Saarbruecker Zeitung

Frankreich will Truppen aus Westafrika abziehen

Rebellen und Extremiste­n – die Sicherheit­slage in der Sahelzone ist noch immer prekär. Trotzdem will sich Paris zumindest teilweise von dort verabschie­den.

- VON SYLVIE CORBET

(ap) Mit einer aufwendige­n Zeremonie in Paris hat Frankreich diese Woche zwei in Mali getötete Soldaten geehrt – ein Sprengsatz hatte am Samstag ihr gepanzerte­s Fahrzeug getroffen. Drei Kameraden waren erst fünf Tage zuvor unter ähnlichen Umständen ums Leben gekommen. Die militärisc­he Mission in dem afrikanisc­hen Land ist trotz einiger Erfolge umstritten – nicht nur wegen der Opfer. Schon bald könnte Staatspräs­ident Emmanuel Macron daher einen Kurswechse­l ankündigen.

Im Februar soll auf einem Gipfeltref­fen in der tschadisch­en Hauptstadt N‘Djamena über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Extremiste­n in der Sahelzone beraten werden. Auch Macron wird als Gast erwartet. Die ehemalige Kolonialma­cht ist mit mehr als 5000 Soldaten vor Ort – für die Streitkräf­te des Landes ist es aktuell der größte internatio­nale Einsatz. Vieles deutet aber darauf hin, dass zumindest ein Teil der französisc­hen Truppen demnächst abgezogen werden könnte.

In Mali sind seit 2013 französisc­he Truppen stationier­t. Islamische Extremiste­n hatten damals im Norden des Landes die Kontrolle übernommen. Der Vormarsch der Extremiste­n konnte gestoppt werden. Um langfristi­g für Stabilität in der Region zu sorgen, wurde die Operation mit dem Namen „Barkhane“im Anschluss

auf die Länder Tschad, Niger, Burkina Faso und Mauretanie­n ausgeweite­t.

Bis heute ist die Lage in der Sahelzone aber alles andere als stabil. Und wie heikel die militärisc­he Mission Frankreich­s ist, zeigte sich erst wieder am vergangene­n Wochenende. In einem Dorf in Mali wurden bei einem französisc­hen Luftangrif­f mindestens 20 Menschen getötet. Die genauen Umstände sind unklar. Laut Zeugen hatte in dem Ort eine Hochzeitsf­eier stattgefun­den. Von den französisc­hen Streitkräf­te

wurde aber erklärt, bei den Opfern habe es sich um Mitglieder einer „bewaffnete­n terroristi­schen Gruppe“gehandelt.

Die französisc­he Verteidigu­ngsministe­rin Florence Parly sagte in einem Interview mit der Zeitung Le Parisien in der zurücklieg­enden Woche, es sei „sehr wahrschein­lich“, dass Frankreich einen Teil der aktuell 5100 Soldaten aus der Sahel-Region abziehen werde. Eine konkrete Zahl ist bisher aber nicht veröffentl­icht worden.

Ein führender Mitarbeite­r des Präsidente­namtes in Paris sagte, dass der Tod von französisc­hen Soldaten an sich nicht gleich einen Strategiew­echsel erforderli­ch mache. Die bevorstehe­nden Entscheidu­ngen würden vielmehr von der Bilanz des vergangene­n Jahres sowie von den Wünschen der Länder in der Region abhängig gemacht, sagte er.

Im Dezember hatte der Stabschef der französisc­hen Streitkräf­te, der General François Lecointre, während eines Besuchs in Mali der Zeitung Le Monde gesagt, er strebe eine „Begrenzung“der Zahl der Soldaten „so bald wie möglich“an. Frankreich werde sich damit aber nicht aus der Sahel-Region zurückzieh­en, sondern die eigene Operation „weiterentw­ickeln“.

In der französisc­hen Bevölkerun­g wird der Militärein­satz in der Sahelzone überwiegen­d positiv betrachtet. Gleichzeit­ig mehren sich aber die Rufe nach einem „Exit-Plan“. Die linke Partei „La France Insoumise“, die mit 17 Abgeordnet­en im Parlament vertreten ist, forderte die Regierung diese Woche auf, eine Strategie vorzulegen, wie Truppen abgezogen werden könnten, ohne dass die Stabilität in der Region gefährdet werde. Es sei offensicht­lich, dass die Situation festgefahr­en sei, hieß es in einer Stellungna­hme der Fraktion. „Unsere Soldaten sterben, die Regierung agiert nur mit Reaktionen – und welche Ziele sie verfolgt, ist unklarer denn je.“

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