Verkaufserlös könnte in Wohnungsbau fließen
Die SZ fragte die Stadt und den Aufsichtsrat der Saarbrücker Immobiliengruppe, ob es sinnvoll wäre, sich vom Haus Berlin zu trennen.
Sorgenkinder, die absolut nicht zum Rest der Familie passen, sollte man schnellstmöglich abstoßen – und zu Geld machen – jedenfalls wenn es um eine Konzernfamilie geht und die Sorgenkinder einfach nur Investments sind. Für Konzernlenker ist das eine Binsenweisheit.
Ein extremes Sorgenkind der Saarbrücker Stadtpolitik – und eigentlich auch einfach nur ein Investment – ist das Haus Berlin in der Faktoreistraße schräg gegenüber der Congresshalle. Zurzeit gehört es dem städtischen Immobilienkonzern SIB.
Das Kürzel steht für die Saarbrücker Immobilienverwaltungs- und Baubetreuungsgesellschaft. Die SIB ist die Dachgesellschaft des städtischen Immobilien-Konzerns. Dessen populärste und stärkste Firma ist die Saarbrücker gemeinnützige Siedlungsgesellschaft (SGS) – im Volksmund besser bekannt als „die Siedlung“. Das ganze Konstrukt gehört der Stadt. Im Aufsichtsrat sitzen überwiegend Stadtratspolitiker – ausschließlich von CDU, SPD und Grünen. Vorsitzender ist Oberbürgermeister Uwe Conradt.
Seit 1998 bewirtschaftet die SIB das Haus Berlin. Der größte Teil des Gebäudes dient als Hotel, ein weiterer großer Teil ist an die Stadt vermietet, die dort u.a. ihr Sozialamt untergebracht hat. Dazu kommen mehrere Mieter kleinerer Geschäfte. Das Hotel ist seit dem 1. Dezember 2020 an die britische Hotelkette Premier Inn verpachtet, der Vertrag läuft 25 Jahre und hat eine Verlängerungsoption für weitere fünf Jahre. Premier Inn hält Saarbrücken für einen touristischen Wachstumsmarkt und will sich bis 2022 auf einem Parkplatz in der Hafenstraße noch ein zweites Hotel bauen.
Laut ihrer Unternehmenssatzung ist die SIB aber nicht dazu gegründet worden, um Immobilien wie das Haus Berlin zu bewirtschaften. Unternehmenszweck der SIB ist vielmehr „die Errichtung, Betreuung, Bewirtschaftung und Verwaltung von Bauten im Rahmen gemeindlicher Daseinsvorsorge“. Und dazu gehören keine Hotels.
Außerdem hat die SIB einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der „Siedlung“. Zweck der „Siedlung“ist die „sichere und sozial verantwortliche Wohnungsversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung“. Und die SIB wurde 1990 gegründet, um der „Siedlung“(SGS) dabei zu helfen.
Dazu passt es nicht, wenn die SIB das Haus Berlin bewirtschaftet. Daher warf die SZ am 11. Januar die Frage auf, ob die SIB nicht gut beraten wäre, sich einen Käufer für das Haus Berlin zu suchen. Denn im Augenblich ist das Haus Berlin – zum ersten Mal seit Jahren – ein lohnendes Investment. Also hätte die SIB auch Chancen, einen Käufer zu finden. Nach dem Verkauf könnte sich die SIB intensiver um ihren eigentlichen Unternehmenszweck kümmern und den Erlös womöglich der „Siedlung“für Sozialwohnungsbau zur Verfügung stellen.
Die SZ reichte diesen Vorschlag weiter – an die drei Parteien, die im Aufsichtsrat sitzen und an die Stadtverwaltung.
Die SPD zeigte sich offen für einen Verkauf. Mirco Bertucci, Fraktionschef
der SPD im Stadtrat und Mitglied im SIB-Aufsichtsrat erklärte: „Es ist nicht die Aufgabe unserer Siedlungsgesellschaft, ein Hotel zu besitzen. Ich halte es für sinnvoll, zu prüfen, ob ein Verkauf des Hauses
Berlin für die Siedlung von Vorteil wäre.“Deshalb setze die SPD das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Aufsichtsratssitzung. Bertucci: „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das renovierte und mit einem langjährigen Vertrag verpachtete Hotel interessant für andere Investoren wäre.“
Und vom Verkaufserlös, so meint Bertucci, müsste die „Siedlung“zusätzliche Wohnungen bauen: „Das ist die eigentliche Aufgabe der Gesellschaft, und dafür wird eine bessere finanzielle Ausstattung benötigt. Wir haben in Saarbrücken großen Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. Hier muss der Fokus der Geschäftsführung und des Aufsichtsratsvorsitzenden, Oberbürgermeister Uwe Conradt liegen.“
Für die Grünen sitzt Tomas Brass im Aufsichtsrat der SIB. Brass sagte: „Der Betrieb eines Hotels ist natürlich nicht das Kerngeschäft der Saarbrücker Immobiliengruppe. Deshalb könnten wir Grünen uns durchaus vorstellen, das Haus Berlin zu verkaufen. Aber das Hotel ist ja nur ein Teil des Gebäudes. Und ich bezweifle, dass derzeit jemand bereit ist, ein Hotel zu kaufen. Weil wir ja nicht wissen, wie lange uns Corona noch begleiten wird.“
Für die CDU im Aufsichtsrat der
SIB antwortete Rainer Ritz: „Ich würde jetzt nicht verkaufen, weil wir im Moment wegen Corona sicher kein attraktives Angebot erhalten würden. – Weil aber ein Hotelbetrieb nicht zu den Kernaufgaben der Immobiliengruppe gehört, könnte in der Zukunft, wenn ein Investor an uns herantreten würde, eine ergebnisoffene Diskussion geführt werden.“
Für die Stadt erklärte ihr Pressesprecher Thomas Blug: „Das Haus ist inzwischen gut in Schuss und mit auskömmlichen langfristigen Miet- und Pachtverträgen ausgestattet. Das ermöglicht es, das Haus unter regulären Bedingungen nach überstandener Corona-Pandemie wirtschaftlich zu betreiben. Daher ist das Haus Berlin für Investoren sicherlich interessant geworden. Da der Betrieb des Hauses samt Hotel nicht zum Kerngeschäft der SIB zählt, wäre ein Verkauf aus Sicht der Landeshauptstadt durchaus denkbar.“
„Wir haben großen Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. Hier muss der Fokus des Aufsichtsratsvorsitzenden, Oberbürgermeister Uwe Conradt liegen.“
Mirco Bertucci,
für die SPD im Aufsichtsrat der SIB