Streiks an Saar-Schulen gegen Präsenz-Unterricht
Für Abitur-Abschlussklassen gilt seit Montag trotz hoher Corona-Zahlen wieder Anwesenheitspflicht. Dutzende Schüler kamen dieser gestern nicht nach.
Der vom Bildungsministerium angeordnete Wiederbeginn des Präsenz-Unterrichts für Abitur-Abschlussklassen hat am Montag einen Schülerstreik ausgelöst. Wie das Ministerium der SZ mitteilte, erschienen an den Saarbrücker Gemeinschaftsschulen Bruchwiese, Bellevue, Ludwigspark und Güdingen keine der insgesamt 35 Schüler in ihren Klassen. An der Gemeinschaftsschule Saarbrücken-Rastbachtal sei nur die Hälfte der 61 Abiturienten zum Unterricht gekommen.
Damit folgten die Schüler einem Streikaufruf aus der Schülerschaft, der neben den genannten Gemeinschaftsschulen auch an die Schüler der Gemeinschaftschulen Riegelsberg und Gersweiler gegangen war. Der Aufruf war mit den Gesundheitsgefahren
beim Präsenz-Unterricht begründet, so etwa die Probleme mit dem nötigen Abstand in den Klassen oder beim Schüler-Transport. Das Kultusministerium betonte, dass von rund 4000 Abiturienten an Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und Berufsschulen am Montag 98,4
Prozent der Präsenz-Pflicht nachgekommen seien. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) erklärte, der Präsenz-Unterricht sei nötig, weil digitales Lernen von zu Hause kein gleichwertiger Ersatz sei. „Der jetzt stattfindende Präsenz-Unterricht hat die konkrete Vorbereitung der ausstehenden abiturrelevanten Prüfungen und der Abschlussprüfungen selbst zum Ziel“, so die Ministerin. Schüler der Abschlussjahrgänge, die nicht am Präsenz-Unterricht teilnähmen, hätten in erster Linie einen Nachteil bei der Vorbereitung der Abitur-Prüfungen.
Zuvor hatten alle Lehrerverbände im Saarland vor einer Wiederaufnahme des Präsenz-Unterrichts auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie gewarnt. Eine Online-Petition einer Saarlouiser Schülerin gegen die Präsenz verzeichnete 3400 Stimmen am Montagnachmittag.
Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot hält Präsenz-Unterricht für Abiturklassen für notwendig.
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Klar muss eine Bildungsministerin für Bildung kämpfen. Unerschrocken immer, doch nicht unerbittlich wie jetzt Christine Streichert-Clivot (SPD). Bei den aktuell galoppierenden Corona-Zahlen Schüler der Abschlussklassen zurück in die Schulen zu beordern, setzt eindeutig falsche Prioritäten. Soll der Lockdown Erfolg haben, muss er konsequent sein. Tatsächlich werden im Saarland aber jetzt ein Teil der Lehrer, Schüler und deren Familien aufgrund der Direktive der Ministerin einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Bei allen gewichtigen Argumenten für den Präsenz-Unterricht, der Gesundheitsschutz wiegt einfach schwerer. Zumal Streichert-Clivots dunkle Ahnung, Schüler, die auf den letzten Metern zum Abschluss „bloß“Online-Unterricht hätten, ewig etwa mit dem Makel Not-Abitur zu kämpfen hätten, bestenfalls eine Befürchtung ist. Die Pandemie trifft als globale Geißel nahezu alle gleich. Überall. Kaum einer dürfte es daher Schülern künftig ankreiden, wie sie ihren Abschluss in einem der Corona-Jahre machen mussten.