Vier Schulen blieben am Montag leer
Im Saarland hat es den ersten Schülerstreik gegen den angeordneten PräsenzUnterricht gegeben. Die Schüler sorgen sich um ihre Gesundheit.
Wird der glimmende Funke des Schülerstreiks gegen den von Kultusministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) angeordneten Präsenz-Unterricht für die Abschlussklassen in den kommenden Tagen auf weitere Schulen überspringen? Am Montag waren es die 35 Abiturienten der Saarbrücker Gemeinschaftsschulen Bellevue, Bruchwiese, Ludwigspark und Güdingen, die nach Angaben des Ministeriums nicht zum Unterricht erschienen. Auch an der Gemeinschaftsschule Rastbachtal kam demnach nur die Hälfte der 61 Abiturienten in die Klassen. Für das Ministerium ist dieser Funken eines Schülerstreiks offenbar noch vernachlässigbar, da von den insgesamt rund 4000 Schülerinnen und Schülern in den Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und Berufsschulen 98,4 Prozent zum ersten Tag des Unterrichts im neuen Jahr kamen, wie es hieß.
In dem Aufruf zum Schülerstreik, der die SZ per Email erreichte, schreiben Schülerinnen und Schüler von sieben Gemeinschaftsschulen im Regionalverband mit Bitterkeit von vergeblichen Versuchen, mit dem Kultusministerium über Email oder Facebook in einen Dialog über den Präsenz-Unterricht zu treten. Sie forderten etwa Präsenz-Unterricht nur noch für die abiturrelevanten Fächer, um den Personenkontakt weiter minimieren zu können, da die aktuellen Kurszahlen zu hoch seien. Dazu erklärte das Ministerium der SZ, dass die angehenden Abiturienten sich im letzten Halbjahr der gymnasialen Oberstufe befänden. „Aufgrund der geltenden Vereinbarung der Kultusminister-Konferenz müssen sie, um zur Abiturprüfung zugelassen werden zu können, den Unterricht in allen Fächern (34 Wochenstunden) besucht und in allen Fächern Noten erworben haben“, erklärte Lukas Münninghoff,
Sprecher von Streichert-Clivot. Schließlich machten die in der Hauptphase erworbenen Noten zwei Drittel der gesamten Abiturnote aus. Der Schülervorschlag hätte die „Nichtzulassung zur Abiturprüfung zur Folge“, warnte Münninghoff. Auch Streichert-Clivot ist der Meinung, dass sich die streikenden Schüler selbst schadeten. „Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge, die nicht an diesem Präsenz-Unterricht teilnehmen, haben in erster Linie einen entsprechenden Nachteil bei der Vorbereitung der Abiturprüfungen“, so Streichert-Clivot. Auf die Frage, ob die um ihre Gesundheit besorgten Schülerinnen und Schüler, die dem Unterricht deshalb fernbleiben, ersatzweise am Online-Unterricht teilnehmen könnten, sagte die Ministerin, Ausnahmen von der Präsenz-Pflicht seien nur mit einem ärztlichen Attest für ein erhöhtes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs im Falle einer Corona-Infektion vorgesehen.
Dieses erhöhte Risiko sehen alle Lehrerverbände im Saarland angesichts der grassierenden Corona-Pandemie gegeben und warnten eindringlich vor den Gefahren einer Ansteckung beim Präsenz-Unterricht.
Pascal Koch vom Berufsschullehrerverband VLW im Deutschen Beamtenbund sagte der SZ: „Sollte das Ministerium weiterhin an den Plänen zur schrittweisen Öffnung der Schulen festhalten, müssen dann an den Beruflichen Schulen ab dem 18. Januar noch zusätzlich die Abschlussklassen der Fachoberschulen und der Fachschulen in Präsenzform beschult werden. Demnach werden dann pro Tag an größeren Standorten mehr als 200 Schülerinnen und Schüler beschult. Das ist aus unserer Sicht nicht zu verantworten.“Der Fraktionschef der Grünen in der Regionalverbandsversammlung, Patrick Ginsbach, warnte: „Die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen ohne Anpassungen im Hygienekonzept einfach zurück an die Schulen zu schicken, ist völlig verantwortungslos.“Die Bildungs-Expertin der Linksfraktion, Barbara Spaniol, erklärte, es mache einen Unterschied, wenn tausende junge Menschen auf dem Weg von und zur Schule und im Unterricht wieder verstärkt Kontakte haben, während die restliche Bevölkerung aufgerufen ist, ihre Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. „Auch für Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen muss der Gesundheitsschutz sichergestellt werden“, forderte Spaniol.
Kultusministerin Streichert-Clivot bemühte sich einstweilen, die Streikwogen zu glätten. „Ich begrüße es, wenn sich junge Leute Gedanken um ihre Zukunft machen – und ich verstehe auch, wenn es Sorgen gibt“, sagte die Ministerin. Es könnten sich aber alle sicher sein, dass sie jede Maßnahme genau abwäge, so die Sozialdemokratin.