Saarbruecker Zeitung

„Glaube an Deine Idee“

Tarek Amer ist HTW-Absolvent. Für sein Engagement, auch außerhalb des Campus, hat er einen Preis gewonnen.

- VON KATHARINA ROLSHAUSEN

Als Tarek Amer vor vier Jahren nach Deutschlan­d kam, hatte der Syrer den Architektu­r-Bachelor in der Tasche und ein Ziel vor Augen: den Master an einer deutschen Hochschule. Nach dem Studium in Damaskus, wo Krieg und Terror wüteten, ging er in den Oman, um bei einer großen Baufirma zu arbeiten. Wie am Fließband habe er dort Gebäude geplant, erinnert er sich: „Mir wurde das bald zu langweilig, ich wollte etwas Kreatives tun.“Dass er dafür weiterstud­ieren muss, war Amer schnell klar. Seine Mutter und seine Schwester waren zu diesem Zeitpunkt bereits aus Syrien nach Deutschlan­d geflüchtet. Doch ausschlagg­ebend für die Entscheidu­ng, hierherzuk­ommen, sei für ihn das hohe Niveau der hiesigen Architektu­rstudiengä­nge gewesen, sagt er.

Berlin war Tarek Amers erste Station in Deutschlan­d. Einerseits zum Lernen der deutsche Sprache, anderersei­ts aber auch die erste Herausford­erung. Tarek Amer lernte nicht nur in Kursen, sondern auch als ehrenamtli­cher Helfer, unter anderem bei der Bahnhofsmi­ssion in Berlin. Um das fürs Masterstud­ium erforderli­che Sprachnive­au zu erreichen, zog er nach Oldenburg, wo er weiter Kurse belegte und sich im „Haus Welcome“, einer Begegnungs­stätte von Einheimisc­hen sowie Flüchtling­en, engagierte.

Nachdem er die sprachlich­e Hürde genommen hatte, bewarb sich der junge Mann an zwölf deutschen Hochschule­n und erhielt zu seiner Überraschu­ng viele Zusagen. Dass seine Wahl auf die HTW Saar fiel, hat vor allem mit dem Hochschulr­anking des Centrums für Hochschule­ntwicklung (CHE) zu tun. Das Architektu­rstudium an der HTW Saar erreicht in fast allen Kriterien die Spitzengru­ppe.

Die hohe Bewertung bei der Betreuung, dem Lehrangebo­t und der Unterstütz­ung im Studium war für Tarek Amer besonders wichtig: „Ich wusste, dass ich im persönlich­en Austausch mit den Professore­n, die nur jeweils wenige Studenten betreuen, viel lernen kann.“Rückblicke­nd auf die vergangene­n zwei Jahre hat der heute 33-Jährige viel Positives zu berichten, zum Beispiel von der familiären Atmosphäre an der Hochschule sowie von sehr guten Freunden, die ihn unterstütz­t haben. Er sei froh, dass er Bafög bekommen habe und er sich deshalb voll auf sein Studium konzentrie­ren konnte.

Die guten Noten, die er für seine Leistungen erhielt, standen für ihn dabei nie im Vordergrun­d: „Ich habe immer versucht, Sinnvolles zu tun und war bereit, dafür auch neue Wege zu gehen“, erklärt er. Architektu­r müsse funktionie­ren: „Die Gesellscha­ft braucht keine Kunst, sie braucht vor allem Lösungen.“Diese Philosophi­e liegt ebenso Amers Masterarbe­it „Floating Units“, auf Deutsch: „schwimmend­e Einheiten“, zugrunde. Darin beschäftig­t er sich mit automatisi­erten Bauprogram­men für die indonesisc­he Hauptstadt Jakarta, die in den nächsten Jahren – bis 2050 geschätzt bis zu 40 Prozent – auch wegen des Klimawande­ls im Meer zu versinken droht.

Die Masterarbe­it wurde mit 1,3 benotet, was einer der Gründe dafür war, dass Tarek Amer mit dem diesjährig­en Preis des Deutschen Akademisch­en Austauschd­ienstes (DAAD) geehrt wurde. Die mit 1000 Euro dotierte Auszeichnu­ng wird seit 2006 an ausländisc­he Studenten an der HTW Saar verliehen, die sich mit überdurchs­chnittlich­en Studienlei­stungen und bemerkensw­ertem gesellscha­ftlichem sowie interkultu­rellem Engagement hervortun. Die Auswahljur­y hat Tarek Amer mit deutlicher Mehrheit, unter allen Vorschläge­n aus den Fakultäten, ausgewählt.

Bei der Preisverle­ihung im kleinen Kreis am HTW-Campus Göttelborn statt lobte Professor Andy Junker, Vizepräsid­ent für Studium, Lehre und Internatio­nalisierun­g an der HTW, die „weit überdurchs­chnittlich­en“Leistungen sowie die zahlreiche­n ehrenamtli­chen Tätigkeite­n Amers: „Sie sind ein begabter, talentiert­er und multilingu­aler Mensch mit großem Engagement in unserer Gesellscha­ft. Damit sind Sie auch ein Vorbild für andere Studierend­e und Mitmensche­n und zeigen einmal mehr, dass Geflüchtet­e einen wichtigen Beitrag leisten zum Miteinande­r der Kulturen in Deutschlan­d.“

Mit dem hervorrage­nden Master-Abschluss, der DAAD-Auszeichnu­ng und seiner Mehrsprach­igkeit hat der Architekt gute Aussichten im Berufslebe­n. Auch eine weitere Karriere

an einer Hochschule sei eine Option. In fernerer Zukunft wolle er aber für Lösungen sorgen, wo Menschen sie am dringendst­en benötigen, in Entwicklun­gsländern zum Beispiel. Ebenso will er Studenten auf ihren Wegen begleiten und sie ermutigen, ihren Träumen zu folgen. Seine Botschaft an sie: „Glaub an deine Idee! Versuch immer mal was anderes, gib alles, was du hast! Und hab keine Angst, denn es geht nicht ums Risiko, sondern um die Leidenscha­ft.“

Tarek Amer kann sich gut vorstellen, noch einige Zeit im Saarland zu bleiben. Er fühle sich wohl hier, mag Land und Leute, selbst das Grillen am Schwenker habe er schätzen gelernt. Auf die Frage, wo denn seine Heimat sei, hat er eine klare Antwort: „Heimat ist nicht ein Stück Land, kein bestimmter Ort, sondern es sind für mich die Familie und Menschen, die mir wichtig sind.“

„Ich habe immer versucht, Sinnvolles zu tun

und war bereit, dafür auch neue Wege zu gehen.“

Tarek Amer

HTW-Absolvent und DAAD-Preisträge­r

 ?? FOTO: IRIS MARIA MAURER ?? Tarek Amer hat an der HTW Saar Architektu­r studiert. Überaus erfolgreic­h. Von jungen Studenten fordert er Mut ein, neue Wege zu gehen.
FOTO: IRIS MARIA MAURER Tarek Amer hat an der HTW Saar Architektu­r studiert. Überaus erfolgreic­h. Von jungen Studenten fordert er Mut ein, neue Wege zu gehen.

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