Schwarzenegger rechnet mit Trump ab
Nächste Woche endet die chaotische Amtszeit des US-Präsidenten. Die Demokraten wollen trotzdem noch ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn starten. Das geht über reine Symbolik weit hinaus.
(dpa/kna) Dafür wollte Donald Trump nicht in die Geschichte eingehen: Schon jetzt ist der Republikaner einer von bislang nur drei US-Präsidenten, die sich einem Amtsenthebungsverfahren unterziehen mussten. Nun droht ihm darüber hinaus noch ein unrühmliches Alleinstellungsmerkmal: Machen die Demokraten im Kongress ihre Drohung wahr – und alles deutet darauf hin – wird Trump der erste Staatschef der USA, gegen den gleich zwei solche Verfahren eröffnet wurden. Noch ein Novum: Sollte der Prozess zur Amtsenthebung tatsächlich anlaufen, dürfte er erst abgeschlossen werden, wenn der abgewählte Präsident schon nicht mehr im Weißen Haus sitzt. Aus Sicht der Demokraten ist ein Impeachment dennoch unausweichlich.
Den meisten Amerikanern sitzt der Schock über die Erstürmung des Kapitols auch Tage später noch in den Knochen. Aufgestachelt hatte den Mob bei einer Kundgebung am Mittwoch Trump selbst, der sich verzweifelt dagegen stemmte, dass der Kongress den Wahlsieg des Demokraten Joe Bidens besiegeln wollte. „Ihr werdet Euer Land niemals mit Schwäche zurückerobern“, rief Trump. „Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.“Der Präsident appellierte auch: „Fordert den Kongress auf, das Richtige zu tun.“Die Bilanz der anschließenden Gewalt: fünf Tote, darunter ein Polizist – und verheerende Szenen am Sitz des US-Parlaments, die den Ruf der mächtigsten Demokratie der Welt beschädigen.
Ein Amtsenthebungsverfahren sollte immer die letzte Option des Kongresses sein, erklärte der demokratische Kongressabgeordnete Ted Lieu. Er sprach von einem „gewaltsamen Umsturz des Kongresses“, den die von Trump angefeuerten Randalierer hätten herbeiführen wollen. Lieu ist Ko-Autor der Impeachment-Resolution, die die Demokraten in dieser Woche ins Repräsentantenhaus einbringen wollen. Der Präsident der Vereinigten Staaten wird in dem Resolutionsentwurf als „Gefahr für die nationale Sicherheit“bezeichnet und soll wegen „Anstiftung zum Aufruhr“angeklagt werden. Selbst in der von Chaos geprägten Ära Trump wäre das vor kurzem noch kaum vorstellbar gewesen.
Die Demokraten wollen eine mögliche Amtsenthebung Trumps nun mit Blitzgeschwindigkeit vorantreiben. Zunächst soll Vizepräsident Mike Pence noch eine letzte Frist eingeräumt werden, um Schritte zur Absetzung Trumps einzuleiten, wie die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Sonntag mitteilte. Grundlage ist ein Zusatzartikel der Verfassung, wonach der Vizepräsident gemeinsam mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder den Präsidenten für unfähig erklären kann, „die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben“. Die Chancen scheinen gering: Der Republikaner Pence ignoriert entsprechende Forderungen von Top-Demokraten seit Tagen.
In einem nächsten Schritt soll mit der Resolution von Lieu und seinen Kollegen das parlamentarische Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden. Noch in dieser Woche könnte das Repräsentantenhaus die Eröffnung beschließen, die notwendige einfache Mehrheit ist absehbar. Das Verfahren selbst – das einem Gerichtsprozess ähnelt – würde dann vom Senat geführt, der anderen Kammer im Kongress. Der Senat kommt erst am 19. Januar wieder zusammen. Nach den Impeachment-Regeln könnte das Verfahren
frühestens am 20. Januar um 13 Uhr beginnen. Eine Stunde vorher endet Trumps Amtszeit mit Bidens Vereidigung.
Wenn der Senat ein Urteil fällen würde, wäre die Ära Trump also schon Geschichte. Das Vorgehen der Demokraten erscheint daher auf den ersten Blick symbolisch, doch es steckt mehr dahinter: Die Resolution sieht nicht nur vor, Trump des Amtes zu entheben – sondern in einem zweiten Schritt auch, ihn lebenslang für alle Regierungsämter zu sperren. Es wäre das Ende des Politikers Trump, der ansonsten 2024 ein weiteres Mal für die Präsidentschaft kandidieren könnte.
Nicht zuletzt wollen die Demokraten ein Impeachment-Verfahren auch deswegen einleiten, weil sie ein Exempel statuieren möchten. Der linke Senator Bernie Sanders sagte: „Es muss klargestellt werden, dass kein Präsident, jetzt oder in Zukunft, einen Aufruhr gegen den amerikanischen Staat anführen kann.“
Hollywoodstar Arnold Schwarzenegger fand ebenfalls deutliche Worte. Der frühere demokratische Gouverneur Kaliforniens verglich in einem Twitter-Video den Sturm auf das Kapitol mit dem Gewaltausbruch der Nationalsozialisten 1938 in Deutschland. „Mittwoch war die Nacht des zerbrochenen Glases hier in den Vereinigten Staaten“, sagte der gebürtige Österreicher mit Bezug auf die „Kristallnacht“und die von den Nazis gesteuerten Pogrome an Juden.
Der „Mob“am Kapitol habe nicht nur die Türen des Hauses der Demokratie in Washington zerbrochen, sondern er sei auf den Prinzipien „herumgetrampelt“, auf denen die USA gegründet worden sei, sagte der 73-Jährige in dem knapp achtminütigen Clip. Schwarzenegger wisse als aus Europa Stammender, wie Dinge aus dem Ruder laufen könnten. Es bestünden Ängste, dass so etwas auch in Amerika geschehen könne, deswegen warne er vor „Selbstsucht und Zynismus“.