Saarbruecker Zeitung

Schwarzene­gger rechnet mit Trump ab

Nächste Woche endet die chaotische Amtszeit des US-Präsidente­n. Die Demokraten wollen trotzdem noch ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen ihn starten. Das geht über reine Symbolik weit hinaus.

- VON CAN MEREY UND CHRISTIANE JACKE

(dpa/kna) Dafür wollte Donald Trump nicht in die Geschichte eingehen: Schon jetzt ist der Republikan­er einer von bislang nur drei US-Präsidente­n, die sich einem Amtsentheb­ungsverfah­ren unterziehe­n mussten. Nun droht ihm darüber hinaus noch ein unrühmlich­es Alleinstel­lungsmerkm­al: Machen die Demokraten im Kongress ihre Drohung wahr – und alles deutet darauf hin – wird Trump der erste Staatschef der USA, gegen den gleich zwei solche Verfahren eröffnet wurden. Noch ein Novum: Sollte der Prozess zur Amtsentheb­ung tatsächlic­h anlaufen, dürfte er erst abgeschlos­sen werden, wenn der abgewählte Präsident schon nicht mehr im Weißen Haus sitzt. Aus Sicht der Demokraten ist ein Impeachmen­t dennoch unausweich­lich.

Den meisten Amerikaner­n sitzt der Schock über die Erstürmung des Kapitols auch Tage später noch in den Knochen. Aufgestach­elt hatte den Mob bei einer Kundgebung am Mittwoch Trump selbst, der sich verzweifel­t dagegen stemmte, dass der Kongress den Wahlsieg des Demokraten Joe Bidens besiegeln wollte. „Ihr werdet Euer Land niemals mit Schwäche zurückerob­ern“, rief Trump. „Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.“Der Präsident appelliert­e auch: „Fordert den Kongress auf, das Richtige zu tun.“Die Bilanz der anschließe­nden Gewalt: fünf Tote, darunter ein Polizist – und verheerend­e Szenen am Sitz des US-Parlaments, die den Ruf der mächtigste­n Demokratie der Welt beschädige­n.

Ein Amtsentheb­ungsverfah­ren sollte immer die letzte Option des Kongresses sein, erklärte der demokratis­che Kongressab­geordnete Ted Lieu. Er sprach von einem „gewaltsame­n Umsturz des Kongresses“, den die von Trump angefeuert­en Randaliere­r hätten herbeiführ­en wollen. Lieu ist Ko-Autor der Impeachmen­t-Resolution, die die Demokraten in dieser Woche ins Repräsenta­ntenhaus einbringen wollen. Der Präsident der Vereinigte­n Staaten wird in dem Resolution­sentwurf als „Gefahr für die nationale Sicherheit“bezeichnet und soll wegen „Anstiftung zum Aufruhr“angeklagt werden. Selbst in der von Chaos geprägten Ära Trump wäre das vor kurzem noch kaum vorstellba­r gewesen.

Die Demokraten wollen eine mögliche Amtsentheb­ung Trumps nun mit Blitzgesch­windigkeit vorantreib­en. Zunächst soll Vizepräsid­ent Mike Pence noch eine letzte Frist eingeräumt werden, um Schritte zur Absetzung Trumps einzuleite­n, wie die Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi, am Sonntag mitteilte. Grundlage ist ein Zusatzarti­kel der Verfassung, wonach der Vizepräsid­ent gemeinsam mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsm­itglieder den Präsidente­n für unfähig erklären kann, „die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben“. Die Chancen scheinen gering: Der Republikan­er Pence ignoriert entspreche­nde Forderunge­n von Top-Demokraten seit Tagen.

In einem nächsten Schritt soll mit der Resolution von Lieu und seinen Kollegen das parlamenta­rische Amtsentheb­ungsverfah­ren eingeleite­t werden. Noch in dieser Woche könnte das Repräsenta­ntenhaus die Eröffnung beschließe­n, die notwendige einfache Mehrheit ist absehbar. Das Verfahren selbst – das einem Gerichtspr­ozess ähnelt – würde dann vom Senat geführt, der anderen Kammer im Kongress. Der Senat kommt erst am 19. Januar wieder zusammen. Nach den Impeachmen­t-Regeln könnte das Verfahren

frühestens am 20. Januar um 13 Uhr beginnen. Eine Stunde vorher endet Trumps Amtszeit mit Bidens Vereidigun­g.

Wenn der Senat ein Urteil fällen würde, wäre die Ära Trump also schon Geschichte. Das Vorgehen der Demokraten erscheint daher auf den ersten Blick symbolisch, doch es steckt mehr dahinter: Die Resolution sieht nicht nur vor, Trump des Amtes zu entheben – sondern in einem zweiten Schritt auch, ihn lebenslang für alle Regierungs­ämter zu sperren. Es wäre das Ende des Politikers Trump, der ansonsten 2024 ein weiteres Mal für die Präsidents­chaft kandidiere­n könnte.

Nicht zuletzt wollen die Demokraten ein Impeachmen­t-Verfahren auch deswegen einleiten, weil sie ein Exempel statuieren möchten. Der linke Senator Bernie Sanders sagte: „Es muss klargestel­lt werden, dass kein Präsident, jetzt oder in Zukunft, einen Aufruhr gegen den amerikanis­chen Staat anführen kann.“

Hollywoods­tar Arnold Schwarzene­gger fand ebenfalls deutliche Worte. Der frühere demokratis­che Gouverneur Kalifornie­ns verglich in einem Twitter-Video den Sturm auf das Kapitol mit dem Gewaltausb­ruch der Nationalso­zialisten 1938 in Deutschlan­d. „Mittwoch war die Nacht des zerbrochen­en Glases hier in den Vereinigte­n Staaten“, sagte der gebürtige Österreich­er mit Bezug auf die „Kristallna­cht“und die von den Nazis gesteuerte­n Pogrome an Juden.

Der „Mob“am Kapitol habe nicht nur die Türen des Hauses der Demokratie in Washington zerbrochen, sondern er sei auf den Prinzipien „herumgetra­mpelt“, auf denen die USA gegründet worden sei, sagte der 73-Jährige in dem knapp achtminüti­gen Clip. Schwarzene­gger wisse als aus Europa Stammender, wie Dinge aus dem Ruder laufen könnten. Es bestünden Ängste, dass so etwas auch in Amerika geschehen könne, deswegen warne er vor „Selbstsuch­t und Zynismus“.

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FOTO: PATRICK SEMANSKY/AP Donald Trump droht zu einem traurigen Rekordhalt­er zu werden. Er könnte als erster US-Präsident in die Geschichte eingehen, gegen den gleich zwei Amtsentheb­ungsverfah­ren eingeleite­t wurden.
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Conan hat gesprochen. In Kampfespos­e wie in seiner berühmten Filmrolle verglich der Hollywood-Star und ehemalige Gouverneur von Kalifornie­n in einem Twitter-Video den Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol mit der „Kristallna­cht“der Nazis im Jahr 1938.
FOTO: FRANK FASTNER/ARNOLD SCHWARZENE­GGER/AP Conan hat gesprochen. In Kampfespos­e wie in seiner berühmten Filmrolle verglich der Hollywood-Star und ehemalige Gouverneur von Kalifornie­n in einem Twitter-Video den Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol mit der „Kristallna­cht“der Nazis im Jahr 1938.

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