Nach 30 Jahren Razzia in Saarlouis im Mordfall Yeboah
Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Mordverdachts gegen einen 49-jährigen Saarlouiser aus der rechtsextremen Szene.
(mju) 30 Beamte des Staatsschutzes und der Operativen Einheit der Saar-Polizei haben am Donnerstag im Mordfall Samuel Yeboah bei einem Beschuldigten und an vier weiteren Adressen in
Saarlouis durchsucht. Yeboah kam vor vor fast 30 Jahren nach einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim im Stadtteil Fraulautern ums Leben. Der jetzt 49 Jahre alte Beschuldigte bleibt auf freiem Fuß. Er wird dem rechtsextremen Lager zugerechnet. Die Ermittlungen führt der Generalbundesanwalt.
Die Polizei hat in diesem Fall ein Sondertelefon auch für anonyme und vertrauliche Hinweise geschaltet. Telefon: (06831) 962 55 55.
Die Fahnder traten überraschend auf den Plan. Beamte der Staatsschutzabteilung des Landespolizeipräsidiums (LPP) und der Operativen Einheit (OPE) präsentierten am Donnerstag pünktlich um 6.30 Uhr bei einem 49-Jährigen im Saarlouiser Stadtteil Fraulautern einen Durchsuchungsbefehl, den der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) ausgestellt hatte. Die Wohnung und auch der Arbeitsplatz des Mannes, der dem rechtsextremen Lager zugerechnet wird, wurden gefilzt. Fast gleichzeitig klopften die Ermittler an vier weiteren Haustüren in Saarlouis und in benachbarten Gemeinden an. Hier handelt es sich, so Markus Schmitt, Pressesprecher des Generalbundesanwaltes in Karlsruhe, um Zeugen. Nähere Angaben zu dem Verdächtigen und auch zum Ergebnis der Razzia lehnte Schmitt mit dem Hinweis ab: „Leider können wir grundsätzlich keine Auskünfte über das Ergebnis von strafprozessualen Maßnahmen mitteilen.“
Der 49-Jährige gilt als Beschuldigter im Fall des vor rund 30 Jahren ermordeten Asylbewerbers Samuel Yeboah. Der damals 27 Jahre alte Flüchtling aus Ghana starb bei einem Brandanschlag in der Nacht zum 19. September 1991 auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis. In dem früheren Hotel „Weißes Rössl“in der Saarlouiser Straße 53 in Fraulautern schliefen damals 19 Menschen. An der Holztreppe war Brandbeschleuniger entzündet worden. Die Flammen machten das Treppenhaus unpassierbar. 16 Bewohner konnten sich unverletzt aus dem brennenden Gebäude ins Freie retten, zwei sprangen aus einem Fenster. Sie überlebten schwerverletzt mit Brüchen und Verbrennungen. Für Samuel Yeboah kam jede Hilfe zu spät. Er starb in einem Krankenhaus.
Der Anschlag auf dieses Flüchtlingsheim reihte sich damals in eine Serie von vergleichbaren Angriffen auf Asylbewerberunterkünfte im Kreis Saarlouis ein. Schon 1991 und 1992 soll es Hinweise auf das rechtsextreme Milieu gegeben haben. Doch die Ermittlungen nach dem Brandstifter und Mörder Yeboahs wurden von der Staatsanwaltschaft in Saarbrücken nach knapp einem Jahr ergebnislos eingestellt. Erst im vergangenen Jahr wurde der Fall wieder neu aufgerollt. Anlass waren neue Hinweise, die offenbar aus dem rechten Lager kamen. Die Kripo unter ihrem Chef Gerald Stock installierte die Sonderkommission
(Soko) „Welle“mit anfangs 18 Kriminalisten, die monatelang verdeckt und unter absoluter Geheimhaltung – auch intern – arbeitete. Anfang August 2020 gingen die Fahnder an die Öffentlichkeit. Generalbundesanwalt Peter Frank hatte zwischenzeitlich die Federführung der Ermittlungen übernommen, weil „gravierende Anhaltspunkte auf einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund des Anschlags“hindeuteten. Die Staatsschützer in der Soko „Welle“arbeitete ab diesem Zeitpunkt im Auftrag des Generalbundesanwaltes. Nach Informationen unserer Zeitung stießen die Fahnder unter anderem auf eine Spur in die rechtsextreme Szene, die auch bereits vor knapp dreißig Jahren vorlag, aber möglicherweise nicht intensiv genug verfolgt worden war. Warum auch immer.
Jedenfalls gründete Kripochef Stock auch eine interne Arbeitsgruppe „Causa“, die einzelne Schritte der damaligen Ermittlungen akribisch unter die Lupe nahm. Gegen den jetzt ins Visier geratenen 49-Jährigen aus Saarlouis existiert ein so genannter Anfangsverdacht, auf dessen Basis Durchsuchungen angeordnet wurden. Der Mann ist weiter auf freiem Fuß. Einen hinreichenden Tatverdacht gegen ihn gibt es bislang nicht. Die Ermittlungen laufen wegen Mordes und versuchten Mordes in 18 Fällen. Alle anderen Delikte sind 30 Jahre nach der Tat verjährt.