Baldauf: Corona-Kampf dringlicher als K-Frage
Die SPD setzt im Superwahljahr auf ein Zukunftsversprechen: Mit Olaf Scholz als Macher an der Spitze soll Deutschland ökologisch runderneuert werden.
Die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hat laut Christian Baldauf keinen Einfluss auf die Kanzlerkandidatur der Union. Für den CDU-Spitzenkandidaten ist die Bewältigung der Corona-Krise momentan das drängendere Problem.
(dpa) SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will mit vier „Zukunftsmissionen für Deutschland“das Land in die kommenden Jahrzehnte führen. Als zentrale Bestandteile eines solchen Programms nannte Scholz am Sonntag in Berlin einen Stopp des Klimawandels, die Bereiche moderne Mobilität und Digitalisierung sowie die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems. Dabei demonstrierte Scholz den Schulterschluss mit Industrie und Gewerkschaften.
„Wenn wir 2050 CO2-neutral wirtschaften wollen, dann setzt das die größte technologische Revolution, die größte Periode der Innovation in unserem Land voraus, die man sich seit Langem hat vorstellen können“, sagte Scholz. „Das ist möglich.“
Ökologie schützt nach der Lesart von Scholz die deutsche Wirtschaft vor einer drohenden Krise angesichts der rasant gewachsenen internationalen Konkurrenz bei neuen Technologien. Der Finanzminister sprach von umwälzenden technologischen Verbesserung, die Arbeitsplätze und Wohlstand sicherstellen würde.
Scholz äußerte sich bei einer SPD-Vorstandsklausur. Bei der Bundestagswahl im September gehe es um grundsätzliche Richtungsfragen, heißt es in einem Papier zum „Regierungsprogramm“der SPD von Scholz und den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Als „Zukunftsmissionen“bekennt sich die SPD zu einem klimaneutralen Industrieland, zu einer durchgängig modernen Mobilität, zur Digitalisierung und zu einer Verbesserung des Gesundheitssystems.
Scholz sagte: „2050 CO2-neutral zu wirtschaften bedeutet einen kompletten Bruch mit der Art und Weise, wie wir unseren Wohlstand in der ganzen Zeit der Industrialisierung und des industriellen Fortschritts der letzten 200 Jahre erwirtschaftet haben.“Scholz sagte mit Blick auf die internationale Konkurrenz: „Wir haben in der Welt nur eine Chance.“So könne Deutschland andere Länder nicht daran hindern, neue Kohlekraftwerke zu planen. Doch es könne Alternativen entwickeln. „Wenn wir das jetzt nicht machen, dann werden andere das machen und wir werden deindustrialisiert.“Es müsse jetzt etwas geschehen. „In zehn Jahren ist es zu spät.“
Scholz verwahrte sich gegen Vorwürfe, die SPD wolle zuviel Geld ausgeben. „Der größte Teil der Investitionen wird privatwirtschaftlich sein.“Dennoch seien zielgerichtete Investitionen nötig – im Umfang von rund 50 Milliarden Euro im Jahr.
Gleichzeitig bemühte sich Scholz, sich als Macher zu präsentieren. „Es muss auch so sein, dass wir dafür sorgen, dass die Sache schnell, schnell, schnell geht.“Bei dem gegenwärtigen Tempo werde es zum
Beispiel nichts mit dem für den Umstieg auf erneuerbaren Strom nötigen Ausbau des Netzes. „Das kann nicht so bleiben.“
Um die Strompreise nicht in die Höhe gehen zu lassen und die Finanzierung der Erneuerbaren Energien zu regeln, solle die EEG-Umlage zum Ende der nächsten Legislaturperiode nicht mehr erhoben werden, kündigte Scholz an. Nötig sei der Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft – nicht als Fortsetzung gegenwärtiger Versuche, sondern als „großes industrielles Projekt“.
Flächendeckende Digitalisierung zählt zu den weiteren Zielen der
SPD. „Ich will, dass Deutschland eine Gigabit-Gesellschaft wird.“Jeder Handwerker, jede Bürgerin, jeder Bürger sollten profitieren. „Es darf keine Ausreden geben“, betonte Olaf Scholz. „Eine flächendeckende Gigabit-Gesellschaft meint jeden Einzelnen und jede Einzelne und alle Unternehmen ihn unserem Land.“
BASF-Chef Martin Brudermüller sagte, die SPD gebe mit ihren anvisierten Missionen „die richtigen Antworten“. Für die ökologische Erneuerung sei Strom aus erneuerbaren Quellen in großen Mengen und zu einem maximalen Preis von fünf
Cent pro Kilowattstunde nötig. Die Politik müsse Umlagen und Abgaben grundsätzlich reformieren.
Der Vorsitzende der Chemie- und Bergbau-Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, ging auf die Grünen ein, die bisher im Parteienspektrum vor allem für ökologische Erneuerung stehen. Er meinte, die Grünen müssten sich jetzt mit Fragen auseinandersetzen, „die gar nicht zu ihrem genetischen Code gehören“. Dazu zähle die soziale Gerechtigkeit in der Transformation. Vassiliadis meinte, die Nachhaltigkeitspolitik im Land unterliege einer „Ernsthaftigkeitssprüfung“.