Land will Streit um Regeln für den Handel beilegen
Große Teile des Einzelhandels sehen massive Nachteile durch die jüngsten CoronaVerordnungen der Landesregierung.
SAARBRÜCKEN (ts) Zahlreiche Einzelhändler im Saarland beklagen „Wettbewerbsnachteile“durch die jüngsten Verordnungen der Landesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Kritisiert wird vor allem, dass große Discounter mehr Waren als die des täglichen Bedarfs anbieten dürfen. Das Wirtschaftsministerium will mit einem „runden Tisch“am Mittwoch vermitteln.
Viele saarländische Einzelhändler sind wütend auf die Bundes- und Landesregierung. Sie fühlen sich in der Corona-Krise im Stich gelassen. Besonders dem Land werfen sie inzwischen eine „massive Wettbewerbsverzerrung“vor. Anlass sind die jüngsten getroffenen Verordnungen der Landesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die im Amtsblatt vom 8. Januar veröffentlicht sind.
Konkret entzündet sich die Kritik am Paragrafen 7 der „Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“. Unter dem Punkt „Betriebsuntersagungen und -beschränkungen sowie Schließung von Einrichtungen“werden die Ausnahmen erläutert, unter denen bestimmte Geschäfte öffnen dürfen. Stein des Anstoßes ist die Formulierung „Mischsortimente in SB-Warenhäusern oder Vollsortimentgeschäften, sowie in Discountern und Supermärkten und sonstigen Ladengeschäften dürfen verkauft werden, wenn der erlaubte Sortimentsteil im gesamten Warenangebot wesentlich überwiegt (Schwerpunktprinzip).“
Fabian Schulz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Saar (HDE) verdeutlicht, warum dies jetzt zum Aufstand zahlreicher Einzelhändler
führt: „Alles dreht sich um das Hauptgeschäft. Ein großer Discounter wie Globus etwa darf in Saarlouis alles anbieten, auch beispielsweise Kleidung, weil sein Kerngeschäft Lebensmittel sind. Das Hauptgeschäft von Pieper ist dagegen das eines Warenhauses. Dort darf nur die Lebensmittelabteilung öffnen.“Ein Schmuckhändler müsse sein Geschäft geschlossen halten, während der Discounter Schmuck im Sortiment haben und auch anbieten darf.
Die Welle des Protestes ist schon so weit angestiegen, dass sich selbst Stadtoberhäupter wie der Merziger Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU) und der St.Wendeler Bürgermeister Peter Klär (CDU) daran beteiligen. Auch die im Landtag vertretenen Parteien forderten am Montag in der Landespressekonferenz vor allem Finanzhilfen, um den Einzelhandel zu unterstützen.
Der Landesregierung ist offensichtlich bewusst, wie kompliziert der Spagat zwischen der Senkung von Infektionszahlen und der Lage der Einzelhändler inzwischen geworden ist. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) will vermitteln und hat für den morgigen Mittwoch zu einem „Runden Tisch zur Situation im Handel“ins Ministerium eingeladen. Mit am Tisch sitzen Vertreter des Einzelhandels, der SB-Warenhäuser und der Kommunen.
Handelsverbands-Vertreter Fabian Schulz ist längst in Alarmstimmung. „Alle Reserven sind aufgebraucht. Wir fordern jetzt schnelle finanzielle Hilfen. Ich glaube nicht, dass das Saarland das stemmen kann. Das wird nur auf Bundesebene gehen.“Im regionalen Einzelhandel drohten jetzt eine hohe Insolvenzwelle
und ein „Sterben der Innenstädte auf Raten“. Zahlreichen Einzelhändlern stehe das Wasser bis zum Hals.
Bereits zugesagte Überbrückungshilfen des Bundes ließen immer noch auf sich warten. Dabei habe doch gerade der Einzelhandel „mit der vollständigen Geschäftsschließung in dieser schwierigen Zeit der Pandemie ein Sonderopfer für die gesamte Gesellschaft gebracht“, heißt es zudem in einem gemeinsamen Brief aller Landesverbände an die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten. Darin wird nicht nur ein finanzieller Rettungsschirm, ähnlich dem für die Gastronomie, gefordert, sondern endlich auch eine „Perspektive für das Wiedereröffnen der Geschäfte. In breiten Teilen des Handels schwindet daher die Akzeptanz für die politischen Entscheidungen, auch mit dem besonderen Verweis darauf, dass unsere Hygienekonzepte bei niedrigen Erkrankungszahlen bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein sicheres Einkaufen möglich machen“, warnen die Einzelhändler.
„Alle Reserven sind aufgebraucht. Wir fordern jetzt schnelle
finanzielle Hilfen.“
Fabian Schulz Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Saarland