darauf zurückzuführen, dass es das Land Berlin nicht geschafft hätte, in der Coronakrise
moderne Rechner zu kaufen. Der Teufel liegt im (Software-)Detail. Bestimmte Programme, die bestimmte Verwaltungsvorgänge ermöglichen, sind veraltet und laufen unter Windows 10 nicht. Auf Anfrage teilte die Senatsverwaltung für Inneres mit, dass 2020 weitere 10 000 Rechner erfolgreich umgestellt worden seien. Der
Wechsel auf Windows 10 werde in diesem Jahr abgeschlossen.
Unternehmen und Behörden, die nicht aufgerüstet haben, gehen ein Risiko ein, weil dies Cyberangriffe erleichtert. So war die Berliner Landesverwaltung bereits mehrfach Ziel von Hacker-Angriffen. Zu-Spät-Kommer verstoßen nach Experteneinschätzungen aber auch gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die EU-Richtlinie verlangt, bei der Verarbeitung sowie Nutzung personenbezogener Daten den „Stand der Technik“einzuhalten.
Windows 7 kam vor über zehn Jahren am 22. Oktober 2009 als Nachfolger des erfolglosen Windows Vista auf den Markt und wurde bis 2014 von PC-Herstellern verwendet. Der Nachfolger Windows 8 hatte Startschwierigkeiten und überzeugte viele Nutzer nicht. Daher blieben vor allem viele Unternehmen Windows 7 auch nach 2014 treu.
Obwohl Windows 7 als ausgereift gilt, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Sicherheitslücken in dem betagten System entdeckt. So wurden 2010 nur 64 Sicherheitslücken bei Windows 7 gefunden, 2019 erreichte die Anzahl mit 250 offiziell registrierten Problemen einen Höchststand. Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor. Unternehmen und Organisationen können bei Microsoft noch kostenpflichtige Updates erwerben. Privatanwender hingegen haben keinen Zugang mehr zu den Sicherheitsupdates. Und das könnte beispielsweise beim Online-Banking fatale Folgen haben, warnt Sicherheitsexperte Uhlemann.
„Dass die Zugangsdaten zum Online-Banking sowie die TAN-Nummer nicht an Fremde herausgegeben werden sollen, ist vielen Anwendern hinlänglich bekannt“. Ein modernes und auf dem neuesten Stand gehaltenes Betriebssystem gehöre aber ebenso zu den Sorgfaltspflichten wie der Einsatz einer modernen Sicherheitslösung oder eines aktuellen Browsers. „Im Schadensfall können Banken einen Ersatzanspruch ablehnen, da der Kunde fahrlässig seine Pflichten vernachlässigt hat.“Auch Cyberversicherungen verweigerten in vielen Fällen eine Regulierung. „Anwender sollten regelmäßig ihren Computer, den sie für das Online-Banking nutzen, auf Updates checken.“
Wie klappt der Umstieg von Windows 7 auf Windows 10 für Privatanwender?
Bevor der Nutzer Windows 10 installiert, sollte er sich zunächst ein kostenloses Microsoft-Konto anlegen, empfiehlt der Software-Entwickler. Ohne einen solchen Account kann das Betriebssystem nicht verwendet werden. Das Computerportal heise.de rät, vorher auch zu prüfen, ob der Rechner genug Leistung für das neue Betriebssystem hat. Diese Anforderungen sind gemessen an den Leistungen aktueller Hardware aber gering. So benötige der Prozessor eine Leistung von einem Gigahertz (GHz), der Arbeitsspeicher (RAM) sollte zwei Gigabyte (GB) betragen, wobei heise eher zu acht GB RAM rät. Auf der Festplatte sollten noch 16 GB Platz frei sein. Ob der Computer den Anforderungen entspricht, kann der Nutzer über die Systemeigenschaften herausfinden. Als Vorsichtsmaßnahme schade auch eine Datensicherung vor dem Upgrade nicht.
Zum Upgrade benötigen Nutzer eine Software, den Update-Assistenten von Microsoft, und den Produktschlüssel ihrer Windows 7-Lizenz. Zumeist steht dieser auf einem Aufkleber der am Rechner zu finden ist – wenn der Nutzer einen Computer gekauft hat, auf dem Windows 7 vorinstalliert war. Bei Notebooks befindet sich der Aufkleber in der Regel auf der Unterseite, bei Desktop-PCs auf dem Gehäuse. Manche Hersteller versteckten den Aufkleber auch auf dem Netzteil oder Batteriefach, erklärt heise.de. Hin und wieder werde er auch unter einem Deckel verborgen. Falls der Aufkleber verschwunden bleibt, empfiehlt heise.de das Programm ShowKeyPlus.
Die eigentliche Software fürs Upgrade kann kostenlos auf der Webseite von Microsoft heruntergeladen werden. Sie führt den Nutzer durch den Upgrade-Prozess. Nach Angaben von heise.de wird der Lizenzschlüssel in aller Regel automatisch übernommen. Falls nicht, werde der Nutzer aufgefordert, ihn einzugeben. Sollte das nicht klappen, müsse der Anwender eine neue Lizenz kaufen. Dabei muss der PC während des Upgrades mit dem Internet verbunden sein, um die Lizenz abgleichen zu können.
Weltweit kommt Windows 7 noch auf rund 18 Prozent aller Windows-Computer
zum Einsatz.